Bild: Keystone
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  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Einbürgerungen: Echte Schweizer tragen keine Schlabberhosen und mögen Kuhglocken

Die Schweizermacherei sorgt weltweit für Schlagzeilen. Die 25-jährige Funda Yilmaz bestand erst letzten Monat in Buchs AG  den Einbürgerungstest nicht, obwohl sie in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist, den lokalen Dialekt spricht, einen guten Job hat und sogar am Vereinsleben der Dorfes teilnahm.

Die junge Frau musste zwei Einbürgerungstests mit je 100 Fragen absolvieren. Diese Aufgaben bestand sie auf Anhieb. Im anschliessenden offiziellen Gespräch scheiterte sie dann aber an der Abfallfrage und daran, dass sie lieber im Migros statt im Dorfladen einkaufte. Nachdem die Schweizer Illustrierte anfangs Woche die Dokumente öffentlich gemacht hatte, rieb sich das ganze Land die Augen und fragte, was da schiefgegangen war. Christine Wirz-von Planta von der Basler Einbürgerungskommission Basel-Stadt kommentiert den Vorfall: «Hundert Fragen zu stellen, macht keinen Sinn.» In Basel-Stadt sei das Prozedere klar geregelt: Da gebe es ein viertelstündiges Gespräch. Dabei ginge es um die Kenntnisse des Kantons und des politischen Systems. «Es spielt jedoch keine Rolle, wie der Abfall entsorgt wird oder was die Einkaufsgewohnheiten einer Person sind.»

Den Genfersee sollte man schon mögen

Nicht überall laufen die Einbürgerungen so harmonisch ab, wie in Basel-Stadt. So lehnte Bubendorf das Gesuch der kosovarischen Familie Halili tatsächlich deshalb ab, weil der Vater und seine beiden Söhne gelegentlich in Trainerhosen durchs Dorf laufen. Im Januar wurde eine Holländerin nicht eingebürgert, da sie das Gebimmel von Kuhglocken nicht mochte. Die Willkür der Schweizermacher kann teilweise bizarre Formen annehmen. So wundert sich die englische Zeitung Guardian darüber, dass man Funda Yilmaz gefragt hatte, ob sie gerne wandere. Die Engländer können sich genauso wenig erklären, was denn die richtige Antwort auf die Frage gewesen wäre, ob Yilmaz den Genfersee nun möge oder nicht.

Christine Wirz-von Planta stellt klar, dass in Basel-Stadt nur gefragt werde, was in freiwilligen Vorbereitungskursen an Wissen angeeignet werden könne. «Das Gespräch verläuft in einem klaren Rahmen.» Auch im Stadthaus werde etwa nach den Lieblingsorten in der Stadt gefragt, aber das vor allem deshalb um das Eis zu brechen. Christine Wirz-von Planta schätzt die klare Regelung und weist auch darauf hin, dass es ein grosser Vorteil sei, dass unterdessen die sprachlichen Anforderungen geregelt seien. Dass sei nicht immer so gewesen. Darum habe es früher oft Unklarheiten gegeben. 

Liberale Praxis in Basel

Die Statistik zeigt, dass in Basel-Stadt die Zahl der Einbürgerungen stabil bei um die tausend Einbürgerungen pro Jahr liegt. Christine Wirz-von Planta erklärt sich die willkürlichen Entscheide in anderen Kommunen damit, dass in einer Gemeinde manchmal Stimmung gegen eine Person gemacht werden könne. In Basel liefen die Einbürgerungen nahezu optimal. «Mit der liberalen Praxis sind wir gut gefahren», erklärt Wirz-von Planta. In Basel passe man sich bei den Gesprächen ebenfalls ans Bildungsniveau an. 

Für Funda Yilmaz hat die Geschichte vorerst kein Happy End. Eine Chance hat sie noch. Theoretisch könnte das Staatssekretariat für Migration (SEM) die Entscheidung der Gemeinde überstimmen. Allerdings will Bern den Kommunen nicht dreinreden. Ob das die Migros freut?

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