1963: Da hing das Schild noch am Eingang des Lokals an der Leonhardsstrasse 7. Bild: © Baseldytschi Bihni
1963: Da hing das Schild noch am Eingang des Lokals an der Leonhardsstrasse 7. Bild: © Baseldytschi Bihni
  • Jonas Egli
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Die Sprachbewahrer: Die «Baseldytschi Bihni» feiert ihr 125stes Jubiläum

Das Traditions-Theater «Baseldytschi Bihni» wird nächstes Wochenende 125 Jahre alt. Es ist ein Ensemble, welches sich dem lokalen Dialekt verschrieben hat wie niemand sonst.

Die «Baseldytschi Bihni» wurde 1892 an einem Samstagabend anlässlich einer Hochzeitsfeier im damaligen «Clarabad», oder, wie es richtig heisst: «Gloorebad», und laut einer Festschrift auch in einem Zustand, den eine Hochzeit so nach sich zieht, als «Dramatische Gesellschaft Basel D.G.B» gegründet. Den heutigen Namen erhielt das Theater 1925 und es verstand sich schon damals als Heimatschutztheater, welches sich der lokalen Kultur verpflichtete. 

Aufführung des Stücks «Imbergässli 7», 1947. Bild © Baseldytschi Bihni

Bis Anfang der 60er Jahre hatte das Ensemble keine feste Bühne, sondern musste sein Programm mit Vereinsanlässen und Auftritten in «Baizen» über Wasser halten. Mit der fortschreitenden Kommerzialisierung der Gastroszene verschwanden aber die «Sääli» der Restaurants und Beizen und damit auch die Bühnen des Theaters, bis das Ensemble schliesslich 1963 der Leonhardsstrasse ein festes, eigenes Lokal fand.

Carl Miville–Seiler, Ständerat des Kanton Basel-Stadt, Vater des heutigen Sprachdetektivs der Baseldytsche, gratulierte 1992 dem Theater bereits zum 100-jährigen. Auszug aus der Festschrift von 1992, © Baseldytschi Bihni

Die National-Zeitung berichtete 1963 vom Programm, und siehe da, die Themen, die die Bebbi bewegten, sind bis heute dieselben geblieben: Es ging um «den Moloch Verkehr», das Nachtigallewäldeli und ein Rhybadhysli. Damals strebte das Theater einen Genre-Wechsel an, von Krimi auf Komödie, der bis heute den Schwerpunkt bestimmt.

Ein Plakat der Baseldytsche Bihni. Bild © Baseldytschi Bihni

1995 zog das Theater dann an den heutigen Standort im Lohnhof ein, wo es am Wochenende ihr 125-jähriges Bestehen feiert. Mit dabei: Ein längst vergessenes Relikt der Vergangenheit.

Das Schild von der «Lienertsstrooss»

Über dem Eingang des Lokals an der «Lienertsstrooss» hing ein Schild, welches nach langer Absenz heute im Sitzungszimmer im Lohnhof hängt. Das Schild, welches an der «Lienertsstrooss» den Weg ins Lokal wies, wurde beim Umzug von einem unbekannten Vereinsmitglied im Keller sicher aufbewahrt. Und ging prompt für Jahrzehnte vergessen. Erst letztes Jahr wandelte ein Schauspieler der «Baseldytsche» durch die Stadt und entdeckte das besagte, vergessene Schild in einer Mülltonne. Der Aufbewahrer wollte es nach Jahrzehnten entsorgen und nur durch diesen unglaublichen Zufall fand es zwanzig Jahre später wieder zurück zum Theater.

Das Originalschild hat den Weg von der Leonhardsstrasse in den Lohnhof nur mit Umwegen gefunden. Bild: barfi

Sprachbewahrung zwischen «Ryygass» und «Dalbaneser»

Wie dem Namen unschwer zu entnehmen ist, ist die «Baseldytschi Bihni ein Dialekttheater und legt viel Wert auf korrekten Wortschatz wie Aussprache. Vorstandsmitglied Pirmin Muggehirni, wie er sich vorstellt, weiss auch, dass sich jede Sprache verändert, trotzdem hat man einen Baseldytsch-Berater, der schaut, dass der «Schrank» richtig «Kaschte» heisst und der weiss, was eine «Blädderscherhalle» (Pissoir), ein «Fangyse» (Ehering), ein «Dilldapp» (ein Depp) oder eine «Gäggsnase» (ein vorlautes Mädchen) ist. Es ist kein geringerer als Carl «Meewyl» Miville, der wohl engagierteste Verteidiger der lokalen Sprachvariation. Die meisten Stücke spielen in Basel selbst, womit die Sprache weitgehend vorgegeben ist, wenn es auch Unterschiede gibt.

Gerahmtes Plakat von früher im Vereinslokal im Lohnhof. Die Übersetzung würde heute wohl etwas anders lauten und sechsstellige Telefonnummern gibt es ebenfalls nicht mehr. Bild: barfi

Es soll ein «lebendiges Baseldytsch» sein, kein Daig- oder Fasnachtsdialekt, sondern etwas zwischen «Ryygass» und «Dalbaneser, wie man mir erklärt. Auf die Frage, ob denn auch Auswärtige zugelassen würden, fällt die Antwort klar aus: Manchmal verlange ein Stück eben nach einem Berner oder einem Zürcher, aber die Botschaft ist klar: Der «Schnaabel» muss richtig gewachsen sein. (Sorry, Allschwil Posse). Regisseur Thomas Müller ist selbst ein «Schwob», und obwohl er sich auch schon ein paar Jahrzehnte am Rheinknie aufhält, kann er aus eigener Erfahrung sagen: «Die Basler sind da unbarmherzig.»

Eröffnungsabend in der Leonhardsstrasse, 1963, gezeigt wurde ein «Fauteuil»-Cabaret. Bild: Baseldytschi Bihni

Kennsch «Dr kaputtig Haafe»?

Ab etwa 1965 hat sich das Ensemble vor allem darauf konzentriert, Werke der Weltliteratur auf Baseldytsch zu übersetzen, und zwar brezyys!, und aufzuführen. So wurde Philip Mackies «The whole truth» mit «E Lug zvyl» übersetzt und aus Heinrich von Kleists zerbrochenem Krug wurde «Dr kaputtig Haafe». Heute sind es zunehmend Eigenproduktionen, die mit Regisseur Müller inszeniert werden und an bis zu 40 Aufführungen pro Saison über die Bühne gehen.

«In dr 'süssen Maus'», 1925. Bild © Baseldytschi Bihni

Am 9. und 10. September feiert das Basler Theaterensemble ihr 125. Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür, mit Führungen und Aufführungen und Goschdym-Prämierung. Einen Monat später eröffnet der Verein die neue Saison im Lohnhof 4.

Original Bildlegende: «Die Sitzungsecke im alten Probenlokal an der Clarastrasse», 1949. Bild © Baseldytschi Bihni

Mit dem Jubiläum will der Verein wieder mehr Mitglieder locken und vor allem Junge dafür zu begeistern, im Theater bei den über 50 Vorstellung pro Saison mitzuspielen, um damit auch ein entsprechendes Publikum zu gewinnen.

Wie seit dem ersten Tag der «Baseldytsche Bihni» unverändert, ist der Eintritt frei und es gibt eine Kollekte. 

Weitere Informationen und das Programm zum Jubiläumswochende finden Sie hier.