Auf der Höhe der Macht: Thomas Kessler bei einem Shooting 2008. ©Keystone
Auf der Höhe der Macht: Thomas Kessler bei einem Shooting 2008. ©Keystone
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Bravo, Thomas Kessler, für den Mut zum Abgang – die heisseste Personalie des Kantons

Nach knapp 27 Jahren im Staatsdienst ist Schluss: Der einflussreichste Kurfürst der Basler Verwaltung, Thomas Kessler (57), verlässt zusammen mit Guy Morin das Präsidialdepartement. Gut so. Denn der streitbare Kantonsentwickler hat viel bewirkt – wurde damit aber auch zum Hemmschuh der Politik.

Er ist der Basler Chefbeamte schlechthin: Thomas Kessler, Leiter Kantons- und Stadtentwicklung beim Präsidialdepartement. Kaum einer der Staatsangestellten war dermassen profiliert, entwickelte so viele Ecken und Kanten und hatte schliesslich so viel Einfluss wie er. In seiner Position regiert er das wichtigste Amt des Präsidialdepartements: Hier fliessen die wirklich relevanten und teuren Fäden dieses sonst eher beschaulichen, auf Kultur und Marketing beflissenen Departements zusammen.

Kesslers Noch-Leitung untersteht zum einen, die gesamte Wohnraumpolitik des Kantons, zum andern der Einbezug der einflussreichen Quartiervereine, aber ebenso das hochumstrittene Dossier der Zwischennutzungen öffentlichen Raums wie am Hafen und – wie es der Name sagt – die Entwicklungspolitik des gesamten Kantons. Zudem ist auch die Integrationsstelle bei Kessler angegliedert.

Damit hatte der ehemalige Drogendelegierte (1991-1998) und Integrationsbeauftragte (1998-2008) die entscheidende Position im Präsidialdepartement von Guy Morin (Grüne) inne. Jetzt ist aber Schluss, wie der Kanton heute Mittwoch mitteilte, verlässt Thomas Kessler per 8. Februar 2017 sein Amt. Nur einen Tag nach dem Ende von Guy Morins Regierungszeit. Man habe sich auf einen gemeinsamen Abgang geeinigt. Es sei «der richtige Zeitpunkt». Über die Trennungsvereinbarung wurde Stillschweigen vereinbart. Insgesamt hat Keller damit knapp 26 Jahre Basler Staatsdienst auf dem Buckel, zusammengefasst in einem eindrücklichen Resümee.

Nur so kann sich etwas ändern

Und endlich ist es so weit: Basel erhält die Chance für einen echten Wechsel. Wäre Guy Morin alleine gegangen und hätte seinen Chefbeamten Kessler im Amt belassen, die Änderungen unter der neuen Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann wären wohl im bescheidenen Rahmen ausgefallen. Ein dermassen etablierter Amtsleiter an einer derart einflussreichen Stelle – man nannte ihn auch den eigentlichen Regierungsrat hinter Morin –, würde einen dringend nötigen Paradigmenwechsel im Präsidialdepartement eher behindern als beschleunigen. Dieser Schritt braucht Mut und den hat Kessler nun bewiesen.

Das Präsidialdepartement steht nach einer Zeit von nur zwei Amtszeiten immer noch am Anfang seiner Entwicklung. Und diese Entwicklung muss dringend voranschreiten: Zu gross ist die Diversifizierung der verschiedenen Amtsstellen, zu sehr ist das Departement noch ein Gemischtwarenladen aus Kulturförderung, Standortvermarktung und Realpolitik im Rahmen der Kantons- und Stadtentwicklung. Oder eben anders formuliert: Wäre Kesslers Entwicklungsamt beim Bau- und Verkehrsdepartement angesiedelt, wäre das Präsidialdepartement nur wenig mehr als eine Amtsstube für kulturbeflissene Feingeister und Grüssauguste.

Thomas Kessler ist also noch einen Monat lang einer der allermächtigsten Männer im Kanton. Oder wie es der Baselbieter Politblogger Manfred Messmer noch heute Mittwochmorgen auf seinem Blog formuliert hatte: «Einer der letzten der grossen Namen unter den Chefbeamten ist der Querdenker und Leadertyp Thomas Kessler, der nach der Drogen- noch die Integrationspolitik aufgemischt hat. Im Schnellzugtempo. Der Basler Stadtentwickler leitet nicht nur eine Abteilung mit vier zentral wirkenden Fachstellen, sondern auch noch die Kadergremien der Verwaltung und seit November die Task-Force Radikalisierung.»

Grosse Verdienste, lange Leine

So lernte man ihn kennen: Thomas Kessler 1998 als Drogendelegierter von Basel-Stadt. ©Keystone

Die Verdienste Kesslers sind tatsächlich gross. Er hatte das Basler Integrationsmodell mitentwickelt und vor allem umgesetzt, das zwar auf Förderung, aber auch auf Sanktionen setzt. Er prägte das Amt des Kantons- und Stadtentwicklers vom ersten Tag an und exponierte sich in Extremismus- und Radikalisierungsdebatten, weit über sein Amt hinaus. Das trug ihm auch mehrere Maulkörbe der Regierung ein, unter anderem auch, als er sich zu längeren Ladenöffnungszeiten in der Innenstadt äusserte und damit den Basler Volkswirtschaftsdirektoren Christoph Brutschin zum Schäumen brachte. Guy Morin musste daraufhin seinen Chefbeamten wieder an die kurze Leine nehmen.

So gross die Verdienste also sind, so sehr ist es an der Zeit, dass Veränderungen eintreten. Und das geht nicht mit dem Überbeamten, der das Departement weitgehend mitgeprägt und über dessen Geschicke bestimmt hat. Kesslers Erbe ist bereits fest in der Verwaltung verankert. Jetzt obliegt es seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin, daraus etwas Neues zu schöpfen – oder an der gewaltigen Verantwortung, die dieses Amt mittlerweile mit sich bringt, grandios zu scheitern. Guy Morins Nachfolgerin Elisabeth Ackermann tut also gut daran, den Posten bewusst mit einer starken Person zu besetzen. Oder den Job neu zu definieren. Denn so wie er jetzt ausgestaltet ist, lässt er genug Raum, um einen neuen Kurfürsten der Basler Verwaltung im Schatten des Regierungsrats zu erschaffen. Somit ist jetzt schon klar: Die heisseste Kantonspersonalie dieses Jahres wird die Nachfolge von Thomas Kessler.