Einmal quer durchs Fahrverbot, bitte. Bilder A. Schwald
Einmal quer durchs Fahrverbot, bitte. Bilder A. Schwald
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Basler Velofahrer sind einfach Rüpel – da hilft auch kein Veloring

Wer in Basel Velo fährt, lässt oft den Anstand zu Hause: Verkehrsregeln werden täglich hundertfach missachtet, Vortritte abgewürgt. Dieses Problem wird kein millionteurer Veloring für die Stadt lösen. Denn die Wurzel liegt ganz woanders. 

Einer knallt bei Rot über die Kreuzung. Ein anderer fährt am Fussgängerstreifen fast eine Familie über den Haufen. Der Dritte klemmt in einer Selbstverständlichkeit schnell den Rechtsvortritt ab. Alles nicht so schlimm, ist halt Velofahren in Basel.

Zugegeben, die Verkehrsführung in der Stadt ist nicht besonders optimal. Wer auf zwei Rädern unterwegs ist, sieht sich nicht nur Kilometern von Tramschienen und verworrenen Kreuzungen gegenüber, sondern auch Umwegen und Fahrverboten, die gerade in der Innenstadt für Velos wenig Sinn ergeben. Oder warum sollte in der 20 Meter langen Grünpfahlgasse von der Gerbergasse her kommend ein generelles Fahrverbot herrschen, das nicht mal jemandem auffällt?

Verkehrsführung hin oder her: Die Basler Velofahrer sind Rüpel. Egal, ob im Quartier, in der Innenstadt oder auf anderen Achsen: Die Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer – ob nun zu Fuss oder im Auto – ist an einem kleinen Ort. Daran ist die teilweise militante Basler Zweirad-Lobby nicht unschuldig: Wer etwa wie der hiesige VCS den Autoverkehr zum absoluten Feind erklärt, der schürt nur Rücksichtslosigkeit. Und erhöht damit einzig das Unfallrisiko.

Der Veloverkehr ist wie Wasser: Er bahnt sich stur den Weg

Vorsicht, Kontrolle: Man fährt in Basel halt einfach gern drauflos.

Da bringt auch der geplante Veloring nichts. Für stattliche 25 Millionen Franken soll rund um Basel eine breite Velostrecke gebaut werden, ununterbrochen und ohne Hindernisse. Im Mai stimmen wir darüber ab. Der Name erinnert an den grossen City-Ring, der vor Jahrzehnten für den Hochleistungs-Autoverkehr hätte gebaut werden sollen und doch nie wirklich fertig wurde.

Ja, die Basler Verkehrsplaner lieben Ringe, da folgen sie ganz ihrer eigenen Tradition. Wer aber mit dem Velo fährt, der will einen direkten Weg durch die Stadt. Und er will in die Stadt. Das zeigt sich schon heute daran, wie die Verkehrsführung auf grösseren Kreuzungen missachtet wird, zum Beispiel bei der komplexen Markthalle-Kreuzung, wo vom Gundeli herkommend eigentlich nur Rechtsabbiegen zulässig ist. Der Veloverkehr ist tatsächlich wie Wasser: Er bahnt sich seinen eigenen Weg des geringsten Widerstands. Schliesslich ist ein Velo kleiner und wendiger als ein Auto – und stiehlt sich damit auch schneller durch ein Fahrverbot.

Nein: Wer in Basel velozipediert, der will nicht auf einem Ring rund um die Stadt fahren. Wer es ernst meint mit dem Velo, der will ohne Umschweife und auf direktem Weg zum Ziel. Ist ja schliesslich der Sinn der Sache. Und da hinkt die Verkehrsführung genauso hinterher wie der Anstand derer, die auf zwei Rädern fahren.

Für diese Millionen lieber zentrale Knoten entflechten

Hoppla, wie war das mit dem Vortritt?

Das Geld wäre also besser investiert in eine geschickte Verkehrsführung an den zentralen Knotenpunkten, die künftig nämlich nach wie vor von Velofahrern durchschnitten werden – Veloring hin oder her. Und in eine Verkehrserziehung basel-städtischer Radler: Denn trotz speziell ausgeschilderter Velowege und eigens für Velofahrer angebrachter Ampeln gelten auch für sie die gleichen Vortrittsregeln wie für alle anderen Verkehrsteilnehmer auch. Obwohl das hiesige Velofahrer natürlich wenig kratzt. Zumal man fürs Velofahren keine Prüfung in Verkehrsregeln absolvieren muss, im Gegensatz zum Autofahren.

Der Basler Velofahrer fährt also nicht rüpelhaft, weil ihm ein Veloring fehlt, der ihn kilometerweit um die Stadt herumführen würde. Der Basler Velofahrer knallt bei Rot über die Kreuzung, weil es ihm am einfachsten erscheint. Er klemmt den Rechtsvortritt ab, weil er ohne Zusatzkilometer direkt von A nach B kommen will. Und er fährt die Familie am Fussgängerstreifen fast über den Haufen, weil ihm Fussgänger und andere Verkehrsteilnehmer in dieser hügeligen Stadt weitgehend egal sind.

Und weil der Velofahrer in erster Linie ja genau deswegen das Velo nimmt: Weil es schneller und günstiger ist als der öffentliche Verkehr und weil man damit direkter durch das verworrene Verkehrs-Basel sticht als mit dem Auto. Bliebe da nur nicht der Anstand auf der Strecke. Aber der lässt sich auch nicht mit einem 25 Millionen Franken teuren und bald verwaisten Veloring erkaufen.

Möchten Sie sich dazu äussern? Hier geht es zu den Kommentaren.

Weitere Titelgeschichten finden Sie hier.