Elsa Mahler (links) mit Begleitung. © https://unigeschichte.unibas.ch/
Elsa Mahler (links) mit Begleitung. © https://unigeschichte.unibas.ch/
  • Christine Staehelin
  • Aktualisiert am

Die Leiden der ersten Professorin der Universität Basel

Elsa Mahler war die erste Professorin der Universität Basel. Trotz ihrer wissenschaftlichen Leistungen und der Pionierrolle in der Slavischen Forschung, lebte sie in Armut und wurde während des Kalten Krieges der kommunistischen Propaganda verdächtigt. An der Museumsnacht stellt das Staatsarchiv Basel-Stadt die ausserordentliche Wissenschaftlerin vor. 

Eigentlich wollte die Wissenschaftlerin Elsa Mahler gar nicht in Basel bleiben. Vorgesehen hatte die gebürtige Russin nur eine Weiterbildung im Jahr 1920 an der Universität Basel, doch die sowjetischen Behörden verwehrten ihr die Rückkehr. Der damals 38-jährigen Wissenschaftlerin war die Schweiz nicht unbekannt, wanderte ihr Vater doch im 19. Jahrhundert aus der Schweiz nach Russland ausund so blieb sie 1920 in der Stadt am Rheinknie. Obwohl vieles unklar war, so stand für Elsa Mahler eines sicher fest: Sie wollte weiterhin wissenschaftlich arbeiten. Dass sie achtzehn Jahre später als erste Frau der Universität Basel zur ausserordentlichen Professorin ernannt werden sollte, hatte sie damals wohl nicht geahnt. 

Selbst ist die Frau

1924 promovierte sie in ihrem Spezialgebiet, den Altertumswissenschaften. Doch während den Jahren in Basel haben sich ihre wissenschaftlichen Interessen verschoben, von der Antike zur Slavistik. 1923 wurde sie Russisch-Lektorin an der Universität Basel. Der Entscheid der Uni und der Stadt Basel half nicht nur Elsa Mahler. Auch Basel profitierte davon, brachte Mahler doch während  knapp vier Jahrzehnten die russische Sprache, Literatur und Kultur nach ans Rheinknie. 1928 wurde sie als erste Privatdozentin der Universität Basel bestätigt, war somit die erste Frau, die eine Universitätsstelle innehatte. Neben Lektoratsstunden hielt sie auch Vorlesungen zur russischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts. 1938 wurde sie zur ausserordentlichen Professorin ernannt und trug als erste Frau an der Universität Basel einen Professorentitel.

Entbehrungen und Verbitterung

Doch die Pionierrolle forderte auch Tribute. Elsa Mahler schrieb im Jahr 1936 an den Prorektor der Universität Basel, Paul Häberlin, von ihren Nöten. «Sie wissen kaum, zu welch' einer Einsamkeit so eine Dozentin inmitten von Euch allen, den Herrn der Schöpfung verurteilt ist. Allein mit ihren Menschenfragen, allein mit ihren wissenschaftlichen Schwierigkeiten, allein mit den Sorgen des Alltags.» Doch nicht nur die Einsamkeit war für die Wissenschaftlerin eine Bürde, sie lebte während ihrer gesamten Zeit in Basel in Armut. «Ich bin ganz arm. Seit 13 Jahren habe ich noch nie ausgeruht. Wenn ich studienhalber reise, lebe ich in Spelunken, in denen niemand von euch leben wollte.» 

Sie bat die Universität immer und immer wieder um eine Lohnerhöhung, oft vergeblich: «Ich fasste mir ein Herz und sandte der Fakultät ein Gesuch um Festlegung eines menschlichen Gehaltes für mich.» Zwar gab es Verbesserungen, doch Elsa Mahler fühlte sich zeitlebens ungerecht behandelt. «Je mehr ich nachdenke, sehe ich mich durch die Basler Universität ungerecht behandelt. Ich habe hier unter denkbar ungünstigen Bedingungen 40 Jahre, ohne Unterbruch, gearbeitet, habe allen Stimmungen zum Trotz ein Institut geschaffen, das immer weiterexistieren wird», schreibt sie im Oktober 1964.

Unter Verdacht

Während des Zweiten Weltkrieges stieg das Interesse an der Russischen Sprache und Kultur, auch in Basel. In dieser Zeit publizierte Elsa Mahler Lehrbücher der Russischen Sprache.

Doch in den ersten Jahren des Kalten Krieges schlug die Stimmung um. Russland bedeutete Kommunismus, aus dem «Russischen Seminar» wurde das «Slavische Seminar»

Auch ihre Arbeit wurde mit Skepsis beobachtet und sie kam in den Verdacht, Propaganda für den Kommunismus zu betreiben. Viele anonyme Anzeigen gingen bei der Schweizerischen Bundesanwaltschaft gegen die Wissenschaftlerin ein. In einer Anzeige hiess es, dass sie «in versteckter Form Propaganda für den Kommunismus macht und wahrscheinlich als Edelkommunistin anzusprechen sei.» Doch die Untersuchungen bestätigten diese Berichte nicht und 1951 wurde die Akte «Elsa Mahler» geschlossen.

38 Jahre im Dienst der Universität Basel

Zwei Jahre später wurde sie emeritiert, hielt aber weitere neun Semester Lehraufträge an der Universität Basel. «Ich musste wieder selber lesen und zwei Seminar leiten, was mir nicht passt, da ich an einem Buch schreibe», so Elsa Mahler in einem Brief an einen Kollegen. Erst sieben Jahre nach ihrer offiziellen Emeritierung fand sie in Hildegard Schroeder eine geeignete Nachfolgerin. Elsa Mahler hielt noch ein Jahr Kurse ab, zwar nicht mehr an der Uni, sondern bei sich zu Hause. Ihre letzten Jahre verbrachte sie im Alters- und Pflegeheim Humanitas in Riehen, wo sie nach längerer Krankheit mit 88 Jahren verstarb. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Friedhof Hörnli.

Im Staatsarchiv Basel-Stadt sind die Dokumente ihres einzigartigen Lebenslaufes verwahrt. An der Museumsnacht können Besucherinnen und Besucher des Staatsarchivs in ihr Leben eintauchen. 

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