• Andy Strässle
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Bahnhof Basel: Von der Schalter- zur Migroshalle

Eine eigentliche Überraschung war es zwar nicht mehr, der Eingriff wurde angekündigt. In der Schalterhalle des Bahnhofs SBB fühlen sich diese Tage dennoch viele Pendler und Bahnhofsbenutzer überrumpelt. Der neue Konsumtempel am Bahnhof kommt nicht überall gut an.

Zurück zum Jahresrückblick

Alles neu macht der Mai. Tatsächlich! In die Schalterhalle des Basler Bahnhofs bringt er seit Montag vor allem den vielbeschworenen Dichtestress. Kurz nach drei Uhr nachmittags leidet der Migros-Mitarbeitende. Er sagt: «Da wir in der neuen Filiale nicht viel Platz haben, müssen wir dauernd auffüllen.» Tatsächlich das Geschäft in der Schalterhalle brummt. Die Grossverteilerin ist nicht mehr zu übersehen. Der Dame, die den Mann mit dem Warentrolley fragt, wie lange es so bleiben würde, seufzt er entgegen: «Das bleibt jetzt drei, oder vier Jahre so.» Die Dame schüttelt den Kopf, der Mann mit dem orangen Kittel wischt sich den Schweiss von der Stirn und verschwindet im Hintereingang der Filiale unter der Treppe.

Da der ganze Westflügel des Bahnhofs umgebaut wird, kommt man jetzt nur über die Eingänge der Schalterhalle hinein. Dafür wird die Welle aus Menschen von der Migros auf breitester Ebene empfangen. Das kommt nicht bei allen gut an. So ist auf Facebook heute Morgen zu lesen: «Die historische Schalterhalle ist nun im 21. Jahrhundert angekommen. Die Uhr kann man nicht mehr ablesen, die Gemälde sind überdeckt, die Raumwirkung ist dahin. Aber wir haben Anschluss an die Metropolen der Welt gefunden. Willkommen in Seldwyla!»

Historisches Gebäude verhunzt

Ganz unberechtigt ist die Kritik nicht. Auf der Seite Centralbahnplatz erstreckt sich in der Halle ein einziger langer Fastfoodstand. Auf der anderen Seite unter der Anzeigetafel steht die Migros-Filiale, die vorher im Westflügel untergebracht war. Darum sagt ein Kommentar auch: «Unglaublich, man frisst was das Zeug hält, oder Kommerz ohne Ende ...» Während die Geschäftstüchtigkeit durchaus dem Zeitgeist entspricht, so kann sich schon fragen. Man muss es ja nicht gleich so kommentieren: «Also, das ist ja mal oberscheisse, was die da veranstaltet haben, zudem, wie kann das passieren, dass ein historisches Gebäude so verhunzt werden darf?»

Der Basler Heimatschutz hat die Weiterentwicklung der denkmalgeschützten Basler Schalterhalle mit ihren historischen Gemälden von Ernst Hodel gegenüber der Regierung schon einmal kritisch angemahnt. So schrieb der Verein: « Besonders beeinträchtigend und problematisch wird die Situation für den Eingangsbereich der Schalterhalle. Der historische Billettschalter mit seinen schönen hölzernen Bögen verliert seine Funktion, wird eingepackt und mit einem unschönen, gestalterisch banalen Vorbau als Migros-Take-away gebraucht.»

Fluchtartiges Verlassen

So muss man es wohl sagen. Doch der Basler Heimatschutz hat die Hoffnung noch nicht ganz verloren: «Dass die SBB ihre grossen Bahnhöfe kommerziell nutzen will und dass diese Angebote beim Publikum meist auch beliebt sind, ist nicht mehr zu bestreiten. Nach Auffassung des Heimatschutzes geht es aber um das verträgliche Mass. Der Bahnhof darf nicht zu einem Ort werden, den man nur noch fluchtartig verlassen will.» Im Moment bekommt man zum «fluchtartigen Verlassen» immerhin an jeder Ecke noch ein Sandwich dazu.