Die Pressebilder des Stücki Center sind zwar schön – selbst sie aber zeigen allesamt ein höchstens nur moderates Kundenaufkommen. ©Pressebild Stücki
Die Pressebilder des Stücki Center sind zwar schön – selbst sie aber zeigen allesamt ein höchstens nur moderates Kundenaufkommen. ©Pressebild Stücki
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Elend Stücki-Shopping: Der qualvolle Tod einer bizarren Idee

Wichtige Mieter springen ab, ein Kino soll dafür Rettung bringen: Das Basler Stücki Center an der Grenze zu Deutschland bäumt sich noch einmal auf. Dabei ist die Geschichte nur noch traurig – und eigentlich schon zu Ende.

In zwei Jahren feiert das Einkaufscenter Stücki seinen 10. Geburtstag. Es ist eine qualvolle Geschichte, eine Geschichte des Leidens und des Gespötts, die diesen von Investoren geschaffenen Konsum-Zombie bis heute geprägt hat. Die leeren Gänge sind seit Jahren ein Running Gag in Basel. «Was, du brauchst Ruhe? Geh doch ins Stücki», sagen sie. Oder: «Hitzewallungen? Ab ins Shopping Center, dort ist klimatisiert und garantiert kein Mensch.» Ja, das Center ist seit seinem Bestehen eine Schiessbude für den bösen Basler Humor. Dabei beharren die Verantwortlichen offiziell seit Jahren darauf, dass die Besucherfrequenz bis zu 10'000 Menschen pro Tag betrage.

Aber es ist wahr. Die Mall an der Grenze zu Basel bleibt trotz allen Rettungsversuchen eine Totgeburt. Städtebaulich nutzlos an der Peripherie der Stadt gelegen, ein Tempel des Konsumkapitalismus an der Grenze zu jener deutschen Gemeinde, die das Rheincenter und so viele andere Einkaufsmöglichkeiten zu Euro-Preisen anbietet, dass es fast schon sinnwidrig anmutet, im Stücki überhaupt einkaufen zu gehen. Mit Jan Tanner biss sich bereits ein Center-Manager über die Jahre die Zähne daran aus und auch sein Nachfolger Tim Mayer war nicht vom Glück gesegnet. Nach etwas mehr als einem Jahr war er wieder weg. Die Immobilienfirma Wincasa übernahm die Verwaltung und ernannte Jörg Engeler zum neuen Chef.

Vom Sterben in Schönheit

Das berühmte Foto der Bildagentur Keystone aus dem Jahr 2011: Es wird immer wieder verwendet, um die oft herrschende Leere im Shopping Center zu illustrieren. ©Keystone

Ausgerechnet Kinos, also. Ausgerechnet an der Grenze zu Weil, wo schon der Kinopalast im Rheincenter steht. Etwa anderthalb Kilometer entfernt, mit der Tramlinie 8 bestens erschlossen, mit Gratisparkplätzen ausgestattet und Eintrittspreisen von gut unter 10 Euro. Bizarr ist noch der freundliche Ausdruck für das Vorhaben. Immerhin soll mit «Arena Cinemas» eine erfolgreiche Kinobetreiberkette einziehen. Aber was nützen schon IMAX-Kino und Eventprogramm zu Schweizer Preisen, selbst zu Schweizer Dumpingpreisen, wenn man doch nur fürs Vergnügen und noch weniger Geld einen guten Streifen reinziehen will.

Shopping Center brauchen Zeit, sich zu etablieren. Das sagen alle Experten, das ist deshalb das Mantra der bewundernswert zähen Center-Manager, und das war auch beim Shopping Center im St. Jakob-Park so. Nur liegt das Joggeli nicht gleich an der Grenze, und es ist besser eingebettet inmitten von Verkehrsträgern wie Autobahn, Tram- und Buslinie. Das Stadion des FC Basel macht es zusätzlich zur Landmarke. Das alles ist dem Stücki nicht vergönnt. Einsam steht es an der Basler Grenze und darbt vor sich hin. Und die neuen Quartiere, die im Norden der Stadt entstehen sollten, wachsen auch nur langsam.

Einsamer Monolith an der Grenze

Da steht es, am Norden der Stadt, am Lauf der Wiese: Das Stücki wird nun bald zum Kinokomplex. ©Pressebild Stücki

Jetzt springen noch mehr grosse Mieter ab: Media Markt verlässt das Gebäude. Laut «Basler Zeitung» sollen auch H&M und Konsorten mit der Aufgabe ihrer Geschäfte liebäugeln, schliesslich braucht das Kino Platz. In einer eingehenden und um Ausgewogenheit bemühten Reportage der «TagesWoche» wurde vor kurzem das eindrückliche Bild der leeren Ladenfronten geschildert – eine war sogar mit Brettern verbarrikadiert. Bestätigt wird vom Shoppingcenter wenig, nicht einmal Auskünfte zur Flächennutzung gibt es konkrete. Man hält sich bedeckt. Um den Schlamassel nicht noch deutlicher zu machen, den die Investoren von damals angerichtet haben. 

Bleibt die Hoffnung. Auf den Aufschwung des benachbarten Stücki Businessparks, dessen Mitarbeiter mit einem künftig besseren Imbiss-Angebot angelockt werden sollen. Auf den Aufschwung neuer Quartiere im Norden, wie der Erlenmatt oder in mehreren Jahrzehnten der Entwicklung von «Klybeck Plus», die den Nordrand der Stadt beleben und das Stücki einbetten könnten. Doch das dauert. In der Zwischenzeit steht das Einkaufszentrum wie ein Monolith in der Landschaft, eine Singularität im alten Basler Gewerbegebiet des Nordens. Totgesagte leben länger, sagt man. Und so lange das Stücki am Leben erhalten wird, existiert es auch. Am Tropf der Eigentümer, geschätzt von Menschen, die komfortabel, also mit ausreichend Platz, durch ein paar Läden schlendern möchten. Gefüllt mit hilflos anmutenden Ideen zur wirtschaftlichen Existenzsicherung.

Letzte Ausfahrt: Die komplette Umnutzung

Der Vorteil ist, man hat Platz zum Einkaufen: Das illustrieren selbst die offiziellen Fotos des Einkaufszentrums selbst. ©Pressebild Stücki

Es ist schwierig. Was soll man auch tun mit einem Einkaufszentrum am Rand der Stadt, das von den Verkehrsträgern geschnitten wird und wo jenseits der Grenze neue Shopping-Anlagen in die Höhe wachsen und dank der Preise im deutschen Raum florieren? Die neue Lösung heisst weniger attraktive Läden und Shopping, sie lautet mehr Brot und Spiele: Imbiss und Kino. Wenn das nur gut geht. Die Versprechen von damals, eines der modernsten und vor allem das grösste Einkaufszentren der Region gebaut zu haben, verhallten im Nichts. 

Gemessen am zunehmenden Erfolg des Businessparks könnten sich die Investoren auch der eigentlichen Lösung zuwenden. Der Auflösung des Shopping Centers und Umbau zu dem, was in Basel laut bürgerlichen Kreisen sowieso fehlt: Zu einem Gewerbe- oder Forschungskomplex. Oder der Jugendarbeit Basel übergeben: Als dringend nötige Entlastung für die notorisch überrannte Freizeithalle Dreirosen. Die Lage passt. Und wenn alles nichts hilft, kann man ja immer noch bei Architektin Barbara Buser anklopfen. Die Frau hat mit der Markthalle schliesslich schon einmal einem grandios gescheiterten Basler Einkaufszentrum-Projekt ein neues Leben geschenkt. 

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