Ja, was mag das denn sein? Ein Trommelböcklein, pardon: «e Beggli». ©A. Schwald
Ja, was mag das denn sein? Ein Trommelböcklein, pardon: «e Beggli». ©A. Schwald
  • Andreas Schwald
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Basel hat jetzt eine Fasnachtskiste und die Schulkinder sind begeistert

Dieses Jahr kommt die Basler Fasnacht in die Schulzimmer: Der Kanton Basel-Stadt hat die Fasnachtskiste lanciert. Die funktioniert schon ein bisschen wie die berüchtigte Sexkiste, kommt aber wesentlich freundlicher daher und macht vor allem die Kinder sehr glücklich.

Erziehungsdirektor Christoph Eymann nahm es gleich vorweg. Ja, Basel habe nicht gerade eine glückliche Geschichte mit Kisten, die für den thematischen Schulunterricht eingesetzt werden. Damit spielte er auf die so genannte Sexbox an, ein Lehrmittel für den Sexualunterricht, das die Kinder mit dem Thema spielerisch vertraut machen sollte. Eine Welle rechtsnationaler moralischer Empörung schwappte über die Box und machte sie zum schulischen Gegenstand non grata.

Jetzt kommt die nächste Basler Schulbox, nur macht die alle viel glücklicher. Das Erziehungsdepartement lancierte heute Donnerstag vor den Medien die Basler Fasnachtskiste. Ein Lehrmittel, das die Fasnacht nun offiziell und altersgerecht in die Klassenzimmer bringt. Entwickelt wurde die Kiste vom Erziehungsdepartement und vom Basler Fasnachts-Comité. Darüber hinaus erhält das Kapitel «Stadtkunde» im Lehrplan 21 eine Ergänzung zum Thema Fasnacht.

Man rufe Fasnacht und Basel eilt

Ein Fasnachtskoffer und so viele Fotos.

Als der graue, mit einer bunten Laternenseite verkleidete Koffer am späteren Donnerstagmorgen in der Klasse 2d des Isaak Iselin-Schulhauses ankommt, ist die Spannung ziemlich gross. Es ist die Klasse von Primarlehrerin Pia Inderbitzin, Mitglied des Fasnachts-Comités und Mitentwicklerin des Koffers. Besonders pädagogisch wird die Vorführung nicht: Zu viele Fotografen und Journalisten stehen im Weg.

Die Kinder aber kümmert das nicht, eins nach dem andern darf in den Koffer greifen. Ah schau, da ist eine Larve. Was ist das denn für eine? Hm, keine Ahnung... E Waggis, lueg! Und da hat es auch noch ein Piccolo, ein Drummelbeggli, Schlegel, e Gläbbere, e Rätsche, ja, da hat es so ziemlich alles, was man an Fasnachtsgegenständen in Kinderhände abgeben kann. Und natürlich die Klassiker hiesiger Fasnachtsliteratur: Ein Mädchen fischt den Wälzer «Die Basler Fasnacht» von Eugen A. Meyer als Anschauungsmaterial aus der Kiste. Dabei wären die Geschichten von -minu doch um einiges kleiner und handlicher gewesen. 

Der Inhalt kam weitgehend über Aufrufe vom Fasnachts-Comité zusammen und weil die Fasnacht die Basler Seele entflammt, wurden Instrumente und Material zuhauf gespendet. Pia Inderbitzin hat immer noch ein Lager im Keller, «für weitere Fasnachtskisten, denn es gibt ja immer wieder neue Klassen.» Bezaubernd auch die Tatsache, dass eine über 80-jährige Frau aus eigenem Antrieb aus Stoffresten Fasnachtskostüme für die Kistenausrüstung nähte. Wenn es um die Fasnacht geht, hält Basel zusammen, auch wenn die Alten dann gerne darüber streiten, was mit Fasnacht noch etwas zu tun hat und was nicht. Den Kindern ist das egal.

Als man noch beworfen wurde

Pia Inderbitzin, Christoph Eymann, Franz König (von links).

Insgesamt stehen 31 Kisten zur Verfügung, dafür seien rund 12'000 Franken aufgewendet worden, so der Kanton. Die ehrenamtliche Mitarbeit vieler Freiwilligen hielt die Kosten tief. Erziehungsdirektor Eymann schien jedenfalls der Schilderung nach den für Kantonsverhältnisse etwas unkonventionellen Projektablauf mit fasnächtlicher Hilfe genossen zu haben. 

Übrigens können die Kinder die Heiligtümer der Fasnacht nicht nur anfassen, es gibt auch ein Spiel, das den Migrationshintergrund der gängigen Basler Fasnachtsfiguren hervorhebt. Schliesslich ist der Waggis ja ein Elsässer, der Harlekin kommt aus Italien und ja, der Blätzlibajass ist ein armer Kerl von zwischen den Welten, der sich seine Kleider erst noch aus lauter kleinen Stoffplätzchen zusammennähen musste. Und schliesslich wird die Stadtgeschichte mit Anekdoten und Müsterchen aus längst vergangenen Tagen abgeschmeckt. Oder hätten Sie gewusst, dass 1906 die Zuschauer die Fasnächtler mit Orangen beworfen hatten und nicht umgekehrt? Eben: Dank der Basler Fasnachtskiste weiss es jetzt bald Ihr Kind.

Alles ausgeräumt: Leere Kiste, fröhliche Kinder.