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  • Christine Staehelin
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Basel Tourismus-Chef Daniel Egloff: «Wir haben grosse Konkurrenz erhalten»

Daniel Egloff, Geschäftsleiter von Basel Tourismus, spricht über Herausforderungen im Tourismus in Zeiten von TripAdvisor und Instagram, aber auch über die Entwicklung von Basel als Touristendestination.

    

Herr Egloff, Sie sind seit siebzehn Jahren Geschäftsleiter von Basel Tourismus. Wie hat sich Basel als Touristendestination in dieser Zeit entwickelt?

Als ich 2001 nach Basel kam, war die Auslastung an den Wochenenden und in den Sommermonaten miserabel. Rund 80 Prozent der Hotelzimmer standen in dieser Zeit leer. Damals lag die Hauptauslastung der Übernachtungen in der Geschäfts-, Messe- und Kongresszeit. Mein Auftrag war klar: Die Anzahl Logiernächte sollte  von 600'000 auf über eine Million gesteigert werden. Dies ist uns gelungen. Wir werden Ende Jahr rund 1.4 Millionen Übernachtungen verzeichnen.

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Ein zweiter Auftrag war, die Steigerung der Diversifikation. Wie gesagt, war der Freizeit-Tourist früher kaum in Basel anzutreffen. Das hat sich gewandelt: Heute verzeichnen wir einen Drittel Freizeittouristen. Früher lag dieser Wert bei gerade einmal 15 Prozent. Noch immer sind die Wochenenden aufgrund der zusätzlichen Hotels und AirBnBs weniger stark ausgelastet und die Hotelpreise entsprechend tief. Deswegen bleibt unser Auftrag, Basel als Freizeitdestination bekannt zu machen, auch bestehen.

Welche Massnahmen sollen zu diesem Ziel führen?

Indem wir Basel weiterhin konsequent und durchgehend als Freizeitdestination international vermarkten. Dabei haben wir uns die Frage gestellt: Weshalb sollte jemand Basel besuchen? Stärker als bei anderen Destinationen liegt der Schwerpunkt in unserer Stadt auf Kunst, Kultur und moderner Architektur. Der Slogan «Culture Unlimited» steht seither symbolhaft über den verschiedenen Massnahmen, die wir unabhängig der Herkunft unserer Gäste ergreifen.

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Können Sie dies genauer erläutern?

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Touristen nach Basel kommen. Die Schweizer wählen die Rheinstadt vor allem wegen Veranstaltungen und Events. Ihnen werden interessante Pauschal-Packages angeboten. Ich denke an das Basel Tattoo, die Swiss Indoors, den Weihnachtsmarkt oder die Fasnacht.

Bei Gästen aus dem europäischen Raum werden wir uns weiterhin mittels Kooperationen mit EasyJet, TGV und Deutschen Bahn als Wochenenddestination präsentieren. Hier liegt der Fokus ganz klar auf «Culture Unlimited». Unsere Abischt ist, dass diese Gäste unser kulturelles und gastronomisches Angebot von Freitag bis Sonntagabend erkunden.

Man sieht auch immer mehr Touristen aus Übersee. Weshalb sollten sie nach Basel kommen? 

In diesem Bereich gab es die Entwicklung, dass diese Gäste immer mehr individuell und nicht mehr in Reisegruppen in Europa unterwegs sind. Nach wie vor ist bei diesen Touristen Paris als erste Destination sehr beliebt. Von dort gelangt man mit dem TGV schnell in die Schweiz. Basel wird so zu einem Etappenort. Hier lautet unsere Botschaft: Weshalb nicht gleich  eine Nacht bleiben, bevor es weiter nach Interlaken geht?

An den vergangenen zwei Samstagen landeten Charterflüge aus Japan in Basel, weitere Flüge aus Korea sollen folgen. Wie bereiten Sie sich auf diese Gäste vor?

Wir haben einen Sales Representative in Japan, der vor Ort Basel als Destination bei den relevanten Reisebüros vorstellt. Als bekannt wurde, dass der Charterflug kommen wird, ging er mit allen Informationen rund um Basel zu den dortigen Reisebüros. In Basel selbst organisierten beispielsweise das Swissôtel Le Plaza und das Pullmann ein entsprechendes Willkommensgeschenk oder erweiterten ihr Frühstücksbuffet mit Soft Ice. Ein Angebot, das sie sonst nicht erhalten. Unsere Tour-Guides, die auf Japanisch durch Basel führen können, waren ebenfalls avisiert. Unser Ziel ist es immer, den Gästen eine gute Zeit und tolle Erfahrungen in Basel zu bieten.

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Wo liegen, nach Meinung der Touristen, die Schwächen von Basel?

Es gibt eine repräsentative Befragung der Gäste und diese zeigt vor allem eine immer wieder bemängelte Schwäche: Das Preis-Leistungs-Verhältnis. Für den Besucher ist Basel – ob nun berechtigt oder nicht – teuer. Trotzdem verzeichnen wir einen Zuwachs bei den Übernachtungen. Ich bin der Meinung, dass es auch Gutes daran zu sehen ist. So schützt es uns zum Beispiel vor Massentourismus, wie er zum Beispiel in Venedig und anderen Städten zu finden ist.

Und was gefällt den Touristen an Basel?

Sie erleben unsere Stadt als sehr sauber, sauberer als die anderen Schweizer Städte. Im Vergleich mit unserer Konkurrenz schneiden wir insbesondere im Bereich der Museen und moderner Architektur besser ab.

Laut einer Studie informieren sich potentielle Touristen über Social Media und Seiten wie Tripadvisor über eine mögliche Feriendestination. Wie verändert dieser Trend Ihre Arbeit?

Erlauben Sie mir hier einen kleinen Exkurs. Früher war Basel Tourismus vor allem als sogenannter Verschönerungsverein tätig. Blumentöpfe und Parkbänke wurden aufgestellt. Ab 1990 wurden wir zu einer Kommunikationsagentur. Doch diese Deutungshoheit haben wir verloren. Vor fünf bis zehn Jahren war ein möglicher Besucher auf unsere Kanäle angewiesen. Er konsumierte unsere Bilder, las unsere Texte. Dies hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Heute steht dem möglichen Touristen eine Vielzahl von Kanälen zur Verfügung. Wir haben grosse Konkurrenz erhalten. Eine wissenschaftliche Untersuchung brachte folgendes Resultat: Die Glaubwürdigkeit unserer Texte und Bilder ist siebenmal kleiner als die Glaubwürdigkeit eines Fotos auf Facebook oder Tripadvisor.

Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Wir achten darauf, das Reiseerlebnis des Gastes zu optimieren. Er postet das, was er erlebt hat. Und wenn er eine schöne Zeit in Basel hatte, postet er schöne Bilder. Umgekehrt natürlich auch: Wenn er mit dem Besuch unzufrieden war, postet er Entsprechendes. Wir haben schon Massnahmen dafür ergriffen, darunter die Flying Concierges, schnelle und kompetente Informationen in den Tourismus-Büros, Wifi-Stationen bei Schiffsreedereien, die nette Toilette und die Baselcard.

Gibt es noch weitere Projekte, die in diese Richtung gehen?

Ja, wir haben zum Beispiel das e-Learning-Programm dubistbasel.com. Zusammen mit den Taxigesellschaften, dem Hotelierverein, der Gastronomie sowie mit der Polizei und den Basler Verkehrsbetrieben trugen wir von Touristen häufig gestellte Fragen zusammen. Zum Beispiel die Frage nach dem nächsten Taxistandplatz oder welches Restaurant eine Spezialität anbietet. Mitarbeiter in den oben genannten Organisationen, aber auch Privatpersonen können den e-Kurs absolvieren und erhalten ein Diplom. Bis jetzt konnten wir zweitausend Diplome ausstellen. Die Diplomträger sollen und können den Touristen auf alle Fragen antworten und so das Erlebnis in Basel noch steigern.

Sie erwähnten vorhin das Wifi. Seit 2017 gibt es das oft kritisierte gratis WLAN für Touristen. Wie gestaltet sich die heutige Situation?

Der Wifi-Zugang ist seit Januar in der BaselCard integriert. Die Zugriffe steigerten sich dadurch enorm, was uns natürlich freut. Alle zwei Wochen testen zwei unserer Praktikanten das gesamte Netz. Das ist eine Arbeit von rund zwei Stunden. Das Problem mit der Funktionalität hängt mit den unterschiedlichen Handy- und Softwarelösungen zusammen. Je nach Software kann es zu einer Fehlermeldung kommen. Leider werden wir das WLAN nie hundert Prozent fehlerfrei anbieten können. Aber wir garantieren, dass das Netzwerk für 95 Prozent aller Gäste problemlos genutzt werden kann.

Wird es einen Ausbau dieses Angebots geben?

Da es auf grossen Anklang stösst, gibt es in der Tat ein Projekt, welches wir noch nicht kommuniziert haben: In Zukunft sollen Hotels, Restaurants und Sehenswürdigkeiten ebenfalls das Gäste-WLAN anbieten können. Alle mit dem Code ausgestatteten Gäste, werden es nutzen können. Das Netz wird viel breiter abgestützt sein und nicht mehr nur die siebzehn jetzigen Standorte haben, sondern viele mehr. 

Basel hat den Touristenbus, der oft halb oder gar ganz leer durch die Stadt fährt. Was ist Ihre Meinung dazu?

Grundsätzlich ist der Touristenbus sehr in unserem Sinn. Wir sind als Organisation da, um das Basismarketing sicherzustellen. Aus einer Not heraus, weil sich keine privaten Anbieten fanden, begannen wir vor dreissig Jahren mit den Stadtführungen. Für Basel Tourismus als teilsubventioniertes Unternehmen ist dies in Ordnung, solange es keinen privaten Anbieter gibt. Mir wäre es offen gestanden lieber, wenn es mehr private Anbieter gäbe, die den Tourismus als Chance sähen.

Haben Sie eine Stadt, die Ihnen in Sachen Tourismus als Vorbild dient?

Es gibt einige Beispiele. Als gutes Beispiel würde ich gerne Hamburg nennen. Die Stadt hat es geschafft, sich von einer Hafenstadt mit berüchtigtem Rotlichtmilieu zur hippen Trendstadt zu verwandeln. Hamburg hat mit der Speicherstadt, der Elphilharmonie von Herzog & De Meuron sowie dem kulturellen Angebt ihr Image total verändert. 

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