Redaktionskollegen Désiré und Désirée (v.l.n.r). Bild: barfi.ch
Redaktionskollegen Désiré und Désirée (v.l.n.r). Bild: barfi.ch
  • Désiré Heimlicher
  • Aktualisiert am

Désiré Baslerin oder Basler?

Was haben sich meine Eltern bloss dabei gedacht? Als hätte ich mit meinem Nachnamen (Heimlicher) nicht schon genug zu kämpfen, verpassen sie mir noch als Zugabe - einem Basler Knaben - den Vornamen Désiré, der mir, dem heterosexuellen Mann Zeit meines Lebens Missverständnissen aller Art Tür und Tor öffnet. Die Reaktionen: behaftet mit Zweifel und nicht selten urkomisch. Für Behörden trotz  Geburtsurkunde und Schweizer Pass unglaublich.

Ist doch ein schöner Name, denken Sie jetzt vielleicht. Da bin ich Ihrer Meinung, das Problem ist aber folgendes: ich bin ein Mann. Und Sie können sich gar nicht vorstellen, wie oft ich im Laufe meines Lebens Erläuterungen zu meinem Namen im Besonderen und zu französischen Vornamen im Allgemeinen abgegeben habe. 

Sich vorzustellen, artet in Arbeit aus

In der Regel läuft das Einstiegs-Gespräch so ab:

Frage: «Wie heisst du denn?»

Antwort: «Désiré.»

Frage: «Ist das nicht ein Frauenname?»

Antwort «Doch, auch. Fast alle französischen Namen sind für beide Geschlechter kompatibel, bei Frauennamen wird einfach noch ein «e» angehängt, wie bei Renée oder Andrée.»

Frage: «Das ist gar nicht ungewöhnlich, doch Désiré als Männername ist doch selbst in Frankreich sehr, sehr selten?»

Antwort: «Unglücklicherweise ja.»

Im besten Fall ist das Vorstellungsritual damit beendet, manchmal ufert es aber auch aus. Würde jedes Mal, wenn sich diese Litanei abspult eine Gebühr fällig, verfügte ich über nicht zu unterschätzende Einnahmequellen.

Post, Militär und andere Unannehmlichkeiten

Beginnen wir mit Irritationen, welche mein Name bei Firmen oder Personen auslöst, die mir schreiben oder ein Paket schicken. In den meisten Fällen ist diese Post nämlich an Frau Désiré Heimlicher adressiert. Selbst dann, wenn ich bei der Bestellung, Registrierung oder Anmeldung bei der Rubrik «Anrede» mit starker Hand das Kästchen für «Herr» angekreuzt habe. Muss ich eine Sendung bei der Poststelle abholen, nützt es nichts, dass ich meine ID zusammen mit der Abholungseinladung vorlege. Die Frage, ob ich eine Ermächtigung von Frau Heimlicher hätte, folgt unweigerlich.

Meinem Namen hatte ich es zu verdanken ein Jahr später als eigentlich vorgesehen den Marschbefehl für die Aushebung erhielt. Beim EMD war ich aufgrund meines Namens nicht auf der Liste wehrfähiger junger Männer vertreten. Den Vorwurf des Aushebungsoffiziers, ich hätte mich ja von mir aus melden können, liess ich abperlen.

Geteiltes Leid ist nicht immer halbes Leid

Nun will es es der Zufall, dass eine meiner Kolleginnen bei barfi.ch den gleichen Namen wie ich trägt. Zu meiner grossen Verwunderung klagt sie über nicht seltene ähnliche Probleme was die Adressierung ihrer Post betrifft, Absender ist da ausgerechnet meist ihre Krankenkasse. Inzwischen habe ich ja verstanden und akzeptiert, dass die meisten Leute Désiré als reinen Frauennamen kennen. Aber das jetzt eine Namenscousine das gleiche, nur umgekehrt durchlebt wie ich, ist für mich nur sehr schwer erfassbar. Wenn das Geschlecht eines Menschen heute und wohl noch auf lange Zeit hinaus von grösster Bedeutung ist, dann doch gerade im Gesundheitswesen.

Warum Désiré ausgerechnet bei mir?

Meine Mutter hatte Westschweizer Wurzeln, was schon mal die Wahl eines französischen Vornamen erklärt. Désiré bedeutet «der Erwünschte», das lasse ich einfach mal so stehen. Möglicherweise reizte meine Eltern auch die französisch-deutsche Wortspielerei zwischen meinem Vor- und Nachnamen. Ich habe sie nie danach gefragt, sonst müsste ich wohl jeweil noch ausführlichere Auskünfte geben, wenn mich jemand nach dem Grund meines Namens fragt. Übrigens, es gibt in Basel noch einen Mann mit dem Namen Désiré. Den habe ich als Teenager per Zufall mal kennengelernt. Wir hatten damals reichlich Gesprächsstoff. Heute ist er im Adressverzeichnis nicht mehr zu finden. Vielleicht ist er weggezogen, am einfachsten wohl nach Frankreich.