• Andy Strässle
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Basler Politzirkus: Hypnosetherapeuten, Linkshänder und Kinobesucher als Volksvertreter

Das hundertköpfige Basler Parlament, das Ende Oktober neu gewählt wird, vertritt das Volk. Wer denkt, zu den Wahlen träten nur farb- und humorlose Parteisoldaten an, der irrt fast schon tragisch. Die Durchsicht der Listen mit den 763 Kandiaten offenbart eine beinahe erschreckende Vielfalt.

Rentner Heinz Eckert auf Liste drei der LDP ist wie geschaffen für das Basler Parlament. Denn er ist nach eigenen Angaben «Kino- und Theaterbesucher». Und damit nicht genug: Er ist auch noch «Lesender und Reisender». Ein Volksvertreter also, wie er im Buche steht. Auf der selben Liste findet sich Beatrice Faesch. Im stolzen Alter von 56 sieht sie sich im Kantonsblatt als «Familienmanagerin». Da scheint es fast, als seien jemandem die Worte «Mutter», «Ehefrau» zu wenig gewichtig klingend gewesen. In Wirklichkeit hat es wohl eher den gegenteiligen Effekt. Etwas vor Heinz Eckert auf der gleichen Liste findet sich Matthias Brenneis, der sich als Langstreckenläufer definiert, aber auch am Charivari mitmacht. Ein langer Atem kann im Parlament ja nicht schaden.

Generell: In Basel gibt man gerne die Zugehörigkeit zu Cliquen, Zünften oder Gesellschaften an, das macht einen einfacher bebbihafter. Sicherlich perfekt qualifiziert für den Job als Basler Volksvertreter ist Beat Schaller. Beim 61-Jährigen heisst es schlicht und einfach «Us Liebi zu Basel». Hey, was will man mehr. Was sonst, wenn nicht die Liebe hilft bei komplizierten Regierungsgeschäften weiter.

Der Privatier und das Volk

Eine spezielle Perspektive hat wohl auch Patrizia Klötzli, die sich als «Transgenderperson» definiert, gelernte Sanitärinstallateurin sei und heute im Hausdienst der Gemeinde Riehen arbeitet. Klötzli tritt für die Grünliberale Partei auf der Liste 10 an. Ein Mann der nicht viel Worte macht, ist Michel Weyeneth, der sich schlicht als Privatier bezeichnet. Wikipedia erklärt «Privatier» so: «Als Privatier, auch Privatus und weiblich Privata oder Privatière, gilt allgemein eine Person, die finanziell so gut gestellt ist, dass sie nicht darauf angewiesen ist, zur Deckung ihrer materiellen Bedürfnisse einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, unabhängig davon, wie sie zu dem Vermögen gekommen ist.» Da soll jemand sagen der 69-Jährige sei kein Mann aus dem Volk. Wer, wenn nicht einer, der nie arbeiten musste, versteht die Sorgen der Bevölkerung. Er findet sich auf Liste 14.

Etwas cooler geht es auf Liste 1 zu: Hier tritt Stanislaw Zytynski mit der Selbstdefinition «Bleiben Sie jung, wählen sie jung» für die FDP an. Das ist doch mal eine klare politische Botschaft. Nicht verschwiegen sei auch Anselmo Renz bei der LDP auf Liste 3. Er beschreibt sich als «Gärtner aus Leidenschaft».  Was gut für ihn als Berufsmann sein mag, wirkt auf der politischen Bühne etwas konfus. Schliesslich sei auch Peter A. Vogt von der SVP hervorgehoben: Der Hypnosetherapeut (diplomiert) kann das Parlament gewiss in seinen Bann ziehen. Ein Listenkollege ist Sascha Reto Torriani, der als «Kommandant Tatortreinigung» sicherlich auch über nicht alltägliche Erfahrungen verfügt. Selbstverständlich tut man allen Juristen, Lehrern und Angestellten unrecht, von denen es unter den 763 Kandidaten auch ziemlich viele gibt. Und sicherlich würde es auch nicht lange dauern, noch ein paar Yogalehrerinnen auf den Listen aufzutreiben.

Ewige Jugend

Etwas schwerer zu verstehen ist, warum etwa Boxpromoter Angelo Gallina zu den Parlamentswahlen antreten muss. Oder warum es sich die Basler Blueslegende Cla Nett von der Lazy Poker Blues Band nicht verkneifen kann. Auch die diesmal zu den Wahlen antretenden Vertreter der Moderatorengilde Esther Keller, Diana Bevilaqua und René Häfliger sind eigentlich noch nie durch besonderes politisches Interesse aufgefallen.

Auffallend, dass alle Parteien ihre Listen auf Teufel komm raus aufgefüllt haben. Wer das nicht versteht, der wird auf irgendeiner Liste sicher eine Politologin finden oder vielleicht kriegt auch ein Gymlehrer die Erklärung hin (Amtszeitbeschränkung, undso). Falls nicht, nicht so schlimm: Schliesslich kandidiert auch Daniel Egli: «Mensch, Rheinschwimmer und Linkshänder». Der weiss es sicher.

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