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  • Kenneth Steiner
  • Aktualisiert am

«Basler greif zu, sonst ist es zu spät» – Wie Online-Portale bei der Ferienbuchung tricksen

Ende Monat starten die Sommerferien und Herr und Frau Basler fahren in den Urlaub. Gebucht wird 2018 überwiegend übers Internet. Schon seit Jahren haben Planungen und Kauf im Netz den Reisebüros den Rang abgelaufen. Aber die Buchungsportale haben so ihre Tricks und die müssen Sie kennen.

Mit dem Auto nach Osteuropa oder dem Flugzeug nach Barcelona, egal wie man zur Feriendestination reist, am Zielort braucht es eine Übernachtungsmöglichkeit. Dass es in Barcelona – eine beliebte Feriendestination – manchmal schwierig ist ein passendes Zimmer zu finden, erstaunt nicht. Eher unerwartet, wie auf Buchungsportalen auch Zimmer irgendwo in einer kleinen Stadt in Osteuropa rar geworden sind. Ein Beispiel: Im 32 000-Einwohner-Städtchen Bardejov irgendwo zwischen Krakau und Košice wird sich doch eine Unterkunft finden lassen. Doch selbst hier, in einer aus Basler Sicht eher entlegenen Ecke Europas, sind die Pensionen «sehr gefragt», «nur noch zwei Zimmer auf unserer Seite verfügbar» oder hat «zum letzten Mal vor zwei Minuten» jemand gebucht.

«Scarcity»

«Greif zu, sonst ist es zu spät»! Dieses Gefühl wollen Buchungsplattformen vermitteln. Sozialpsychologen bezeichnen diesen Vorgang als «Scarcity», zu deutsch Knappheit. Der Suchende denkt sich bei der Meldung «Hohe Nachfrage! Wir haben noch ein Zimmer» also subtio zuschlagen: Zimmer die so begehrt sind, müssen einfach gut sein. Bevor der User also riskiert, sich den scheinbar vernünftigen Preis bei guter Qualität entgehen zu lassen, bucht er lieber sofort. Meldungen wie «15 Andere sehen sich das gerade an» vermitteln dem Hotelsuchenden nicht nur Knappheit, sondern lösen auch soziale Bestätigung aus. Und sie haben noch einen dritten Effekt: Weil solche Nachrichten meistens bunt gekennzeichnet und hervorgehoben sind, halten die Augen an solch auffälligen Elementen fest.

Doch die Strategien der Onlineportale haben sich geändert. Blieben sie früher nicht immer bei der Wahrheit, wenn sie ein Hotelzimmer als heiss begehrt bewarben, setzt ihnen die Justiz heute engere Grenzen. Zudem sind die Kunden inzwischen - nicht selten durch eigene, böse Überraschungen - gewarnt. Denn viele Onlineportale gingen mit den psychologischen Kniffen in der Vergangenheit zu weit. Neben Hotelbuchungsportalen alarmierte zum Beispiel auch der Onlinehändler Zalando mit pauschalen Formulierungen. Von der Jeans oder dem Paar Sneakers seien nur «noch drei Artikel verfügbar». Nur: Das stimmte nicht. Inzwischen heisst es bei Portalen wie Booking.com, es seien «nur noch zwei Zimmer auf unserer Seite verfügbar». Nur wer da sehr genau hinsieht, durchschaut den Trick.

Selbstvertrauen hat Einfluss

Da Ihr Selbstvertrauen Einfluss darauf hat, ob Sie eine Sache abschliessen oder nicht, wollen Buchungsportale Ihnen das Gefühl vermitteln, dass Sie mit wenig Aufwand viel erreichen können. Reiseanbieter machen dies, indem sie die Buchung in mehrere Schritte aufteilen. So erhält der User nach jedem Schritt ein positives Feedback, zum Beispiel in Form von grünen Häkchen. Dabei sehen Sie immer, wie weit Sie schon gekommen sind und haben so das Gefühl, etwas geschafft zu haben.

Eine neue Strategie, die Verbraucherschützer beobachten, sind Suggestivfragen, die mit Ängsten spielen. Entscheiden sich Kunden etwa gegen eine Reiserücktrittsversicherung, heisst es: «Sind Sie sicher, dass Sie das nicht möchten?»

Personalisierte Preisgestaltung

Ausserdem wird, um den Profit zu steigern, auch viel in die personalisierte Preisgestaltung investiert. Auf Basis des Nutzungsverhaltens sollen Algorithmen die maximale Zahlungsbereitschaft des Einzelnen ermitteln. Die Zahl der Seitenbesuche, die Kaufhistorie oder das Verhalten in den sozialen Medien entscheiden. Selbst der Wert Ihres persönlichen Gerätes, von dem aus sie sich für eine Reise interessieren, hat oft direkten Einfluss auf die Höhe des Angebotes. Legen Sie also für einmal Ihr neues iPhone X zur Seite, graben in der Kiste nach einem veralteten, billigen PC oder Smartphone. Entsprechend wird Ihre Kaufkraft und das Angebot oft bereits beim ersten Click eingeschätzt und passend gemacht. Fair sind die Methoden aus Sicht der Verbraucher nicht. Doch ein Ende der Trickserei ist nicht in Sicht. Dazu sind die Effekte aus Sicht der Fachleute für ihre Kassen zu erfolgreich.

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