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  • Binci Heeb / sm
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Der Frust mit der Lust: Basel ist Schweizermeister bei Tripper und der wird zunehmend resistent gegen Antibiotika

Gäbe es in der Schweiz eine Stadt der Liebe wie in Frankreich (Paris), dann wäre diese Stadt  wahrscheinlich Basel. Denn in unserer Stadt haben sich in den letzten Jahren gemessen an der Einwohnerzahl schweizweit am meisten Leute mit einer sexuell übertragbaren Krankheit angesteckt.

Anfang Jahr schrieb die Basler Zeitung noch von einer Syphilis-Epidemie in Basel, nun wird zum Thema, dass die Erreger der weltweit zweithäufigsten sexuell übertragbaren Krankheit Gonorrhoe (Tripper), resistent auf Antibiotika werden. Und bei der Anzahl von Tripperfällen hält unsere Stadt mittlerweile den Schweizer Rekord. Die Gründe hierfür dürften multifaktoriell sein, aus Studien weiss man, dass sexuelle Geschlechtskrankheiten in urbanen, internationalen Regionen mit jungen, heterosexuell aber besonders auch homosexuell aktiven Bewohnern gehäuft auftreten. Die Zahlen des BAG sprechen zwar für eine besondere Lustfreundlichkeit am Rheinknie, aber die Lust kann unter Umständen rasch zum Frust werden.   

Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt nämlich, dass die Zahl der an der Geschlechtskrankheit Gonorrhoe (Tripper) erkrankten Personen im Steigen sei. Weltweit infizieren sich jährlich 78 Millionen Menschen. Neben Chlamydien ist die als Tripper bekannte Gonorrhoe die am zweithäufigsten auftretende Geschlechtskrankheit.

«2015 wurden in Basel-Stadt ca. 100 Fälle mit Gonorrhoe registriert, was aberwahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs bedeutet, da Symptome bei dieser Krankheit fehlen können, sodass die Leute gar nicht zum Arzt gehen. Bis 2013 waren es noch etwa halbsoviele Fälle», sagt Dr. Simon Müller, Oberarzt Dermatologie am Basler Universitätsspital.

BAG Bulletin 46 vom 14. November 2016.

Wie äussert sich Gonorrhoe bei Mann und Frau?  

Einer der Gründe für die zunehmende Ansteckungsrate liegt darin begründet, dass die Krankheit symptomfrei auftreten kann. Tripper, wie auch andere Geschlechtskrankheiten (Chlamydien, Syphilis), wird durch ungeschützten Geschlechtsverkehr leicht übertragen. Zu den Symptomen beim Mann zählen vor allem der sogenannte «Bonjour-Tropfen», ein eitriger Tropfen, der morgens auftritt, aber auch Brennen beim Wasserlösen oder Irritationsgefühle an der Eichel. Seltener kann es auch zu zu einer Prostata- oder Hodenenentzündung kommen, die im schlimmsten Fall zu Unfruchtbarkeit führen kann. Je nach Sexualpraktik können auch Entzündungen im Rektum-, Mund-, Rachen-, und sogar im Augenbereich auftreten.

Bei Frauen sind die Symptome in Mund und Rektum ähnlich. Dazu kann eitriger Ausfluss mit möglichem Brennen oder Schmerzen beim Wasserlösen auftauchen sowie Störungen in der Monatsregel mit Zwischenblutungen. Bei aufsteigender Erkrankung können auch Eileiter betroffen sein, die Infektion kann sich schliesslich im gesamten Becken ausbreiten. Harmlos ist diese weitverbreitete Krankheit nicht: Bei einer von vier Frauen kann es in der Folge zu Unfruchtbarkeit oder Aborten kommen.

Meldepflichtige Geschlechtskrankheiten

In der Schweiz besteht eine Meldepflicht für Syphilis und Gonorrhoe. Ärztinnen, Ärzte, Spitäler und andere öffentliche oder private Institutionen im Gesundheitswesen aber auch Laboratorien sind angehalten Verdachtsfälle und bestätigte Diagnosen sowie klinische Befunde zu übertragbaren Krankheiten dem Kantonsarzt zu melden. Bei bestimmten Erregern zusätzlich auch dem Bundesamt für Gesundheit. Die Krankheitsmeldung ist das eine, die Strategien zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung des Trippers das andere. Hierbei empfiehlt das Universitätsspital ein sogenanntes «Tracing» der Sexualpartner, d.h. die Patienten werden gebeten ihre Sexualpartner über die diagnostizierte Geschlechtskrankheiten zu unterrichten, damit sie sich ebenfalls untersuchen lassen. Zum anderen ist aber die Prävention die wichtigste Massnahme, denn die Vermeidung der Ansteckung ist immer besser als die beste Therapie.

Kondome schützen vor Ansteckung 

Nach wie vor zählt das Kondom zum wirksamsten Schutz vor Geschlechtskrankheiten. Einen hundertprozentigen Schutz gibt es aber nicht, da die Infektion auch durch einfaches Küssen übertragen werden kann. Selbst durch kleinste Schleimhautläsionen entfällt der natürliche Schutz. Bei der Verwendung von Kondomen gilt es die vom Bund herausgegebenen Safer Sex-Richtlinien zu befolgen, neu sind sie nicht:

Das BAG empfiehlt zudem jeder Person, die pro Jahr mehr als 5 Sexualpartner hat, sich einmal jährlich auf eine sexuell übertragbare Infektion untersuchen zu lassen.

Gonorrhoe wird antibiotikaresistent

«In Basel ist das Antibiotika-Resistenzproblem zur Behandlung der Gonorrhoe noch nicht so zugespitzt wie in anderen Regionen der Welt, aber es ist wichtig, diese Krankheit nach den genauen Vorgaben der WHO zu behandeln, um das Resistenzproblem in Schach zu halten», sagt Simon Müller. So wird in der Regel eine Kombinationstherapie mit zwei Antibiotika anstelle einer Monotherapie empfohlen und der Behandlungserfolg sollte mit einem «Test of cure» überprüft werden. Eine weitere Strategie der WHO ist es, neue Antibiotika zu entwickeln.

Drei neue Antibiotika in Entwicklung

Drei neue Antibiotika sind im Moment in der klinischen Studienphase, dürften aber erst in einigen Jahren auf den Markt kommen. Was positiv tönt, ist möglicherweise nur eine vorübergehende Lösung, da sehr wahrscheinlich auch bei den neuen Medikamenten Resistenzen auftreten werden. Weil es sich bei Antibiotika um Medikamente handelt, die im Gegensatz zu einem Blutdruck- oder Diabetespräparat nur über eine kurze Zeit eingenommen werden müssen, ist deren teure und jahrelange Entwicklung für die Pharmaindustrie wenig attraktiv- gerade weil Resistenzentwicklungen eine noch kürzere Lebensdauer eines Medikaments bedeuten können.

Der Spass beim kurzen ungeschützte One Night-Stand ist also riskant. Helfen Sie Basel also für einmal die Rolle des Schweizer Meisters möglichst schnell wieder los zu werden und beherzigen sie den immer noch aktuellen Refrain von Polo Hofers Song von 1987: «Im Minimum en Gummi drum». 

 

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