Bild: Keystone/Patrick Straub
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  • Christian Platz
  • Aktualisiert am

Glaibasler Charivari 2018: «Und d Zircher goot’s e Schyssdrägg aa»

«z Basel uf dr Brugg», alle Baslerinnen und Basler kennen dieses schöne (Lumpe-)Liedli. s Charivari lässt sich davon inspirieren. Es spielt dieses Jahr nämlich auf (sowie unter) «dr Basler Brugg» – oder besser: «de Basler Brugge». So fliesst es – mit hohem Tempo und sicherem Taktgefühl – dr Frau Fasnacht entgegen. 

Das Publikum sitzt im Bach unten, unter dem Wasserspiegel. Anders kann es nicht sein. Denn auf der Bühne erheben sich die Basler Rheinbrücken – quer, sperrig, raumfüllend – eine nach der anderen, und die Zuschauerinnen und Zuschauer im Volkshaus bilden gleichsam die Wellen des alten Rheins, die da heiter ans Glaibasler Rhybord klatschen.

Wortstark

Der blau-weisse Charivari Blätzlibajass reisst den Vorhang mit einem kräftigen Ruck herunter. Die Bühne ist eröffnet. s Charivarimärschli ertönt und s Raamen-Ensemble versammelt sich zum Prolog, der in feiner Basler Manier daherkommt – und in seiner Art ein klein wenig an die alten Drummeli-Prologe (damals im Kiechli-Theater) gemahnt. Allerlei wird da – sauber gereimt – durchgehechelt.

Gleich am Anfang wird klar, dass dieses Ensemble prima funktioniert, das Timing sitzt genauso gut wie die Kostüme der Damen und Herren, was sich im weiteren Verlauf des Abends immer wieder erweisen wird. Denn die diesjährige Ausgabe ist ausgesprochen wortstark, ja der Wortanteil überwiegt sogar beinahe den tönenden.

Zünftige Herausforderung

Quer über die Bühne spannt sich zunächst die Mittlere Brücke (komplett mit Käppelijoch natürlich), die dann nach und nach zur Kraftwerkbrücke,  zur Schwarzwaldbrücke, zur Wettsteinbrücke, zur Johanniterbrücke, zur Dreirosenbrücke mutiert, was sehr ansprechend aussieht – und für jene, die in den Kulissen wirken, gewiss eine zünftige Herausforderung darstellt, die sie allerdings geschickt meistern.

Solonummern

Dasselbe kann man mit Fug und Recht vom Ensemble sagen. Unter der Leitung von Colette Studer, die natürlich ebenfalls mitspielt, agieren die Damen – Mirjam Buess, Tatjana Pietropaola, Stephanie Schluchter, Beatrice Waldis (letztere als Statistin) – und die Herren – Nico Jacomet, Martin Stich, Roger Wicki – kraftvoll und charmant, wobei sie hin und wieder von Beat Schmidig am Akkordeon kongenial begleitet werden. Dieses Jahr kommen überdies mehrere Solonummern auf die Bühne.

Brenneis!

Darunter natürlich wieder eine brillante Aktion von Mathias Brenneis, der einen Blaggedde-Verkäufer wie aus dem Bilderbuch (oder ist es das echte Leben?) gibt, mit herrlich gedrechselten Reimen. Der Mann ist bekanntlich eine Klasse für sich. Aber auch die Ensemble-Mitglieder spielen süffige Soli.

Gar prominente Stimmen

Da gibt Studer etwa eine gekonnte Personifikation der Mittleren Brücke, als eitle alte Basler Grande Dame, Martin Stich rappt sich unter der Dreirosenbrücke kraftvoll ins Multi-Kulti-Nirwana, Mirjam Buess besingt den Rhein in eleganter Marlene-Manier, Schluchter lässt den sommerlichen Voyeurismus am Bach eindeutig-zweideutig hochleben und Pietropaola (ach, wenn sie doch nur eine Möwe sein könnte) schiesst als wütende Taube den Vogel ab.

Ein herrlich absurdes Stiggli führt uns die Tatsache vor Augen, dass wir letztlich alle Marionetten sind, sogar jene, die glauben, dass sie die Fäden fest in den Händen halten. Ein weiteres führt uns zum Shop des Basel Tattoo, wo gar prominente Stimmen (alle echt, übrigens) ab Telefonbeantworter ertönen.

Charitatttoo

Das Basel Tattoo ist ja eng mit dem Charivari verwandt, Erik Julliard, dort Producer, hier Programmchef, und seine Leute sorgen dafür, dass der musikalische Teil des Tableaus eine hocherfreulich hochkarätige Angelegenheit wird.

Auf ganz hohem Niveau

Fangen wir mit der «Fasnachtsgesellschaft Basler Rolli 1969» an, der diesjährigen Gast-Clique des Charivari, die mit einem rassigen «Dudelsagg» einsteigt, später mit «dr Keenig» brilliert – und zudem eine Drummlergrubbe stellt, die gehörig Licht ins Dunkel bringt, die am Ende, verdientermassen, Donnerapplaus erntet.

Auf ganz hohem Niveau reitet «d Pfyffergrubbe Spitzbuebe» über die Theater-Wellen, ihre Nummer «Synkopia» setzt Massstäbe in Sachen Virtuosität. Für die virtuosesten Streiche, Rufe und Wirbel sorgen altbekannte Trommelhunde: «d Ueli 1876 (und Fründe)» – ihre Uraufführung des «Prinz Carneval» ist exzellentes Basler Gänsehautmaterial.

s Guggekonzärtli mit den «Ohregribler» ist ebenfalls eine mitreissende Angelegenheit – und die Wahl von «The Sound of Silence» als Auftakt zeigt, dass diese Schränzer durchaus einen Sinn für feine Ironie haben.

«d Gwäägi»

Als Schnitzelbangg setzt das Charivari auf eine bombensichere Bank! «d Gwäägi» präsentieren einen Spitzenjahrgang, ihr langer «MeeToo»-Vers ist ein lupenreiner Fasnachts-Hit, da wird eine sackstarke Pointe auf die andere getürmt – bis die Brücken vor lauter Lachen ins Wackeln kommen. 

In Wort und Ton

Es macht Freude, dieses Glaibasler Charivari 2018, die Zeit verfliegt im Nu und, ja, es kann von Herzen gelacht (und «s Maximum» gebrüllt) werden. Hier wird beste vorfasnächtliche Unterhaltung geboten. Stabile Brückenschlage zwischen Wort und Ton, Bild und Bewegung, Fasnachtszauber und Humor. So macht man das im minderen Basel!