Quelle: Keystone
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FHNW an Entwicklung von Frühwarnsystem vor Sonnenstürmen beteiligt

Sonneneruptionen können eine Gefahr für den Verkehr und die Infrastruktur der Erde darstellen. Darum entwickelt eine europäische Forschungsgruppe mit FHNW-Beteiligung ein Prognosesystem für Sonnenstürme. Vertreterinnen und Vertreter der Luft- und Raumfahrt sehen darin einen grossen Nutzen.

«Es ist keine Frage, ob ein schwerer Sonnensturm die Erde treffen wird, nur wann», sagt Marco Soldati, Leiter des Schweizer Teams beim Forschungsprojekt FLARECAST. Der Informatiker der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW traf sich letzte Woche mit seinen Kolleginnen und Kollegen sowie mit Expertinnen und Experten der Raum- und Luftfahrt. Von ihnen wollte das FLARECAST-Team wissen, in welcher Art und Weise sie von der Gefahr eines Sonnensturms gewarnt werden wollen.

Gefährliche Sonnenstürme
Das Weltraumwetter wird von der Sonne bestimmt. Sie sendet einen konstanten Sonnenwind mit elektrisch geladenen Teilchen aus, die dank dem magnetischen Feld der Erde für uns ungefährlich sind. Gelegentlich entladen sich auf der Sonne riesige Energiemengen in spektakulären Explosionen ­‒ den so genannten «Flares». Aus dem Sonnenwind kann ein Sonnensturm entstehen, der sich im interplanetaren Raum verbreitet und auch die Erde treffen kann. Das kann zu Unterbrechungen von Radiosignalen, zur Störung der Satelliten-Navigation oder sogar zur Beeinträchtigung von Pipelines und Stromnetzen führen. «Wir sind regelmässig von Sonnenstürmen betroffen», erklärt Marco Soldati, «nur wird selten davon berichtet.»

Raum- und Luftfahrt ist besonders betroffen
Satelliten und Flugzeuge sind als erste von einem Sonnensturm betroffen. Die elektrisch geladenen Teilchen können zur Störung der Elektronik führen. Für ein Flugzeug kann dies kritisch sein: «Im Extremfall einer sehr problematischen Weltraumwetterlage müssen wir in Betracht ziehen, Flugzeuge umzuleiten oder gar einen Luftraum zu sperren», sagt Marc Troller, der als Vertreter der Schweizer Flugsicherung Skyguide am Workshop in England teilnahm. Für mögliche Nutzer des Vorhersagesystems geht es weniger darum, sich auf ein Katastrophenszenario vorzubereiten als ihre täglichen Abläufe zu optimieren: «Wenn beispielsweise die Flugüberwachung weiss, wo die Strahlenbelastung hoch ist, kann sie ihre Flugrouten anpassen», erklärt Marco Soldati.

Automatisierte Vorhersagen sind zuverlässiger
Gegenwärtig analysieren einzelne Forschende die aktiven Regionen der Sonne und schätzen das Risiko von «Flares» ein. Solche Vorhersagen sind aufwändig und ungenau. FLARECAST arbeitet an einer automatisierten Analyse. Die Forschenden erhoffen sich dadurch schnellere und zuverlässigere Vorhersagen von Sonnenausbrüchen. Zu diesem Zweck erstellen sie einen Katalog von physikalischen Eigenschaften, die bei einer Sonneneruption vorkommen. Basis dazu sind die Daten des Solar Dynamic Observatory (SDO). Anschliessend entwickelt das Team ein Computerprogramm, das die Eigenschaften eines Sonnenflecks automatisch identifiziert und seine Gefahr bezüglich eines Sonnensturms einschätzt. Bis diese Programme zuverlässige Resultate liefern, müssen sie grosse Mengen an Daten von vergangenen Flares analysieren und testen. Dabei wollen die Forschenden auch auf «Citizen Science» zurückgreifen: Auf der Webseite sunspotter.org können Laien Sonnenflecken klassifizieren und damit die Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützen.

Breiter Nutzen der Forschung
Das Team der Hochschule für Technik FHNW ist in allen Bereichen des Projekts involviert ‒ ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung der Software-Infrastruktur. Bis Ende 2017 will das FLARECAST-Team mit Forschenden aus Griechenland, Irland, Italien, Frankreich, Grossbritannien und der Schweiz ein einsatzfähiges Prognoseinstrument entwickeln.