Das Paar sitzt auf einem Laken, der Faltenwurf schmiegt sich aber nicht schlicht um die Körper, er wiegt die zwei auf kleinen Wogen aus Licht und Schatten und doch: Beide scheinen gleichsam darauf zu schweben, zwei Menschen, ein Mann, eine Frau, ihre Berührung nicht innig, aber zärtlich, in der Hand der Frau: eine Zigarette. Der Blick beider ist aus dem Fenster gerichtet. Es ist eine Szene der Romantik: Draussen wuchtige Natur, der Berg besänftigt im morgendlichen Dunst, die Wellen ein Silbertablett für die Sehnsucht. «Philip Morris» heisst das Bild, eine Auftragsarbeit, und das Werk ist eine Komposition durch und durch. Ein Bild wie aus Marmor, aber geformt, nicht gemeisselt.
Der Fensterblick, der Blick überhaupt: Ein Motiv bei Christian Vogt, dem Fotografen aus Basel, der nie ein Basler Fotograf war, sondern von früh an in die Weite zog. In die Weite der grossen Werbefotografie, in die Welt, wie ein Entdeckungsreisender, einer der lange schaut, bis er sieht – mehr und mehr. «Photography is a unique medium for registering the passage of time», sagt Vogt im Interview, das als Anhang seines gerade erschienen Bandes «The longer I look» gedruckt ist. «Fotografie ist ein einzigartiges Medium, um die Vergänglichkeit der Zeit zu erfassen», heisst das auf Deutsch. Zeit, Momente: Ein immer wiederkehrendes Motiv, wie die Sehnsucht, wie die Körper und deren Körperlichkeit. Denn hinsehen, das heisst auch: nicht wegschauen.
Die Körperlichkeit der Zeit
Vogt ist ein Poet unter den Fotografen. Seine Spurensuchen begleiten seinen Alltag, überall, wo Zeit wirkt – und Zeit wirkt überall. Vogt führt den Blick des Betrachters gekonnt, aber nie aufdringlich, er diktiert nicht, er begleitet, lädt zum Entdecken ein. Schau, sagen die Bilder, schau, das habe ich gesehen, schau auch hin, was siehst du?
«The longer I look» dokumentiert das künstlerische Werk des 1946 geborenen Baslers, der seit 1970 als Fotograf tätig ist und international ausstellt, mit Prominenten arbeiten und mit Unbekannten. Gemeinsam mit seiner Frau Susan bildet er ein perfektes, kreatives und unternehmerisches Team, stets mit Sitz in Basel und einem Atelier an der Wallstrasse. Wer es betritt, glaubt, die Zeit plötzlich wieder zu spüren, präsent zu sein: Ein ehemaliger Industrieraum, gross, geräumig, die Wände kühl, aber der Raum ist dennoch warm, gefüllt mit Herzlichkeit und der Präsenz eines Mannes, der eine Ruhe ausstrahlt, als ob er die Zeit tatsächlich gesehen hätte.
Entstanden sind die Bilder des Bandes während Vogts gesamter Schaffenszeit. Gestaltet wurde das Buch von Matthias Huber, abgeschlossen wird es durch ein Interview, dass Martin Gasser geführt hat, Kurator der Fotostiftung Schweiz Winterthur. Das Buch, schreibt Vogt in einer kurzen Notiz, sei all jenen gewidmet, die gerne hinschauen, und denen, die gerne sehen. Und diesen Anspruch erfüllt es voll und ganz.
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Vernissage «The longer I look» von Christian Vogt, Donnerstag, 1. Juni, 18 bis 20 Uhr, Galerie Gisèle Linder, Elisabethenstrasse 54, Basel. Das Buch ist im Verlag Scheidegger & Spiess erschienen, 264 Seiten, 380 Abbildungen, Text Englisch, 69 Franken.
Collarbones, Installation
From Outlookers, 1977-1978
Rote Serie, 1976
Meret Oppenheim – last portrait, 1985
From Museums, 1984
From Photographic Notes, since 1981
James Turrell, 1987
From Idem diversum, 1991-1995, Tomi Ungerer & Priesterin
Philip Morris, 1987
The healing places, Oasis of Mara, 1996
From Vestiges, since 1986
From Århus, 1992, the theater seat of Queen Margrethe II
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