Alle sollen an einem Strick ziehen, aber es klappt nicht immer mit dem gelben Seil, ein Bild aus einer Kampagne des Gewerbeverbandes. Bild: Gewerbeverband BS
Alle sollen an einem Strick ziehen, aber es klappt nicht immer mit dem gelben Seil, ein Bild aus einer Kampagne des Gewerbeverbandes. Bild: Gewerbeverband BS
  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Die Wirren des Datenschutzdschungel und wie sich selbst der professionelle Basler Gewerbeverband darin verheddert

Der Basler Gewerbeverband ist unbestritten eine gute und professionell geführte Sache für das lokale Gewerbe. Und er nimmt den Datenschutz wie es sich gehört sehr ernst. Ende letzte Woche veröffentlichte er eine angepasste Erklärung. Juristisch absolut korrekt und zugleich eines der schier unzählbaren Beispiel, wie schwierig es der Gesetzgeber sämtlichen Institutionen im Netz mit seinen Auflagen macht.

Der Basler Gewerbeverband wollte alles richtig machen: Ende letzter Woche passte er seine Datenschutzerklärung an. Das wurde nötig, weil die EU ihre Bestimmungen verschärft hatte und nach dem Cambridge weltweiten Analytica-Skandal. Recht so, sagte man sich an der Elisabethenstrasse und wenn schon, dann machen wir das absolut wasserdicht. Juristisch korrekt, aber für Otto Normalverbraucher leider auch gerade deshalb entsprechend kompliziert. Nach vielen gewundenen Erklärungen geht es ans Eingemachte: Um nichts weniger als Leib und Leben: «Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Besuchender in unserem Verband verletzt werden würde und daraufhin sein Name, sein Alter, seine Krankenkassendaten oder sonstige lebenswichtige Informationen an einen Arzt, ein Krankenhaus oder sonstige Dritte weitergegeben werden müssten». Das Leben ist doch gefährlicher als man denkt, die Weitergabe solcher Informationen im Notfall aber auch ohne Passus eigentlich selbstverständlich. Nur die EU will keinen gesunden Menschenverstand, sondern Auflagen.

Folgen der Nichtbereitstellung

Kompliziert wird es auch beim Abschluss von Verträgen: «Unsere Mitarbeiter klären den Betroffenen einzelfallbezogen darüber auf, ob die Bereitstellung der personenbezogenen Daten gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben oder für den Vertragsabschluss erforderlich ist, ob die Verpflichtung besteht die personenbezogenen Daten bereitzustellen, und welche Folgen die Nichtbereitstellung der personenbezogenen Daten hätte.»

Da reibt sich ein mancher verblüfft die Augen. Oder er hofft darauf, der betreffende Mitarbeitende des Basler Gewerbeverbandes erspart einem die Erklärung. Denn schon die Erklärung, warum es die Erklärung braucht, ist so kompliziert, dass man befürchten muss, der eigentlichen Erklärung dann definitiv nicht mehr gewachsen zu sein. Bitte nicht falsch verstehen: Dass der Gewerbeverband mit rund 5'500 Mitgliedern und fünfzig Mitarbeitern sich mit dem Datenschutz Mühe gibt, ist äusserst lobenswert und zudem gesetzlich vorgeschrieben. Schliesslich pflegt der 1834 als «Handwerkerverein von Basel» gegründete Verband eine Vielzahl von Aktivitäten - von der Verbands- bis zur politischen Lobbyarbeit. Im Dienstleistungszentrum werden eine KMU-Sprechstunde, Pensionskasse und Versicherung angeboten. Aber schwierig wird es dank der perfekten Datenschutzerklärung, wenn es um die automatisierten Entscheidungen im Einzelfall geht, da heisst es dann: «Jede von der Verarbeitung personenbezogener Daten betroffene Person hat das Recht, nicht einer ausschliesslich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt ...» Auf diese leicht verständliche Aussage folgen dann sechs Punkte auf einer dreiviertel Seite, die dies gleich wieder relativieren.

Augen zu und durch!

Nach der Lektüre dieser Datenschutzerklärung ist eigentlich schnell klar, warum beileibe nicht nur beim Gewerbeverband, sondern ganz allgemein in der Praxis, kaum jemand die allgemeinen Geschäftsbedingungen liest und alle, denen das Leben nicht viel zu lang und langweilig vorkommt, einfach die Augen schliessen und OK drücken, wenn die Frage auftaucht, ob man mit etwas im Internet einverstanden ist. Datenschutz ist wichtig, aber solche Erklärungen, wie sie keineswegs nur beim Gewerbeverband sondern überall zu finden sind, kann und will niemand lesen. Ausgenommen vielleicht Juristen mit zu wenig Klienten.

Ein Trost, dass sich die Internetseite des Basler Gewerbeverbandes zu Informationszwecken ohne Angabe von persönlichen Daten problemlos nutzen lässt und wir dieser Institution - wie gewohnt - vertrauen dürfen.

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