Das obere Stockwerk der Silo-Halle: Hier entstehen Ateliers, ein Hostel und im Erdgeschoss ein Bistro. Bilder A. Schwald
Das obere Stockwerk der Silo-Halle: Hier entstehen Ateliers, ein Hostel und im Erdgeschoss ein Bistro. Bilder A. Schwald
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Ein echtes Hostel fürs Kleinbasel: Das historische Erlen-Silo wird zum neuen Kult-Ort

Mitten in der neuen Erlenmatt steht das imposante Silo-Gebäude. Hier drin entsteht das erste richtige Hostel fürs Kleinbasel – inklusive Gastro-Angebot, Ateliers und Werkräumen. Das Team des Vereins «Tohuwabohu» richtet den neuen Kult-Kulturort für Begegnungen ein. Dahinter stehen auch die CMS und die Stiftung Habitat.

Noch erfolgt der Zugang zum Silo wegen der Baustellen in der Nachbarschaft etwas improvisiert, erst ab Anfang 2018 wird richtig umgebaut.

Die Halle ist wuchtig, weitläufig und trotz den kleinen Fenstern erstaunlich hell. Aus der Betondecke ragen die Enden der Getreide-Silos, die über zwei Stockwerke reichen. Noch ist alles ungenutzt, weitgehend leer und ganz oben steht noch das alte Förderband. Das ist das Silogebäude der Erlenmatt. Und hier soll das das neue Kultur-Gebäude für Basel entstehen. Inklusive einem richtigen Hostel fürs Kleinbasel.

Einer Fläche von 2'000 Quadratmetern erwachsen: Ein Gastrobetrieb mit rund 50 Innensitzplätzen. Eine Herberge mit etwa 20 Zimmern und rund 80 Betten. Diverse Ateliers, Projekträume und als Herzstück: Der offene Salon. Hier soll sich dieses neue Basler Quartier treffen, das gerade rund um das Silo in die Höhe und vor allem in die Breite wächst. Das neue Erlenmattquartier Ost und das nicht mehr so neue Erlenmattquartier West: Zwei umfassende Siedlungen, viele Wohnphilosophien und dazwischen jener imposante Silo-Bau als Brücke zwischen den Welten. So lautet zumindest die Absicht.

Ein kreatives Gastro-Kollektiv am Herd

Noch herrscht tatsächlich ein industrieromantisches Tohuwabohu im alten Silo – bald heisst nur noch der Verein so. 

Livia Matthäus ist begeistert, wenn sie zusammen mit Etienne Blatz durch das Areal führt, die steilen Treppen im Gebäude hochsteigt, die Hand am schmiedeeisernen Geländer, vorbei an Röhren und Kanälen, durch die einst Schrot und Korn in die Lager und Lastwagen prasselten. Matthäus und Blatz sind die zwei Vertreter des Vereins «Tohuwabohu», die sich vollamtlich um das Projekt im Silo kümmern. Sie erarbeiteten das Konzept, sie arbeiten gemeinsam mit der Bauherrschaft der Stiftung Habitat und sie koordinieren die Betreiberschaften von Herberge und Gastronomie. 

Das «Haus für Kosmopolitisches», wie das Projekt heisst, soll als Mittler zwischen den Siedlungen und, ja, eben auch der Welt fungieren. Der offene Salon: Ein «Nachbarschaftswohnzimmer», wie sie sagen. Das Bistro: Betrieben durch das Gastro-Kollektiv «Zur Bleibe», das bereits erfolgreich den Kiosk an der Schanzenstrasse bekochte. Die Herberge: Ein Treffpunkt für Reisende, der sich den Flur mit den Atelier-Räumen teilt. Hier ist nichts abgeschlossen bis auf die nötige Privatsphäre in Zimmern und Büros. Nur wer das Hostel betreibt, ist noch offen. «Wir sind mitten in den Verhandlungen», sagt Matthäus.

Wenn die eine Stiftung mit der anderen

Die Halle im Erdgeschoss: Hier entstehen der offene Salon und das Bistro, das vom Kollektiv «Zur Bleibe» betrieben wird.

Entstanden ist die Idee schon vor Jahren. Als Studenten am Hyperwerk der Basler Hochschule für Gestaltung und Kunst setzten sich Matthäus und Blatz mit Konzepten des Kosmopolitischen sowie der Ankunftskultur auseinander. In Zusammenarbeit mit der Christoph Merian Stiftung durften sie bereits für das Dreispitz-Areal eine Nutzungsstudie abliefern. Und es ist auch die CMS, die sie hierbei unterstützt. Im Rahmen der Entwicklungsförderung, sagt Matthäus, einem vergleichsweise neuen Ast der Stiftung, die zu den einflussreichsten in Basel gehört.

Die Kombination mit der Stiftung Habitat, die das Areal Erlenmatt Ost derzeit im Baurecht bebauen lässt, ist allerdings noch ungewohnt. Die beiden Stiftungen verfügen beide über beeindruckende Immobilienportfolios – der CMS gehört zum Beispiel der Dreispitz –, aber im Bereich der öffentlichkeitswirksamen Projekte gab es bislang wenig Überschneidungen. «Tohuwabohu» ändert das. Insofern ist der Name – er steht für ein wildes Durcheinander – durchaus Programm. Aber im Positiven.

Das Ziel: In zwei Jahren Gäste begrüssen

Das alte Förderband, auf dem das Getreide in die Silos gebracht wurde. Die Geländer sind mittlerweile nicht mehr sicher, hier wird alles ersetzt werden müssen.

Die Rückmeldungen seien bislang positiv, sagen die zwei Verantwortlichen: «Die Anwohner freuen sich besonders auch auf das Hostel, schliesslich gibt es so etwas in dieser Umgebung noch nicht», so Matthäus. Der Standort an der Signalstrasse bei der Nordtangente ist zwar noch ungewohnt, aber nicht unmöglich: Schliesslich stehen die Messe Schweiz und der Badische Bahnhof im direkten Einzugsgebiet. Der Preis für die Übernachtung soll günstig sein, wichtig ist zudem die Durchmischung der Gäste. Und nicht zuletzt die der Mitarbeiter, denn das Koch-Kollektiv «Zur Bleibe» hege schon Pläne, mit geflüchteten Menschen zusammenzuarbeiten.

Insgesamt ist das Projekt auf Kurs, bis 2020 soll alles umgesetzt sein. Mit Habitat als Bauherrin, der CMS als konzeptionellen Unterstützerin und der Planung und Ausführung durch ein hiesiges Architekturbüro wird das Silo professionell eingerichtet und schliesslich neu genutzt. Klar ist, dass das Silo das Potenzial zu einem neuen Kult-Kulturort hat – in einer Umgebung, die Basel-Stadt so noch nicht kennt: Einem völlig neu konzipierten, neu erstellten Quartier am Rande der Stadt. Es ist die Vision vom Miteinander, die «Tohuwabohu» umsetzen will. Und dafür gibt es schliesslich weitaus schlechtere Orte als ein altes Silo, wo einst eines der ältesten Grundnahrungsmittel der Menschheit aufbewahrt und umgeschlagen wurde.

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«Tohuwabohu», der Verein für Kosmopolitisches, hat eine Website zu den Hintergründen des Projekt und nimmt auch Patenschaften für den Verein entgegen. Weitere Infos gibts hier.

Blick zur Nachbarschaft: Hier entsteht die Erlenmatt Ost, wo viele Wohngenossenschaften und Organisationen für sozialen Wohnungsbau ansässig sein werden.

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