Bild: Keystone
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  • Jonas Egli
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Der Wintercheck fürs Velo: «Ein wenig Patina ist ganz gut»

Nässe, Glätte, Dunkelheit und Salz, das sind die Velofeinde im Winter. Wir haben die Experten gefragt, wie man sich rüstet und was man lieber nicht tun soll.

Das Veloerlebnis in der kalten Jahreszeit ist mit dem Genussradeln im Sommer nicht zu vergleichen. Damit der Arbeitsweg für die Unbeugsamen nicht zur gefährlichen Rutschpartie wird, haben wir die Experten gefragt. Jérôme Thiriet von der Kurierzentrale, Jacqueline Arm vom Obst & Gemüse und André Gunzenhauser vom CO13 sagen: Viel müsse man nicht tun, aber ein paar Punkte gilt es zu beachten.

Hauptproblem Dunkelheit

Die Profis sind sich einig: Das Hauptproblem ist die Dunkelheit. Zuerst sollte man danach sehen, dass die Lichter in Ordnung sind. Auf der Fahrbahn lauern im Winter Gefahren die im Sommer noch harmlos anmuten, besonders Dohlendeckel sind ein unterschätztes Problem: Im abendlichen und morgendlichen Dunkel fast unsichtbar, sind sie bei Frost und Nässe kleine, fiese Rutschbahnen. Gesehen werden ist ebenso wichtig, wie André Gunzenhauser meint: «Ein paar Reflektoren können nicht schaden, denn auch die Reaktionszeiten und Bremswege der anderen werden länger.» «Ein Brems-Check lohnt sich, schwache Bremsen fallen im Winter viel mehr ins Gewicht,» meint Gunzenhauser weiter. Scheibenbremsen haben weniger Probleme, da sie weit weg vom Dreck sind. Felgenbremsen sollte man im Herbst neue Beläge spendieren. Die Profis raten, auch die Felgen zu kontrollieren. Mit der Zeit werden diese dünner und das Streusalz greift das Aluminium zusätzlich an. Alte Felgen können beim Bremsmanöver im schlimmsten Fall unverhofft platzen.

Salz im Getriebe

Grundsätzlich muss das Getriebe vor Matsch und Salz geschützt werden, welche allen mechanischen Teilen zusetzen. Besonders jene, die sich ständig und flüssig bewegen sollten, ächtzen im Winter bald. Thiriet und Gunzenhauser raten dazu, etwas grosszügiger mit dem Öl zu sein und sogar lieber etwas weniger zu reinigen: «Das klingt komisch, wenn das von einem Velomechaniker kommt, aber ein wenig Patina ist tatsächlich ganz gut.» Am besten ist es, hin und wieder mit lauwarmem Wasser das Salz abzuspühlen und erst im Frühling alles wieder auf Hochglanz bringen. Auf keinen Fall mit dem Hochdruckreiniger nachhelfen! Jacqueline Arm rät, das Rad im Winter eher regelmässig zu warten, statt sich einmal im Jahr einem panischen Grossputz hinzugeben. Am besten sei natürlich beides.

Winterpneus lohnen sich nicht, Winterkleidung aber schon

Vor allem aber rüste er nicht das Rad, sondern sich selbst, betont Jérôme Thiriet. Handschuhe und Regenhosen machen die Sache viel angenehmer. Wer die Schutzbleche wieder in Form biegt, kann den gefürchteten, ganztägigen, braunen Schneematsch-Streifen am Rücken verhindern. «Was wir aber machen, ist, dass wir die Reifen im Winter eine Nummer grösser wählen,» meint der Chefkurier. Spezielle Winterpneus seien allerdings nicht nötig, solange das Profil in Ordnung ist. Es gibt zwar Winterpneus mit weicheren Gummimischungen, aber laut André Gunzenhauser lohnt sich die Mühe in der Stadt kaum. Eher in der Agglomeration, wo der Schnee auch liegen bleibt. Für E-Bikes seien Spike-Reifen erhältlich, aber laut Jacqueline Arm sind auch diese im Asphaltdschungel eher ineffektiv. 

Die E-Bikes halten auch im Winter durch

Die Akkus der E-Bikes leiden in der Kälte etwas, ihre Reichweite sinkt. Wer dagegen ankämpfen will, dem rät Jacqueline Arm zu speziellen Neoprenhüllen. Das Problem sei aber eher zweitrangig. Auch die E-Bikes in Thiriets Fuhrpark sind problemlos in der Kälte unterwegs: «Eher machen die Handys schlapp.» Und wieder: die Batterien der Lichter schwächeln schneller.

Der grösste Fehler

Viele werden im Winter ganz auf das Rad verzichten und in die Wärme der öffentlichen Verkehrsmittel flüchten, wenn der erste steife Wind durch die Glieder fährt. André Gunzenhauser warnt vor einem der häufigsten Fehler. «Viele fahren tapfer durch die ersten paar Schneeschauer und stellen dann das Rad in den feuchten Keller. Das Streusalz kann dort seine wahre Kraft entfalten und dem Velo arg zusetzen. Bevor man es einmottet, sollte man das Rad abwaschen und leicht fetten. So erspart man sich eine böse Überraschung.» Im Frühling sollte dann alles einmal demontiert und neu gefettet werden, da sind sich alle einig. Tipp: Vor dem Auseinanderschrauben komplizierter Teile ein Foto machen.

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Pro Velo beider Basel führen am Donnerstag, 16. November auf dem Marktplatz anlässlich des «Tags des Lichts» eine Lichtaktion durch. Zwischen 17.30 – 19.30 Uhr können interessierte Velofahrer ihr Velolicht gratis reparieren lassen.

 

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