Bild: Keystone;Wikipedia/Chiccodoro
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  • Jonas Egli
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7 Millionen jährlich für die Enfernung unerlaubter Sauerei. Sind Basels Littering-Bussen zu tief?

Da gibt es doch so praktische Entsorgungsstellen und eine funktionierende Müllabfuhr. Trotzdem lassen viele ihren Abfall einfach liegen, oft stauen sich ausgerechnet bei den Wertstoffsammelstellen ganze Meereswogen von Kehricht, der hier nun wirklich gar nichts zu suchen hat. Bezahlen müssen dafür nur die wenigsten Grüsel. 7 Millionen kostet die Entsorgung der illegalen Schweinereien den Kanton und damit uns Steuerzahler: eine Sauerei.

Irgendwo im Kleinbasel, morgens um elf. Während ich versuche, meine plattgedrückten Tomatenbüchsen mit abgespreizten Fingern in den Schlund des Recyclingcontainers zu befördern, ohne dabei die von den Borsten zurückgespritzten Resten der Tomatensosse abzubekommen, nähern sich zwei plaudernde Personen im, sagen wir, alternativen Look —Dreadlocks, Schlabberhosen, Haifischzahnamulett und Batikshirt. Die eine trägt eine mit Büchsen und Flaschen gefüllte Tasche, darauf steht: «Recycle, Recharge, Reduce». Doch, vielleicht angesichts meiner offensichtlichen Mühen, wollen sich die beiden den Umgang mit den Containern selbst erparen und stellen die Tasche, ohne aufzuschauen oder ihr Gespräch zu unterbrechen, wenige Meter neben mir ab. Als ich realisiere, was gerade geschehen ist, sind sie bereits wieder verschwunden. Sie kommen nicht wieder.

Bild: Keystone

Das Amt für Umwelt und Energie schätzt, dass von den 21 Millionen Franken, die die Stadt jährlich für die Reinigung ausgibt, alleine ein Drittel auf Littering entfällt. Das ist nicht wenig und für Matthias Nabholz, Leiter des Amts für Umwelt und Energie, der Fall klar: Die Allgemeinheit muss für die Sünder aufkommen und das sei «doch einfach unfair». Detaillierte Zahlen habe man aber nicht, denn putzen müsse die Stadtreinigung ohnehin. Auch aus anderen Ämtern klingt es ähnlich: «Es ist definitiv ein Problem und macht uns Sorgen,» meint André Frauchiger, Mediensprecher des Tiefbauamtes.

Untergrund gegen Littering

Vor rund zwei Jahren hat die Basler Stimmbevölkerung in einer zugegebenermassen völlig vermurksten Abstimmungsvorlage die Umstellung auf die neuen Unterflurcontainer abgelehnt. Dabei ging es allerdings um den Hauskericht. Bei den Reyclingstationen sind die Container jedoch schon längst in Gebrauch und eigentlich ein Erfolg im Kampf gegen Littering. Nabholz sieht die Zukunft klar in den neuen Untergrundsammelstellen. Diese Stationen, so Nabholz, seien seltener vermüllt als jene mit überirdischen Containern. Warum das so ist, weiss niemand. Nabholz hofft, weil die Container kleiner und weniger sichtbar sind, würden diese weniger zum Littering einladen. Klar ist, dass der Umbau der alten Stationen verangetrieben wird. «Da sind wir dran», meint Nabholz. Weniger, herumliegender Müll heisst weniger Aufwand für die Stadtreiningung: «An den Hotspots unter den Wertstoffsammelstellen müssen wir zweimal am Tag säubern, an den anderen einmal täglich. Und das sechsmal in der Woche», wie Frauchiger ausführt.

Schlechte Karten für die Kontrolleure

Trotz der Abfallkontrolleure, die durch die Quartiere patrouillieren—inkognito oder klar erkennbar —und versuchen, im hingeschmissenen Müll Hinweise auf die Täter zu finden, ist der Kampf fast aussichtslos. «Sie glauben nicht, was die Leute für Aufwände betreiben, um für einen gesparten Beggisack auch nur die kleinsten Hinweise auf ihre Identität zu entfernen», meint Frauchiger.

Ohne Einsicht der Sünder wird das Problem nicht gelöst werden können. An den Brennpunkten werden die Entsorungsanlagen deswegen auch schon mal von Abfallkontrolleuren tageweise überwacht: Ein Kampf gegen Windmühlen. Der kleinste Moment einer Unachtsamkeit reicht, und die Täter sind über alle (Abfall-)Berge. Die Bussen sind zudem milde und treffen oft die falschen. Wer den Bebbisack am falschen Tag deponiert, was einige tun, etwa wenn sie in die Ferien fahren, hat gute Chancen auf einen Brief von der Abfallpolizei. Wer jedoch sein altes Sofa und das ungeliebte Geschirrset einfach bei der Wertstoffsammelstelle stehen lässt, hat wenig zu befürchten. 200 Franken kostet es, wenn man erwischt wird. Aber eben: Wenn. Frauchiger meint: «Da steckt böse Absicht dahinter. Die Sünder müssen inflagranti erwischt werden, sonst kann alles abgestritten werden.»

Die Stadreinigung hat den Platz vor kaum fünfzehn Minuten das letzte Mal gereinigt. Bild: barfi

Wer soll bezahlen?

Nabholz betont, dass für die Kontrolleure das Verteilen von Bussen nicht die eigentliche Motivation sei: «Wir wollen einfach eine saubere Stadt, am liebsten würden wir gar nie büssen». Am Ende landen die Kosten der Dreckferkel beim ehrlichen Bürger. Die Bussen decken nicht einmal die Kosten der Dauerkontrolle, schlussendlich geht die Zeche an alle, der überwiegende Teil davon ist unbescholten. Die Frage, warum Leute ihre Müllsäcke erst zur Entsorgungstation tragen, um sie in deren Nähe dann liegen zu lassen und damit eine Busse riskieren, statt sie am richtigen Tag vor die Haustür stellen, wird wohl nie beantwortet werden. Wenn nicht einmal solche, die sich den nachhaltigen Umgang mit der Umwelt und die Pflege der Gemeinschaft auf die Fahne schreiben wie die zwei oben beschriebenen Damen, bereit sind, fünf Minuten für Umwelt und Gemeinschaft zu investieren, darf man sich fragen, ob nicht die Bussen so angepasst werden müssen, dass die Sünder echt abgeschreckt werden und wenigstens solidarisch für einen Teil ihrer Schweinerei selber aufkommen. Littering in den USA kostet mindestens 500 Dollar. Und das ist im Gegensatz zu anderem dort nicht völlig verrückt.

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