Bilder: Keystone
Bilder: Keystone
  • barfi.ch
  • Aktualisiert am

Behinderter FCB-Fan massiv von Chaoten via Facebook bedroht: «Du hesch kei Ahnig wieviel Feinde du dir machsch!»

Die Krawalle mit dem Fahnenklau im Match FC Basel gegen FC Sion sorgten für nationalen Aufruhr. Aber nicht annähernd so viel wie im Internet: Wer sich auf Portalen wie Facebook gegen die Chaoten aussprach, musste mit heftigen Drohungen rechnen. Ein Fan im Rollstuhl wurde auf Leib und Leben bedroht.

Es war anfangs dieser Woche als ein barfi.ch-Leser die Redaktion kontaktierte. Der Fall, den er schilderte, war erschreckend. Nachdem er ein Foto der mutmasslichen Fahnendiebe von den Krawallen rund ums Spiel FCB-Sion auf Facebook geteilt hatte, erhielt er via Direktnachricht heftige Drohungen. Der Mann ist im Rollstuhl, jahrzehntelanger FCB-Fan und Stadionbesucher. Eine dieser Mitteilungen, die er erhielt und die barfi.ch vorliegen, lautete im Originaltext:

«Ey du Krüppel
 
Du hesch kei ahnig wie viel Feinde du dir machsch!!
Mir in de Szene wüsse jetzt wie du ussehsch und wie du heissisch! Du bisch definitiv zwit gange mit de Poscht"s gege unseri MK und mit de Bilder vo de 2 Platzstürmer!!
Mini Lüüt und ich werde in de nexte Spiel dich ufsueche und bi gott wenn mir dich sehn wirsch nüm so lang ufem Rollstuhl sitzte!!

So eine wie duu nennt sich fcb fan pfuiii täufelll verreck du alte sagg!!!»

Der Mann handelte sofort und erstattete Anzeige bei der Polizei. «Die Ermittlungen wurden dann an einen Kommissar übergeben, der sich nun um den Fall kümmern wird», sagt er gegenüber barfi.ch. Er möchte anonym bleiben, weil er nicht weitere derartige Aggressionen auf sich ziehen will. Der Absender der Nachricht wiederum ist mit Klarnamen und Selbstbildnis auf Facebook registriert.

Immer mehr Internet-Drohungen landen bei den Behörden

Wie ernst diese Drohung einzuschätzen ist, müsse das Opfer jeweils selber einschätzen, meinte die Polizei. Eine Seltenheit seien diese Vorkommnisse inzwischen aber leider nicht mehr, sagt Peter Gill, Mediensprecher der Staatsanwaltschaft: «Es kommt immer wieder vor, dass in Social Media Drohungen ausgestossen werden.» Diese werden nicht als einfacher Bubenstreich behandelt, sondern von der Staatsanwaltschaft sehr ernst genommen: «Bei der Drohung handelt es sich um ein Antragsdelikt. Wird bei diesem Delikt Strafantrag gestellt, so versucht die Kriminalpolizei der Staatsanwaltschaft die Täterschaft zu ermitteln.»

Der barfi.ch-Leser kennt sich als engagierter und interessierter FC Basel-Fan auch mit der momentanen Situation in der Muttenzerkurve aus. Die mutmasslichen Fahnendiebe würden zu einer der Gruppierungen gehören, die sich während des Matchs jeweils im Fanblock aufhalten. Es ist eine von vielen Gruppierungen, die sich gegenseitig in den Haaren liegen: «Zurzeit gibt es einen grossen Kampf in der Muttenzerkurve, wer jetzt das Sagen hat.» Zwar seien viele der Gruppen harmlos und wollen den FCB einfach nur lauthals anfeuern. Doch dann gebe es auch solche – eher jüngere Zusammenschlüsse –, die nur an Chaos und Unruhen interessiert seien. Aus dieser Ecke kommen dann meist auch die Cyber-Drohungen.

Kriminelle Äusserungen bleiben nicht ungestraft

Wie in der realen, gilt das Schweizer Gesetz auch in der digitalen Welt – Cyber-Drohungen werden nicht minder bestraft. So kann man in verschiedenen Berichten von Geldstrafen im vierstelligen Bereich lesen, die den Tätern auferlegt wurden. In Deutschland sprach ein Richter auch schon Kontaktverbote aus, online sowie im realen Leben. Drohungen im Netz zahlen sich also nicht aus.

Ob Fussball, Emotionen, ins Kriminelle verstiegene Vereinsliebe oder nicht: Solche Äusserungen sind weder harmlos noch folgenlos. Nur weil man sich im digitalen Raum und mit Worten bedrängt und Gewalt ausübt, sind die Konsequenzen nicht weniger strafbar. Doch Peter Gill warnt auch vor Aktionismus und Provokationen: «Bei Einträgen in den Social Media empfiehlt es sich gut abzuwägen, was man postet, denn je nach Eintrag sind verschiedenen Reaktionen von Dritten möglich.» Gerade in einem emotionalen Pulverfass rund um Fussballkrawalle, und erst recht im Internet, in dessen dunkle Ecken auch die beste Fan-Arbeit nicht hinreicht.

Update: Inzwischen habe sich der Täter beim Leser entschuldigt.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? Diskutieren Sie mit uns auf Facebook.

Weitere Titelgeschichten unter News Basel