Bild: Keystone
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  • Jonas Egli

Fiese Clown-Epidemie: Basel ist sicher – und der Rest der Welt hoffentlich bald auch

Als Clowns verkleidete Bösewichte, die einem nachts nachstellen: Was könnte grusliger sein? Genau: Dass sie gleich vor unserer Haustür im Gebüsch lauern. Auch wenn die meisten Vorfälle nur peinliche Streiche sind: gleich zur Notwehr greifen sollte man aber dennoch nicht.

Alleine die Vorstellung ist grauenhaft: In den letzten Tagen häufen sich die Meldungen von freilaufenden Clowns, die keineswegs aufs heitere Possenreissen versessen sind, sondern nachts ahnungslosen Leuten einen Schrecken einjagen wollen. Oder mehr sogar mehr: Manche sind bewaffnet und meinen das auch so.

Die Schnapsidee stammt aus den USA, wo das Motiv des bösen Clowns schon seit Jahren gerade um Halloween beliebt ist. Und vor zwei Jahren gingen die geschminkten Kinderschrecks dann in Frankreich um. In den letzten Tagen tauchten sie plötzlich in Deutschland, Österreich und nun auch in der Schweiz auf, nun sogar in der Region Basel. Zum Beispiel in Weil, wie die lokale Polizei vermeldete: Ein Unhold soll mit einem Messer hinter einem Gebüsch gelauert haben, um sein Opfer zu erschrecken.

Ja, es ist so weit: Die Medien sind alarmiert, manche fordern Nulltoleranz. Aber eigentlich gehts allen gleich: Keiner weiss so recht, wie er damit umzugehen hat. Und das alles wegen ein paar Clowns. Echt jetzt?

Ronald McDonald muss in die Ferien

Das jetzige Ausmass ist allerdings neu. Ein wahrhafter Trend scheint sich zu bilden. In den meisten Fällen geht es den Clowns tatsächlich «nur» darum, ihre Opfer zu erschrecken. Der Plan kann aber auch nach hinten losgehen. Ein paar Halbstarke nutzten die Gunst der Stunde und ihre Unkenntlichkeit, um ahnungslose Opfer tätlich anzugreifen. Entsprechend ungleichmässig formiert sich die Gegenwehr. Manche fürchten, nachts vor die Tür zu gehen, andere wollen die Polizei auf ihrer Seite wissen. Bereits wurde das Vermummungsverbot zitiert und manch einer schliesst Gegenwehr in Form von Gewalt oder Pfefferspray nicht mehr aus: Angesichts der Sichtungen von bösen Clowns seit August verzichtet nun die Fastfoodkette McDonalds in den USA auf Auftritte ihres weltberühmten Maskottchens.

Übergeschwappt und übergeschnappt: Der unlustige Possentrend hat Europa erreicht. Wie aber kann ich nun unterscheiden, ob es sich noch um einen Spass handelt, oder ich bereits um mein Leben fürchten muss? Und warum sind eigentlich gerade Clowns so wahnsinnig furchteinflössend?

Dagegen wirkt Krusty niedlich

Grundsätzlich kann man sich vor allem Fürchten, denn Phobien sind irrational und machen vor gar nichts Halt. Ballonknüpfende Kinderunterhalter sind da nicht ausgenommen. Das unaussprechliche Fachwort «Coulrophobia» gibt es erst seit 2001 und ist in keinem der offiziellen psychologischen Diagnosebüchern gelistet.

Die Sache geht tiefer: Wir fürchten uns vor Wesen, die an der Grenze zwischen Mensch und etwas anderem liegen. Solange sich diese Maskierten ungelenk anstellen und niedlich auf einer Bühne herumhopsen, macht uns das auch nichts aus. Doch es braucht nur eine kleine Prise Unheimlichkeit, schon stehen uns die Haare zu Berge. Dies gilt auch für menschenähnliche Roboter, Zombies und Orks in Filmen oder missratene Stofftiere.

Die Beispiele sind zahlreich. Bereits in den 1990er Jahren terrorisierte Stephen Kings aus dem Duschabfluss kriechender Clown die Fernsehzuschauer und begründete den modernen Mythos des Schreckensclowns. Zu derselben Zeit brachte es auch die bis heute wohl unbeliebteste Hip-Hop Gruppe namens «Insane Clown Posse» zu Berühmtheit. Batmans Joker gehört ebenfalls in diese Kategorie, wenn auch dieser noch den Bonus des charmanten und deswegen durchaus menschlichen Psychopathen geniesst.

Was tun, wenn ein grimmiger Harlekin aus dem Gebüsch hüpft?

Zwar ist Halloween bei uns eher ein Randanlass und an der Herbstmesse verkleidet man sich gewöhnlich nicht. Einem bösen Clown jedoch wird es egal sein, ob gerade der passende Feiertag stattfindet. Das Vermummungsverbot gilt nur für gewisse Veranstaltungen, wird also niemanden hindern. Man ringt nach Handhabe. Slam-Poetin Hazel Bruggers satirischer  Vorschlag:

Abwarten und Ballonfiguren knoten

Peter Gill von der Basler Staatsanwaltschaft bestätigt die ersten Befürchtungen allerdings nicht: Der Staatsgewalt sei bisher kein solcher Fall in Basel bekannt, weswegen man erst noch abwarten müsse, ob sich der Trend überhaupt fortsetzt. Der Sprecher der Kantonspolizei sieht das gleich. Sicher ist jedoch, ein Schrecken allein reicht für den Griff zur Notwehr nicht.

Es muss ein klarer Angriff oder eine direkte Bedrohung vorliegen, ansonsten sind Ruhe oder notfalls eine Flucht die beste Wahl. Sonst gerät man am Ende selbst noch in Konflikt mit dem Gesetz. In den USA wurden Clownkostüme teilweise präventiv für das diesjährige Halloween verboten, nachdem die Clown-Jagd regelrecht zum Volkssport wurde.

Davon ist man hierzulande aber noch weit entfernt. In Kambodscha hingegen endete die Geschichte für einen Clown auf seltsame Weise tödlich: Die Opfer schlugen zurück und jagten den Täter in den Wald. Dort trat er auf eine Mine.

Derweil die Gallionsfigur der nationalen Clown-Garde ob des Missbrauchs seiner Lieblingsfigur äusserst entrüstet ist: Rolf Knie sieht seinen Berufsstand in den Dreck gezogen, wie er kürzlich gegenüber dem Blick sagte.

Bestell dir doch den eigenen Fiesling

Besonders unlustige Spassmacher haben in Luzern sogar ein Geschäftsmodell entwickelt: Der böse Geburtstagsclown, der, einmal engagiert, seinem Opfer sieben Tage nachstellt mit dem Ziel, diesem eine Torte ins Gesicht zu drücken. Bestellen kann man ihn als Geschenk an das ahnungslose Geburtstagskind. Schafft es das Opfer, zu entkommen, gibt’s ein T-Shirt.

Danke. Aber auf solche Freunde können wir nicht nur jetzt, sondern grundsätzlich immer verzichten. Genau so, wie auf verunstaltete Spassmacher als Bösewichte und panikgeile Schlagzeilen.

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