An der Fasnacht 1971 wurde das damals fast fertig gestellte Aquarien- und Terrarienhaus des Zoo «Wirrwarium» genannt, nicht nur wegen der verschlungenen Wegführung und der komplexen Haustechnik. Nein, die Fertigstellung des Hauses benötigte mehr Zeit als geplant, und es bedurfte grosser Experimentierlaune aller Betroffenen, die vielen neuen, teils noch unerprobten Materialien und Techniken ins Haus zu integrieren und – für so manche Tier- und Pflanzenart – einen passenden Lebensraum zu erfinden.
Vielbeachtete Nachzuchten
Das Vivarium wurde am 29. März 1972 dann doch eröffnet. Und wie: Das Publikum war begeistert und strömte in Scharen in den Zoo Basel, um ein bis dahin einzigartiges Themenhaus zu bestaunen. Das Vivarium als Gebäude folgte in aller Konsequenz einer neuen Idee: Die Besucher werden entlang einer Weltreise durch biologische Geschichten aus der Unterwasserwelt und durch das Thema Evolution geführt. Trotz der Anfangswirren erreichte das Vivarium in den folgenden Jahren schnell seine Bestform. Zunächst wurde es wegen seines neuartigen, spiralförmigen Rundgangs berühmt, dann wegen der wunderschön bepflanzten Aquarien. Bald kamen viele Zuchterfolge hinzu, so bei Diskus-, Clown- und Schleimfischen, Seepferdchen, Welsen oder Kardinalbarschen. Pantherschildkröten, Bartagamen und Krokodilschwanzechsen aus Vivariumsnachzucht fanden auch ausserhalb der Zoowelt grosse Beachtung. Viele seltene und bizarre Tierarten wurden im Vivarium einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Wer kannte vor dem Zoobesuch denn Königsseegurke, Röhrenaal oder Fetzenfisch? Die Piranha- und die Vieraugenfischzucht sind weltberühmt geworden, genauso wie die Haltung der leuchtenden Laternenfische.
Mit der Eröffnung des Vivariums 1972 wurde auch die EUAC – die europäische Union der Aquariumskuratoren – gegründet. Mittlerweile ist diese die wichtigste Berufs-Vereinigung für öffentliche Aquarien mit mehr als 120 Mitgliedern.
Kleines Vorbild fürs Ozeanium
Seit den Neunzigerjahren hat sich das Wissen über die Aquarientiere rasend schnell entwickelt. Neue Meerwasserrezepte, bahnbrechende Lichttechnologien und spezielle Filterapparaturen ermöglichten nun das Halten und Vermehren von Korallen, Quallen und anderen wirbellosen Tieren. Im Vivarium leben heute rund 5000 Tiere, sie stammen aus 450 verschiedenen Arten, sechs Kontinenten und den unterschiedlichsten Ökosystemen. Die Besucherführung – einmal rund um die Erde – ist seit der Eröffnung des Vivariums beibehalten worden. Auch in seiner Gesamtheit wurde das Haus nie verändert; zu gut hat sich das Konzept bis heute bewährt und das wird es auch noch weitere kommende Jahrzehnte.
Wenn in einigen Jahren das Ozeanium auf der Heuwaage eröffnet werden wird, dann will die Mannschaft des Vivariums bereit sein, das neue Haus zu beleben. Mit Schwärmen aus selbstgezüchteten Quallen oder hausgezogenen Korallengärten. Dazu wird schon heute geforscht, getüftelt und geschraubt. Damit aus dem Ozeanium dereinst kein zweites «Wirrwarium» wird.