Nachstellen, auflauern, Alarm: Mit Fussfesseln sollen Stalker von ihren Opfern ferngehalten werden. Bilder Keystone
Nachstellen, auflauern, Alarm: Mit Fussfesseln sollen Stalker von ihren Opfern ferngehalten werden. Bilder Keystone
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Fussfessel! Basler Stalkern geht es jetzt erst recht an den Kragen

Der Bundesrat verschärft die Gesetze gegen häusliche Gewalt. Dabei geht er besonders auch gegen Stalker vor, die neu einfacher eine Fussfessel verordnet bekommen sollen. Basel-Stadt kommt das entgegen. Denn der Kampf gegen Stalker und häusliche Gewalttäter wird auch im Stadtkanton intensiviert.

Der Stalker macht Angst. Er verfolgt. Er operiert erst im Geheimen, obsessiv nimmt er die Spur seines Opfers auf, sammelt Daten und Gewohnheiten, lauert auf und schlägt dann zu. Vielleicht körperlich, vielleicht psychisch, aber immer mit brutalen Folgen für das Opfer. Stalking ist eine Art der häuslichen Gewalt, wie sie nur zu viele kennen, geschweige denn das so genannte Cyber-Stalking, bei dem im Internet dem Opfer nachgespürt wird.

Jetzt geht der Bund härter dagegen vor. Heute verkündete Bundesrätin Simonetta Sommaruga, dass die Gesetze zur häuslichen Gewalt verschärft werden. So wird zum Beispiel der Opferschutz besser flankiert. Neu sollen etwa Verfahren zur häuslichen Gewalt nur noch eingestellt werden, wenn dies dem Schutz des Opfers diene. Und nicht, wenn das Opfer es verlange – denn nur zu oft geschieht dies auf Einschüchterung durch den Täter.

Gewalt im Eigenheim: Basel-Stadt macht vorwärts

Rund 18'000 Fälle von häuslicher Gewalt wurden 2016 schweizweit erfasst – und das sind nur die, die gemeldet werden. Das ist ein Anstieg von 2 Prozent gegenüber 2015 und sogar 12 Prozent gegenüber 2014. Ein Teil davon betrifft das Stalking, also die notorischen, krankhaften Verfolger. Die will der Bund jetzt stärker an die Leine nehmen, und zwar wörtlich: Neu sollen zum Beispiel Fussfesseln auch auf zivilrechtlichem Weg verordnet werden können, was deren Einsatz zumindest bei physischen Stalking-Fällen nun deutlich einfacher macht. Auch wenn Rayon- und Kontakt-Verbote noch nicht in Echtzeit überprüft werden könnten. 

Nur: Die Fälle müssen erst gemeldet werden. Und da bestehen noch die grössten Defizite – obwohl sich seit 2014 bereits viel getan hat, wie der Statistik zu entnehmen ist. Basel-Stadt hat dieses Jahr bereits bekannt gegeben, das Meldewesen und die Kompetenzen der Polizei zu verbessern. Dies, nachdem Grossrätinnen entsprechende Vorstösse eingereicht hatten und die Sicherheitsdirektion einen Bericht verfasste. Ziel ist es, diese Fälle, die sich oft im obskuren Raum zwischen Intim- und Privatsphäre ereignen, klar zu erfassen, zur Anzeige zu bringen und dann gegen sie vorgehen zu können. Dafür stehen zivilrechtliche und polizeirechtliche Mittel wie Wegweisungen zur Verfügung.

Ein engeres Netz und bessere Überwachung von Stalkern

Der Schritt des Bundes kommt den Kantonen nun entgegen. Das Netz der Strafverfolgung wird in Fällen häuslicher Gewalt enger und Stalker, die sich bislang durch die Maschen von Gesetz und Moral gewendet haben, können griffiger belangt und bestraft werden. Dass gerade Stalking zur Sprache kommt ist wichtig: Basel-Stadt, aber auch der Bund, kamen in ihren Berichten zum Schluss, dass allein schon das Ansprechen der Stalker eine massgebliche Wirkung entfalte. Zumal die ihren Opfern nicht nur physisch nachstellen, sondern auch im digitalen Raum und auf Social Media.

Nützt alles nichts, kommt die Fussfessel zum Zug. Die schlägt nicht nur bei Hausarresten Alarm, sondern auch, wenn man einem gewissen Rayon zu nahe kommt. Die Zwangsmassnahme ist daher nicht ohne; der vorgesehene niederschwelligere Einsatz ist damit ein massgebliches Mittel zur Verbesserung der Situation für das Opfer. Die Mehrzahl der Täter ist immer noch männlich. Und harmlos sind die Fälle erst recht nicht: In den 18'000 Fällen des Jahres 2016 kam es in 19 Fällen zur Todesfolge. 17 der Opfer waren Frauen, in einem Fall starb ein Mann und in jenem Jahr musste auch ein junges Mädchen wegen häuslicher Gewalt das Leben lassen.

Fussfessel vor allem flankierend – Opferhilfe kostet

Für die Opferhilfe beider Basel machte der Bund einen wichtigen Schritt. «Das kommt unserer Arbeit nun sehr entgegen», sagt die Baselbieter SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer, Präsidentin des Vereins. «Gerade Stalking ist für die Opfer eine gewaltige Belastung – die unheimlich unterschätzt wird.» Die Möglichkeit zur Verordnung einer Fussfessel erachtet sie als sinnvoll, wenn auch vor allem als flankierende Massnahme: «Die Rayon- und Kontaktverbote von Tätern gegenüber Opfern müssen klar umgesetzt und eingehalten werden.»

Was noch fehle, seien Fortschritte bei der Präventionsarbeit. Die ist kostenintensiv und wird derzeit vor allem durch Opferorganisationen getragen, was ins Geld geht. Erst mit der nötigen Sensibilisierung kommen Fälle auch zur Anzeige, sagt Leutenegger. «Es ist leider immer noch so, dass derzeit die Täterschaft noch zu gut geschützt ist.» Ein sinnvoller nächster Schritt ist damit die vorbeugende Arbeit: Aufklärung und Einschreiten, bevor es zu spät ist, also bevor die häusliche Gewalt ihre zerstörerische Wirkung entfaltet. Doch das kostet – und da hat die öffentliche Hand immer noch Nachholbedarf.

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