• Nathan Leuenberger
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Endstation Depot: Nur dem letzten grossen Basler Modellbahnladen geht es noch prächtig

Modelleisenbahn-Händler sterben einen langsamen, aber sicheren Tod: Am Dienstag wurde bekannt, dass nun auch der Traditionsladen «Beltrami» für immer schliesst. Nur dem berühmtesten Knopf der Basler Innenstadt geht es wirklich prächtig, denn das letzte grosse Fachgeschäft «Bercher & Sternlicht» am Spalenberg blüht in der Krise richtig auf.

«Mami, Mami, dörfi uff dr Knopf drugge?». Natürlich darf er, der kleine Junge. Das «Knöpflidrugge» beim Modellbahngeschäft «Bercher & Sternlicht» oben am Spalenberg ist schliesslich Basler Tradition. Wer hier vorbeiläuft, muss die Bahn einfach losfahren lassen, egal in welchem Alter – und wenn sie schon fährt, dann wartet man, bis sie noch einmal frisch auf die Reise geschickt werden kann.

Mit der Schliessung des Traditionsgeschäfts «Beltrami» auf Ende Oktober, ist «Bercher & Sternlicht» am Spalenberg nun jedoch das letzte Basler Spezialgeschäft für Modellbahnsammler. «Beltrami»-Inhaber Ruedi Baumann musste jetzt sein Geschäft aufgrund seines Alters, dem fehlenden Nachwuchs und der Konkurrenz aus dem Internet aufgeben. Mit 82 Jahren verkaufte der rüstige Herr seine Ware bisher immer noch selbst. 

Brandneu statt altbewährt – und goldene Loks

Doch am Spalenberg, ja dort beim Knopf, sieht es anders aus: «Bei uns läuft es sehr gut», sagt eine junge Dame an der Kasse von «Bercher & Sternlicht»: «Ich bin der lebende Beweis dafür, denn ich habe erst gerade meine Lehre hier begonnen.» Tatsächlich hat der seit 1945 bestehende Laden von «Bercher & Sternlicht» den Sprung ins neue Jahrtausend geschafft. Verkauft wird hier allerdings nicht mehr nur auf der Ladenfläche, sondern auch im Internet. Und das mit eigenem Webshop.

Damit eröffnet sich dem Geschäft die Möglichkeit, die Ware auch ins Ausland zu verschicken. Ein Service, der sehr rege genutzt wird. Vor Ort finden sich auf mehreren Stockwerken unzählige Zug-Modelle und Requisiten, im Internet sogar noch deutlich mehr. Von Startersets bis zu limitierten Editionen, solchen mit und ohne Sound, echte Dampfloks und allem was gebraucht wird, um die perfekte Landschaft zu basteln. Selbst extravagante Raritäten sind im Angebot: Zum Beispiel ein vergoldeter Märklin-Sonderzug für 2'400 Franken.

Tradition wird von Gegenwart überrollt

Bild: SRF

Doch noch hat «Bercher & Sternlicht» Mitbewerber. Die Konkurrenz von Ruedi Baumann in der Spalenvorstadt ist jedoch um einiges kleiner. Aber «Beltrami» hat auch eine grosse Tradition, eröffnete nur drei Jahre nach dem berühmten Spezialisten mit dem Knopf und wird seit 1980 von Baumann geführt. Hier ist nicht alles brandneu aus dem Katalog, es finden sich auch Raritäten, welche schon seit der Jahrtausendwende den Laden schmücken. Die Züge sind fein säuberlich hinter dem Verkaufstresen aufgebaut, dahinter stapeln sich «Märklin»-Verpackungen. Die deutsche Modelleisenbahn-Firma musste 2009 Insolvenz anmelden und schaffte 2011 ein Comeback. Baumanns Ware stammt allerdings grösstenteils noch aus der Zeit vor der Insolvenz.

Die Spielzeuglok für den Nachwuchs zu Weihnachten war über Jahrzehnte in vielen Familien Tradition. Obwohl bekanntlich dann meist der Vater selber damit spielte, sorgte so ein Geschenk für grosse Freude. Eine Faszination, die bis heute nicht verloren ging, so Mathias Brönnimann, Präsident des Basler Modelleisenbahn-Clubs: «Wenn wir in unserem Clubhaus offene Tür haben, kommen schon sehr viele Kinder vorbei, die sich für das Hobby interessieren.»

Der Trick: Die Profis bauen selber

Brönnimann findet es zwar schade, dass die Läden aus der Stadt verschwinden, aber er sagt: «Für uns vom Modelleisenbahn-Club ist das nicht so tragisch. Wir bauen unsere Züge noch selbst und darauf sind die lokalen Geschäfte gar nicht spezialisiert.» Auch beim Preis gibt es dabei einen gewaltigen Unterschied: Für eine Lok oder einen Triebwagen geben die Profibastler bis zu 3'000 Franken aus, während ein Amateur im Laden meist einen Bruchteil dafür berappt.

Trotz Insolvenz berühmter Hersteller, trotz dem Sterben der kleinen Traditionsläden: Das Hobby lebt immer weiter, wenn auch nicht mehr mit der Tragweite längst vergangener Tage, als der Fetisch Modelleisenbahn zur Weihnachtszeit reihenhausweise Familien ergriff. In einer Zeit von Playstations und Drohnen unter dem Christbaum sorgt ein kleiner schwarzer Knopf am Spalenberg dafür, dass die Faszination der Minizüge am Leben bleibt.

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