Bau- und Verkehrsdepartement, Dufourstrasse 40: Franziska Furter, We have all the time in the world, 2005. Foto: Gina Folly
Bau- und Verkehrsdepartement, Dufourstrasse 40: Franziska Furter, We have all the time in the world, 2005. Foto: Gina Folly
  • Jonas Egli
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Der Kunstkredit: Kein Kredit, sondern ein Geschenk an alle

Bürodekoration auf der einen Seite, wichtiges Instrument der Kunstförderung auf der anderen: Der Kunstkredit Basel-Stadt kauft und fördert seit 1919 die hiesige Szene. Aber nicht jeder in Basel weiss, dass es ihn gibt oder was er tut. Etliche Kunstwerke aus der Sammlung schmücken die Büros, Sitzungszimmer und Foyers von Schulen, Spitälern und Verwaltungsgebäuden oder sind in die Bauten der Stadt integriert. Doch es ist mehr als das.

Der Kunstkredit Basel-Stadt wurde 1919 gegründet, um die regionale Kunstszene zu unterstützen. Europa war eine einzige Narbe, die Bevölkerung dezimiert, zerstreut und arm, die Wirtschaft war am Boden. Das allerletzte, was nach dem Krieg noch Käufer fand, war Kunst. Katrin Grögel, die Leiterin des Kunstkredits Basel Stadt, erklärt, dass in dieser Zeit nicht nur in Basel, sondern in ganz Europa staatliche Kunstsammlungen, einsprangen, um der darbenden Künstlerschaft über die Runden zu helfen. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jh. gab es zwar Museen, diese waren aber vorwiedend historisch ausgerichtet. Als erste Intitutionen für zeitgenössische Kunst interessierten sich Kunstvereine. 

Justiz- und Sicherheitsdepartement, Einwohneramt, Spiegelgasse 6: Edit Oderbolz, Ohne Titel, 2010. Foto: Gina Folly

4’700 Werke und es werden immer mehr
Seit 1919 ist die Sammlung des Kunstkredits auf über 4’700 Werke angewachsen, von denen sich etwa die Hälfte in Depots befinden. Es ist, wie Katrin Grögel erklärt, in der Kunstkreditverordnung festgehalten, dass «Bestand und Betreuung der Sammlung an einem Standort im Kanton Basel-Stadt zu gewährleisten sind.». Doch nicht nur die Armut der Künstler war für die Gründung des Kunstkredits ausschlaggebend, sondern auch das Repräsentationsbedürfnis der Kunstschaffenden und der Bildungsanspruch von Politikern. Erstere wollten vermehrt im Stadtraum präsent sein, letztere wollten über die Sichtbarmachung von zeitgenössischer Kunst einen Bildungsanspruch einlösen und vielleicht auch ihre Stadt verschönert haben. So kam es zur ersten Fördermassnahme in Form von Ausschreibungen für Kunst am Bau. Eine win-win-Situation, auch heute noch: Der Findling im Neubau der St. Jakobshalle stammt von Eric Hattan, Träger des Basler Kunstpreises 2016. Die Realisierung der Arbeit wurde vom Bau-und Verkehrsdepartement und dem Kunstkredit gemeinsam ermöglicht. Das Sandgrubenschulhaus erhielt 2016 mit «It’s this rug I have, it really tied the room together» von Claudia & Julia Müller einen Fliesenteppich, der im Kontrast mit den Mosaikarbeiten von Rudolf Maeglin steht, die 1955 ebenfalls vom Kunstkredit juriert und beim Umbau versetzt wurden. Ob die Schüler die filmische Referenz verstehen, sei dahingestellt, jedenfalls wird diesen Teppich niemand entwenden.

Kunst und Bau Sandgrubenschulhaus: Claudia & Julia Müller, It’s this rug I have, it really tied the room together, 2016. Foto: Serge Hasenböhler

Auch ein Kunstkredit geht mit der Zeit
Auf die ersten Formen der Unterstützung folgten weitere Fördergefässe. Seit den 1990er Jahren gibt es die «Projektbeiträge», die heutigen «Werkbeiträge» hiessen früher «Basler Künstlerstipendien», denn bis Anfang 2000 waren sie Teil des kantonalen Stipendienwesens, es gibt auch einen Performance-Preis in Kooperation mit anderen Kantonen. Heute hat der Kunstkredit ein ganzes Arsenal von Fördergefässen. In keinem Sinne ist es ein Kredit: Die Fördergelder, Grögel zählt auch die Ankäufe dazu, müssen nicht zurückgezahlt werden und werfen auch keine Zinsen ab. Die Regierungsräte und die Angestellten des Kantons können mit den Werken aus der Sammlung ihre Arbeitsräume mit ausgestalten. Auch werden immer wieder wichtige Sammlungswerke für Wechselausstellungen in renommierte Kunstinstitutionen ausgeliehen. Qualitative Kriterien sind bei den Förderentscheiden heute ausschlaggebend – so finden sich heute in der Sammlung Werke der verschiedensten Medien: Gemälde, Installationen, Videos und Fotografie, digitale Werke, Skulpturen und Zeichnungen.

Auch diese Arbeit entstand dank einem Werkbeitrag des Kunstkredits: Johannes Willi, Freiheit in Gefahr, 2016. Ausstellungsansicht Kunstmuseum Basel / Gegenwart, 2016. Foto: Gina Folly

Warum brauchen noch heute Künstler solche Förderung, wo wir nicht mehr in Kriegszeiten leben? Grögel meint: «Die Kunstschaffenden brauchen auch heute noch Unterstützung. Unser Auftrag ist es, die Qualität und Vielfalt des Kunstschaffens in der Region zu fördern. Ein Ankauf des Kunstkredits hat Gewicht im Lebenslauf einer Künstlerin oder eines Künstlers.» 

Zivilgericht, Bäumleingasse 5: Silvia Bächli, Schnee bis Lofoten und Anordnung bis Eismeer, Coulees bis zweimaldrei und Licht bis Zweige, 2002. Foto: Gina Folly

Leihgaben an Museen sind heute häufiger als früher. Werke Niklaus Stöcklins aus der Sammlung Kunstkredit etwa sind gerade im Museum Oskar Reinhard in Winterthur ausgestellt. Abgesehen davon hat der Kunstkredit seine jährliche Ausstellung sozusagen re-partriieren können: Nachdem die Jahresausstellung mangels eigenen Räumen jahrelang aufs Kunsthaus Baselland und andere Orte ausweichen musste, konnte seit 2014 die Kunsthalle Basel als geeigneter Partner für die jährliche Präsentation der Werkbeiträge gefunden werden. 

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