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  • Christine Staehelin
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«Mich kennt man nicht, und das ist auch gut so»: Exklusiv-Interview mit FCB-Präsident Bernhard Burgener

Bernhard Burgener ist seit dieser Saison Präsident des FC Basel. Spätestens seit seiner Wahl ist er zur Person des öffentlichen Lebens geworden, plötzlich wird er überall erkannt, auch wenn er dies selber noch gar nicht zu realisieren scheint. Barfi.ch hat den Unternehmer in seinem Büro in Pratteln getroffen und mit ihm über Constantin Medien, den FC Basel und die Änderungen in seinem täglichen Umfeld gesprochen. 

barfi.ch: Wir beginnen unser Gespräch mit der letzten Hauptversammlung von Constantin Medien, die Ihnen in einer geschäftlich harten Auseinandersetzung endlich Oberwasser gebracht hat. Ist es tatsächlich das Ende eines langen Streits?

Bernhard Burgener: Es ist ein Etappensieg. Das wichtigste war, dass wir einen neuen Versammlungsleiter erhielten und dass unsere Aktien zugelassen wurden. Wir haben alle Abstimmungen gewonnen. Eine grosse Mehrheit der Aktionäre steht hinter uns.

Wie geht es nun weiter?

Es stehen grosse Herausforderungen vor uns: Es sind die Aufsichtsräte gewählt worden, die wir vorgeschlagen haben und jetzt es ist an der Zeit, Frieden zu schaffen. Es ist wichtig, dass im Unternehmen endlich Ruhe einkehrt, dass die Aktionäre wieder Freude haben, dass sich die Mitarbeiter sicher fühlen und dass der Druck vom Aktienkurs wegfällt. 

Bernhard Burgener spricht an der Generalversammlung des FC Basel 1893 im St.Jakob-Park in Basel am Freitag, 9. Juni 2017.  © Keystone 

Und sicher auch Druck von Ihrer Person, damit sind wir beim eigentlichen Grund unseres Gesprächs. Sie sind bekennender FCB-Fan. Haben Sie sich je träumen lassen, dass Sie FCB-Präsident werden?

Ich habe mich nie mit dem Gedanken befasst. Für mich sind zwei Dinge entscheidend: Das eine ist das Präsidium und das andere ist die Verantwortung. Ich habe Anteile am Club erworben, rund 90% an der FCB Holding, die wiederum mit 75% am FC Basel beteiligt ist. Ich habe schon FCB-Erfahrungen gesammelt als ich Mitte der 90er Jahre Mitglied des Vorstands war und dabei auch die Schattenseiten kennengelernt. Damals waren wir in der Nationalliga B während mehreren Jahren. Das wichtige Jubiläum von hundert Jahren FCB mussten wir in der zweiten Liga feiern und sahen, wie schwierig es war, wieder in die erste Liga aufzusteigen. Ich kenne also nicht nur die «sunny side up».

Wie wurden Sie FCB-Präsident?

Bernhard Heusler hat mich angefragt, ob ich mir diesen Posten vorstellen könnte. Es gab ja auch weitere Kandidaten. Dann wurde der gesamte Prozess eingeleitet: Meine Ideen wurden zuerst einem ausgewählten Gremium präsentiert. Für mich war es wichtig, dass es eine Basler Lösung gibt. Ich komme aus der Region und wenn immer ich angefragt worden bin, ob ich einspringe, half ich gerne. Das gehört dazu. Am 7. April stellte ich mein Konzept den Vereinsmitgliedern vor, das von der Mehrheit angenommen worden ist.

Präsident des FCB zu sein ist also nicht ein lang gehegter Traum?

Nein! Ich bin schon durch so viele Sachen «gestolpert». Und im Leben gibt es Situationen, in denen man manchmal einsame Entscheide fällen muss. Ich erlebte dies immer wieder. Für mich ist der FC Basel eine Herausforderung. Als FCB Präsident hat man grosse Verantwortung, viele Mitarbeiter und eine ganze Stadt, die sich für den Club interessiert. Man sagt, dass es zwei grosse Ereignisse in Basel gibt: Die Fasnacht und den FCB (lacht). Es gibt sicher noch andere, aber die ganze Region schaut auf den Club und es ist wichtig, dass wir unsere Versprechungen einhalten.

Der FCB-Fan Bernhard Burgener wird FCB-Präsident. ©Keystone 

Ihr Vorgänger Bernhard Heusler sagte, das FCB Präsidium sei ein Full-Time-Job.

Ich sehe dies nicht so. Es stellt sich die Frage, ob man ein operativer Präsident ist oder nicht. In den vergangenen 36 Jahren in der Selbstständigkeit habe ich verschiedene grosse Marken mit aufbauen dürfen. Oft habe ich zu Beginn operativ das Geschäft geführt, doch dann suchte ich jeweils Menschen, die das operative Geschäft selbständig führen können und entsprechende Fachkenntnisse haben.

Was ist die Aufgabe des Präsidenten?

Ich bin derjenige, der eine Strategie ins Leben ruft und präsentiert. Ich bin auch derjenige, der ein Team führt, sodass die Strategie erfolgreich umgesetzt wird. Das habe ich ein Leben lang so gemacht. Die Führungsstruktur beim FC Basel ist bestens besetzt. Natürlich bin ich jederzeit erreichbar. Ich habe immer gesagt, schlechte Nachrichten möchte ich zuerst wissen, gute können warten. Die Saison ist gestartet und wir kämpfen vorne mit. Es ist alles in bester Ordnung.

Gab Ihnen Bernhard Heusler Tipps zum Präsidium?

Bernhard Heusler hat die erfolgreichste Geschichte des FCB mit seinem Team hingelegt. Ich habe mich gefragt, wie geht es weiter mit dem FCB? Unser Konzept ist hervorragend umgesetzt worden. Das Ziel war, das Profi-Kader auf 16 bis 18 Kaderspieler zu reduzieren und mit sechs bis acht Junioren zu ergänzen. Davon sollten zwischen vier und sechs aus dem eigenem Nachwuchs kommen. Aktuell ist das Kader bei 25 Spielern. Es ist bemerkenswert, was Marco Streller mit seinem Team in der kurzen Zeit bisher geleistet hat.

FCB-Neuzugang Dimitri Oberlin im Match gegen die Zürcher Grasshoppers. © Keystone 

Was war Ihre Rolle bei der Suche nach neuen Spielern? Haben Sie Wünsche eingebracht?

Wir wussten, dass wir uns im Sturm verstärken müssen. Ich sagte, dass der Sportchef mit seinem Team die Spieler wählt. Die einzige Leitplanke, die ich gab, war der preisliche Rahmen. Die Wünsche sind in Erfüllung gegangen: Ricky van Wolfswinkel führt schon jetzt die Torschützenliste an und mit Dimitri Oberlin haben wir ein grossartiges Talent geholt. Wir konnten die beiden offenen Plätze prominent besetzen und fünf Spieler aus unserem Nachwuchs nachziehen.

Ricky van Wolfswinkel nach seinem ersten Goal für den FC Basel. © Keystone

Erwarten Sie auch Kritik an Ihrem Konzept?

Wir hören sicher auch Stimmen, die sagen, es seien zu viele junge Spieler auf dem Platz und so könne man nicht Meister werden. Doch dabei gibt es zu bedenken, dass die Erfolgsgeschichte des FC Basel mit 61 Millionen Transfererlösen im letzten Jahr hauptsächlich durch den Transfer von Jungen FCB-Spielern erreicht worden ist. Ich finde es bewundernswert, was der FCB Campus Jahr für Jahr beiträgt und da ist es selbstverständlich, dass man alles daran setzt, den jungen Spieler, die sich über die U15 bis in die U21 hocharbeiten, eine Chance zu bieten in der Super League zu spielen.

Zurück zur Verkleinerung des Kaders. In der letzten Saison wurden die vielen Spieler damit gerechtfertigt, dass der FCB europäisch überwintern möchte.

Unser Ziel ist es europäisch zu überwintern. Generell habe ich aber eine andere Auffassung. Ich habe mir viele Champions League-Spiele angeschaut, gerade von den grossen internationalen Mannschaften. Ob Barça, Real Madrid oder Paris Saint-Germain und Bayern München: Es spielen fast immer die gleichen Spieler. Heute ist es so: Je höher das Niveau, desto höher die Leistung der Spieler. Die Gefahr, deren wir uns gegenübersehen, ist, dass sich die Spieler den Ligen anpassen. Wenn man mehr gefordert wird, ist der Einsatz grösser. 

Matias Delgado gab am 30. Juli 2017 seinen sofortigen Rücktritt bekannt. «Er zeigte wahre Grösse», sagt Bernhard Burgener, FCB-Präsident. © Keystone 

Vor Saisonbeginn sagten Sie, dass alle Ihre Wünsche erfüllt worden seien. Dann war der Start in die neue Saison jedoch harzig: Gegen YB verlor der FC Basel und Captain Matías Delgado gab seinen Rücktritt bekannt. 

Ich war froh, dass die Swiss Football League den FC Basel so stark einschätzt und uns als erstes Spiel auf den Kunstrasen in Bern schickte. Man darf nicht vergessen: Die beiden Niederlagen von letzter Saison waren auch gegen YB. Und ich schätze den Entscheid von Matías Delgado sehr hoch ein. Er zeigte wahre Grösse, er hätte genauso gut den Vertrag noch absitzen können. Aber er hat gesagt, dass seine Leistung nicht mehr reicht und er einem guten Spieler den Platz wegnimmt.

Wie war Ihre Reaktion?

Ich habe riesigen Respekt vor Matías Delgado. Klar, sein Rücktritt war eine Überraschung. Aber wir wussten auch, dass wir im Mittelfeld genügend stark besetzt sind und den Abgang gut verkraften können. Bei der Verabschiedung war es für mich wichtig, dass die Spieler und Fans im Vordergrund standen. Für mich war es kein Abschied, denn ich durfte mit ihm seine Zukunft beim FC Basel aushandeln. Wichtig war mir in diesem Zusammenhang, dass die FCB-Helden auf dem Platz standen, die die Menschen Jahr für Jahr glücklich gemacht haben. Ich selbst schaute von der Tribüne aus zu und freute mich im Stillen über die Vertragsverlängerung. 

Matias Delgado (Mitte) wird am 20. August 2017 von Sportdirektor Marco Streller (hinten) und den Fans verabschiedet. «Für mich war es kein Abschied, denn ich durfte mit ihm seine Zukunft beim FC Basel aushandeln», sagt Bernhard Burgener. © Keystone

Erleben Sie die Spiele des FC Basel als Präsident anders als vorher?

Nein. Den Match erlebe ich genau gleich. Aber es ist mir bewusst, ich trage eine grosse Verantwortung. Es gibt Mitarbeiter, Aktionäre und Vereinsmitglieder. Das Wichtigste ist, dass man versucht, die Erwartungen zu erfüllen. Ein Unterschied zu meinen anderen Unternehmen ist, dass ständig über den Club berichtet wird. Der FC Basel steht rund ums Jahr im Vordergrund. Selbst, wenn ihr Unternehmen gut läuft und sie alles richtig machen, gibt es im Fussball einen Unterschied: Wie spielt der FCB? Gewinnt oder verliert er!

Welche Art von Fussball möchten Sie vom FC Basel sehen?

Dazu muss ich nochmals etwas zu meinem Konzept sagen: Ich wollte ein kleineres Kader, eine Verjüngung der Mannschaft und eine andere Spielkultur. Mit Spielkultur meine ich, dass man versucht, möglichst attraktiv zu spielen. Zurück zum Beispiel Champions League: Die grossen Clubs kommen grundsätzlich meistens mit der gleichen Mannschaft auf den Platz, beispielsweise in der Bundesliga oder in der Champions League. Selbst in den Viertelfinals wird Angriffsfussball gespielt. Solche Ansätze sehe ich jetzt schon im Stadion.

Nächste Woche spielt der FC Basel in Manchester United. Wie schätzen Sie das Champions League-Los ein?  

Ich war für die Auslosung in Monaco und bin sehr zufrieden mit dem Los. Alle drei Mannschaften sind Traditionsclubs, mit denen uns auch eine Geschichte verbindet. Ich nehme an, sie sind gewarnt (lacht). Aber auch wir! Eine weitere Vorgabe, die ich machte, war, dass wir europäisch überwintern. 

Und ist dieses Ziel erreichbar?

Ja, ich habe das Ziel ja gesetzt (lacht). Ich bin zuversichtlich. Aber natürlich gibt es im Fussball auch überraschende Momente. Denken wir nur an den Match von YB gegen ZSK Moskau (Anm. der Red. in der 91. Minute ging YB gegen ZSK Moskau in Rückstand und verlor 0:1 beim Champions League Playoff-Hinspiel): Wenn man dieses Eigentor in einem Film einbauen möchte, müsste man wahrscheinlich etwa zehn Takes machen. Und dann würden die Zuschauer sagen: So etwas geschieht ja nie.

Zurück zum Stadion in Basel. Konzertveranstalter hoffen, dass Sie als Eventspezialist mehr Konzerte und Grossevents ins Joggeli bringen. Können Sie dazu etwas sagen?

Ich habe mich nie gegen Events gesträubt und freute mich jedes Mal, wenn ein Grossevent im Joggeli war. Dabei denke ich an die grossen Konzerte von Metallica, Helene Fischer und Bryan Adams. Ein Hautproblem besteht jedoch mit dem Spielkalender. Denn so ein Konzert beansprucht nicht nur einen Tag, sondern erfordert Zeit für den Auf- und Abbau. Je nachdem muss ein neuer Rasen verlegt werden, was rund drei Wochen beansprucht. 

Diese Probleme gibt es in der digitalen Welt nicht. Dort bewegt sich der FC Basel seit einiger Zeit und baut ein eSports-Team auf.

Wir haben ganz klar gesagt, dass wir eSports und auch Social Media unterstützen. In diesen Bereichen lassen wir uns in den nächsten zwölf Monaten noch weitere News einfallen. Aber mehr kann ich erst dazu sagen, wenn alles steht.

Nicht nur der Fussball interessiert Sie, sondern auch das Boxen. Sie stehen hinter der «World Boxing Super Series, der «Champions League» des Boxens.

Im Fussball gibt es die Champions League, im Einzelsport wie Tennis ist es Wimbledon und im Radsport die Tour de France. Nur im Boxen gibt es nichts Vergleichbares. Vor allem dank den Box-Profis der Familie Sauerland sendet diesen Samstag (9. September) Pro7 den ersten Kampf der «World Boxing Super Series».

Sie haben es selbst gesagt: Die Region blickt auf den FC Basel und somit auch auf den Präsidenten. Wie gehen Sie mit dem Interesse an Ihrer Person um?

35 Jahre hatte ich Ruhe, die letzten Monate war mein Name vor allem mit der Geschichte rund um Constantin Medien in den Medien. Ich möchte, dass man über den FC Basel, die Spieler und ihre Spiele redet und nicht über den Präsidenten. Ich bin jeden Samstag in der Stadt. In den letzten zehn Wochen wurde ich zweimal angesprochen. Man kennt mich nicht, das ist auch gut so (lacht).

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