© barfi.ch
© barfi.ch
  • Christine Staehelin
  • Aktualisiert am

Gutzi statt Kugeln: So sah der Weihnachtsbaum früher aus

Draussen ist es eisig kalt, aber in der Wohnung duftet es nach Zimt, nach Anis oder nach Brunsli: Zur Vorweihnachtszeit gehört das Gutzi-Backen wie die Krippe zum Weihnachtsbaum. Dass das Gebäck früher die Kugel war – das zeigt ab heute das Spielzeug Welten Museum.

Der Andrang in der Gerbergasse 38, wo die Gartnerzunft zuhause war, war im Dezember 1844 gross: An der Weihnachtsfeier des Knabensaals, einer Freizeiteinrichtung für Lehrlinge und Kunden, wurde zum ersten Magl ein sogenannter Lichterbaum, ein Weihnachtsbaum, entzündet. Baslerinnen und Basler drängten von der kalten Strasse in den Saal um die Sensation mitzuerleben.

Erst nach dieser fulminanten Premiere vor fast 200 Jahren wurde der Lichterbaum-Brauch eine feste Tradition und verbreitete sich zunehmend. Bis der Weihnachtsbaum fester Bestandteil der weihnächtlichen Basler Wohnzimmer wurde. Inklusive Schmuck, der erst später zur heutigen Kugel wurde. Das zeigt das Spielzeug Welten Museum ab heute in Basel.

Der Christbaumschmuck war früher essbar. © barfi.ch 

Insgesamt dauerte es aber knapp 300 Jahre, bis die Tradition des Weihnachtsbaumes nach Basel kam. Der Weg wäre nicht weit gewesen: Der Ursprung des Weihnachtsbaumes liegt im Oberelsass, zum ersten Mal erwähnt wurde er im Jahr 1597. Geschmückt war er damals mit Äpfeln, Oblaten und buntem Papier – nichts mit Kugeln und Porzellanspitz. Die Ausstellung im Spielzeug Welten Museum Basel zeigt, wie Ende des 19. Jahrhunderts und anfang des 20. Jahrhunderts die Weihnachtsbäume geschmückt worden sind.

Die Ausstellung zeigt schöne Fundstücke: Der Santiglaus auf seinem Schlitten war ein Behälter für Schokolade. © barfi.ch  

Adam und Eva gehören zur Weihnachtszeit  

«Ausgefallen Motive als Christbaumschmuck gab es schon früher», sagt Laura Sinanovitch, Geschäftsführerin des Spielzeug Welten Museums Basel. Ein Zeppelin, eine damals moderne Uhr oder gar eine Pistole fand man im überliefertem Schmuckfundus. Oft entdeckt man die Figuren von Adam und Eva. Denn sie sind eng mit Weihnachten verknüpft.  «Der Christbaum ist eng mit dem Baum der Erkenntnis im verlorenen Paradies verknüpft», erklärt Laura Sinavotich.

«Der liturgische Namenstag von Adam und Eva als Stammeltern aller Menschen und als Protagonisten des Sündenfalls wurde in der römisch-katholischen Kirche am 24. Dezember begangen.» Am Tag bevor die Geburt Jesu gefeiert wird, erinnert man sich an Adam und Eva. «Der Name Eva gab die Möglichkeit, in seiner Umkehrung Ave und seinem Anklang an den Engelgruss Ave Maria an das Gegenbild der Eva, an Maria, zu erinnern», so Laura Sinavotich.

Früher gab es Halterungen, eigens für die Äpfel. © barfi.ch 

Doch im Gegensatz zu heute war der Christbaumschmuck essbar: Um die Jahrhundertwende erfreuten sich Gebilde aus Eierzucker besonderer Beliebtheit. Der Teig wurde in Formen gepresst und nach dem Backen bemalt und mit Zuckerguss verziert oder mit bunten Papierbildern beklebt. Auch Anis-Brötli oder Speculatius wurde mit detaillierten Formen gebacken und an den Christbaum gehängt, zum Verzehr geeignet.

Die Figuren aus Tragant wirken als wären sie aus Porzellan © barfi.ch 

Ein ganz besonders Fundstück zeigt die kleine, aber feine Ausstellung: Eine gesamte Krippe aus Tragant, einer zuckerhaltigen Masse, die jedoch geruch- und geschmacklos ist. Dank des vielen Zuckers blieben die Figuren knapp hundert Jahre konserviert und können ab heute im Museum am Barfüsserplatz bewundert werden. Die Bemalungen sind derart fein und detailliert, dass die Figuren ebenso aus Porzellan sein könnten.

Schon vor hundert Jahren: Der blaue Weihnachtsbaum 

Ebenfalls nicht fehlen darf Christbaumschmuck aus Marzipan oder aus Schokolade. Der Klassische Weihnachtsbaum mit Stroh- und Apfelschmuck reiht sich in die grosse Vielfalt der Bäume: Sei es ein rosa-gefärbter Baum oder ein künstlicher Weihnachtsbaum aus Gänsefedern. Während es heute eine klare Vorstellung des perfekten Weihnachtsbaums gibt, war man früher auf die vorhandenen Materialien angewiesen. Je nach Region sah der Weihnachtsbaum anders aus.

© barfi.ch 

Damit die Besucherinnen und Besuchern mit allen Sinnen in Weihnachtsstimmung kommen, wird an einigen Tage live gebacken: Eine Bäckerin aus der Confiserie Bachmann bäckt vor den Augen der Besucherinnen und Besuchern Spekulatius und verteilt sie ofenfrisch. Wer zuhause selbst wieder einmal backen möchte, kann Weihnachtsgebäck-Rezepte mitnehmen. Eine bessere Einstimmung auf die Weihnachtszeit gibt es wohl kaum.

--
Die Ausstellung «Essbarer Christbaumschmuck» vom Lebzelter und Zuckerbäcker dauert vom 18. November 2017 – 11. Februar 2018. Weitere Informationen unter diesem Link.

 

Möchten Sie sich dazu äussern? Hier geht es zu den Kommentaren.