Das vorläufige Ende fürs Fumare dauert bis im Herbst. Bilder A. Schwald
Das vorläufige Ende fürs Fumare dauert bis im Herbst. Bilder A. Schwald
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Ausgeraucht: «Fumare» wird «Mangiare», die Raucherinsel der Innenstadt verschwindet

Es war der Fluchtort so vieler Raucher an verregneten Innenstadt-Tagen, Symbol des Widerstands gegen den Anti-Zigaretten-Wahn. Jetzt ist das «Fumare» Geschichte – zumindest bis im Herbst. Stattdessen gibts Essen.

Basel ist streng mit seinen Rauchern. In den Restaurants sind Glimmstengel verboten und wer einen Raucherbereich anbietet, muss sich an strikte Auflagen halten: Lüftung, Abtrennung, keine Bedienung. Sämtliche Aufweichungen des Nichtraucherschutzes wurden an Volksabstimmungen abgeschmettert. Der Verein «Fümoar», letzter Hort des Widerstands für den blauen Dunst, löste sich Ende 2015 für alle Zeiten in Frischluft auf.

So wurde das «Fumare» zum letzten grosse Indoor-Fluchtort für alle Süchtigen der Innenstadt, zu deren Kaffee die Kippe eine logische Folge war. Jetzt ist auch damit Schluss: Aus dem «Fumare» wird das «Mangiare». Ab 1. Mai ist die beliebte Raucherhöhle ein Speiselokal. Seit gestern Sonntag sind die Scheiben abgeklebt, darauf eine entsprechende Notiz.

Pizza, Panini, Salate

Rauchen in der Sonne statt in der Kammer.

Der Schock bei den Rauchern dieser Redaktion war gross, aber die zuständige Gastro-Chefin des Unternehmens Mitte beruhigt: Der Umbau ist lediglich eine Zwischennutzung. Ab Herbst wird drinnen wieder geraucht. «Da sich die meisten Gäste in der warmen Jahreszeit ohnehin draussen aufhalten, wollen wir die Fläche anders nutzen», sagt Isabella Scherer.

Ab nächstem Monat gibts deshalb statt Zigi und Aschenbecher ein aufgefrischtes Dekor, Pizza, Panini. Auch eine Salatbar ist vorgesehen. Das Angebot wird von der «Kombüse» gestemmt, dem Gastrobetrieb, der sich sonst im 1. Obergeschoss der ehemaligen Volksbank befindet und seit kurzem in der Halle einen Pizza aus dem Ofen verkauft. Für den Betrieb ist die Umnutzung attraktiv: So kommt die «Kombüse» aus dem wuchtigen Marmorsaal näher an die Laufkundschaft. Konsumiert werden kann dann in der ganzen Mitte, auch im Strassencafé, sagt Scherer.

Wohin denn nur, wohin denn nur

Am Tag der Arbeit beginnt die Arbeit.

Zudem erhält die Innenstadt damit ein weiteres, neues Speise-Angebot: Bereits am Mittwoch eröffnet am Barfi ein «Coop to go», in der Freien Strasse bietet «Anton & Konsorten» neu Frischpasta an und jetzt gibts also auch nahrhafte Brötchen in der Mitte. Laut Scherer sollen die Preise für Innenstadt-Verhältnisse erschwinglich bleiben, man will das Mittagsangebot für gut unter 20 Franken anbieten.

Bleibt die Frage, wohin sich die Raucher an trüben und kaltnassen Frühlings- oder Sommertagen verziehen. Wo man zwei Tage lang mit ausreichend Kaffee und einem Päckchen Parisienne über 200 Buchseiten korrekturlesen kann. Wo man dann tagsüber einen Flirt in Bohème-Atmosphäre mit lässig zwischen zwei Fingern geklemmter Zigarette abhalten kann, ja, wo man hemmungslos und lustvoll seiner Sucht frönen soll, wenn draussen der Regen gegen die Scheiben prasselt. Gut, im «Grand Hotel Trois Rois» gibt es auch noch ein Fumoir fürs Café, ein sehr ausgeklügeltes dazu, aber das ist dann irgendwie doch nicht dasselbe.

Treffender geht es nicht

Ein klassisches Gedeck – und immer seltener.

Ein Luxusproblem, ja, und zwar eines erster Güte, ein Kulturverlust, den wir abends vielleicht noch in ein paar ausgesuchten Bars nachholen können, auch wenn es unsere Lungen danken, wenn wir nicht mehr in der Raucherhalle absumpfen, stumpf am Filter nuckelnd, mit einem nachdenklichen Blick über dem dicken Rand der Kaffeetasse, aber heisst es nicht: «In Männern, aus denen kein Rauch steigt, brennt auch kein Feuer»? Und für Frauen gilt doch schliesslich dasselbe.

Aber bleiben wir vernünftig, freuen wir uns lieber aufs Speiseangebot, denn Rauchen ist wirklich ungesund und schädlich dazu und schliesslich sind wir uns auch gewohnt, auszuweichen. Ein paar Sommermonate werden wir es also aushalten und vielleicht, wenns ganz hoch kommt, im Herbst sogar vergessen haben, wie es war, als man drinnen noch rauchen durfte. Denn so erging es schon allen anderen Basler Raucherlokalen und auch dem Verein «Fümoar»: Beerdigt im kollektiven Bewusstsein, den letzten Stummel ausgedrückt, die Asche im Wind verstreut. «Aus Fumare wird Mangiare», steht an den Scheiben der Mitte, und treffender hätten sie nicht nur ihr neues Konzept, sondern auch den Wandel der kultivierten Konsumsucht nicht beschreiben können.

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