Bild: Swisscom
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  • Martin Stich / barfi

Aufgepasst! Die Swisscom investiert in die Zukunft, viel wird sich ändern – auch für Sie persönlich

Es gibt Dinge, die verschwinden nicht über Nacht, sondern ganz langsam und ohne grosses Getöse. In der Stadt Basel sind es etwa die Telefonzellen. Zuhause nun die analogen Telefonanschlüsse. Doch das geht meist nicht ohne Ihr Zutun. Vorweg: Eine Alternative gibt es nicht.

Parallel zur Analogtelefonie (mit diesen Geräten an Telefondosen) neigt sich auch das Leben der moderneren ISDN-Technologie dem Ende entgegen. Schnell, sehr schnell. Bereits Ende 2017 funktioniert beides bei der Swisscom und ihren Mitbewerbern nicht mehr. Die Leitungen sind dann in der Schweiz und dem grössten Teil Europas definitiv tot. Über 1.3 Millionen Kundinnen und Kunden (das ist die Hälfte aller privaten Abonnenten) seien bereits auf die vollständige digitale Übertragung des Telefonverkehrs via Internet umgestiegen. Das klingt gut, bedeutet aber leider auch, die Hälfte aller heutigen Festnetznutzer sind noch nicht bereit, haben zum Teil keine Ahnung, was ihnen bevorsteht. Doch diese Umstellung ist unabwendbar, die Fabrikanten der entsprechenden Anlagen stellen ihre Produktion von Ersatzteilen ein, die bisherige Technologie hat ausgedient, sagt das Telekommunikations-Unternehmen.

Die Urgrossmutter des Modems / Bild: crestawald.ch

Die Urgrossmutter des Modems / Bild: crestawald.ch

 

Das neue Zauberwort der Swisscom heisst «ALL IP» (früher mal Voice over IP). Für die neue Technik braucht das Telefonkabel keine Verbindung mit der Buchse an der Wand mehr, sondern einen unscheinbaren Kleincomputer, das sogenante Modem. Mit ALL IP lassen sich neben den normalen Gesprächen, auch Daten, Bilder, Filme, Musik und Sprache übermitteln. Vorteile sollen unter anderem eine höhere Sprachqualität (HD) sein. Dafür wird wenn es klingelt, summt oder singt automatisch der Name des Anrufers aus dem Online-Telefonbuch angezeigt - sofern dieser seine Nummer nicht vorsorglich sperren lässt.

Nur keine Angst

Das alles tönt von der Installation und Handhabe her wesentlich komplizierter, als es am Ende für den Nutzer ist. Wenn da nicht die Sache mit der Stromversorgung wäre. Fällt diese aus, funktioniert das Telefon mit all seinen Zusatzdiensten nicht mehr. Die alten Anschlüssen brauchten keinen fremden Pfuus, sie waren Selbstversorgung und liefen auch ohne 220 Volt. Damit ist nun fertig. Eine Verschlechterung, die von der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) in einem Merkblatt kritisiert wird. So schreibt sie: «Alternativen sind Anrufe übers Mobilfunknetz oder eine batteriebetriebene Notstromversorgung für den Router», wobei dies für «normale» Haushalte aus Sicht der SKS eher unverhältnismässig erscheine. Zumal es diese Notstromversorgung nur für das Modem «Internet-Box light» geben wird, mit einer Batteriereserve von maximal einer Stunde. Das Modell sei zudem noch nicht erhältlich. Die Lösung der Swisscom auf Anfrage von barfi.ch lautet: «Mit der kommenden IP-Telefonie können unsere Kunden Anrufe direkt auf ein mobiles Gerät umleiten. So sind Sie auch im Falle eines Stromausfalls weiterhin erreichbar.» Vorausgesetzt, sie haben ein Smartphone oder Handy und es ist in Betrieb. 

Sollte ein Swisscom-Kunde in seiner Wohnung wegen der Umstellung eine technische Änderung vornehmen müssen - was laut Swisscom nicht immer zwingend nötig sei - werde zusammen mit dem Abonnenten eine Lösung erarbeitet. Das gelte auch für die ISDN-Geräte gelte. Die Kosten, die dem Kunden dadurch entstehen, werden aber nicht von der Swisscom übernommen.

Man kann nicht deutlich genug darauf hinweisen. Die neue Technologie kommt. Und sie kommt rasend schnell. Auch bei Ihnen, ob Sie nun wollen oder nicht. Ein scheinbarer Horror, vor allem für ältere Semester, die doch eigentlich nur weiter telefonieren wollen und sich nun mit Fachausdrücken auseinandersetzen und sich zudem oft neue Geräte zulegen müssen. In Wirklichkeit jedoch ein Segen, der – einmal installiert und begriffen – enorme Verbesserungen für den Konsumenten bringt. Mal ehrlich: Vermissen Sie Telegramm oder Telex?   

Beim Kauf eines Kombiprodukts ist heute die neue Technologie bereits integriert. Da können Sie nichts mehr falsch machen. Und für alle, die ihr altes Impulstelefon aus Nostalgiegründen noch behalten wollen, gibt es den sogenannte Converter, ein Zusatzteil, das Gespräche noch zulässt, allerdings von der Swisscom nicht angeboten wird und im Fachhandel erworben werden muss.

Machen Sie sich schlau, vielleicht ist ja bereits alles in Ordnung 

Ein Blick in den Kalender zeigt, dass Sie nun möglichst rasch die Swisscom, oder den Haus-Elektriker nach dem Zustand Ihrer Geräte fragen sollten. Am 31.12.2017 wird das alte System abgeschaltet und wie der Umstieg von Analog- zum Digitalfernsehen vor wenigen Jahren zeigte, sind die Fachleute in den letzten Monaten vor der Deadline komplett ausgebucht. Zwei Dinge wird Ihnen jedoch auch heute noch niemand mitteilen können. Erstens: Ob die Kunden in Zukunft höhere Tarife bezahlen als heute. Und zweitens: Mit der neuen Bezeichnung ALL IP ist klar, dass alles, was die Swisscom anbietet, über das Internet läuft. Und dies setzt eine wirklich grosse Bandbreite voraus, damit alles reibungslos und störungsfrei abläuft. Ob die Telefonanbieter in der Lage sein werden, dies zu gewährleisten, wird von einigen Spezialisten derzeit noch mit Skepsis betrachtet. Denn bereits heute, kommt es weltweit durch die stark zunehmende Belastung der bestehenden Netze, zum Beispiel von Musik- und Fernsehstreaming, zu teils groben Störungen.   

Die gute alte Telefonie, Erinnerung an eine bessere Zeit?

Meist ging es gar nicht um Anrufe. Sie waren früher einfach DER Treffpunkt in der Stadt: Die Telefonkabinen – egal ob man auf sein erstes Date wartete, oder sich nur auf einen Becher mit Freunden treffen wollte. Ein Glashäuschen der damaligen PTT stand an jeder Ecke. Heute sie sind selten geworden und noch seltener werden sie wiklich gebraucht. Ende 2015 waren es laut Swisscom in Basel-Stadt gerade noch 177. Das sind 6 weniger als im Jahr zuvor und wohl einige mehr als jetzt Ende August 2016. Das staatsnahe Telekommunikationsunternehmen bestätigte gegenüber barfi.ch,  dass von den jetzt noch schweizweit 4’200 Kabinen bis 2018 nur noch rund die Hälfte bleiben wird. Wie der Telefonriese, sind auch Gemeinden, Verbände und Parteien für einmal gleicher Meinung: Im Zeitalter der Handys werden Telefonkabinen zunehmend nutzlos und dürfen aus der Grundversorgung gestrichen werden können.

Wo also trifft man sich nun in Zukunft? Natürlich im Netz...

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