• Jonas Egli
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Historisches Museum Basel: Ein Beinahe-Eklat und ein Mops

Die erste Pressekonferenz mit dem Direktor des Historischen Museum Basel und der frischgebackenen Kulturchefin Sonja Kuhn zeigte vor allem eins: Wir haben es noch lange nicht überstanden. Unter dem Deckel des Präsidialdepartements dampft der Mist ganz gewaltig. Dazu gab es einen Porzellan-Hund zu sehen.

«Seit sechs Monaten ist Marc Fehlmann Direktor des Historischen Museums Basel und zieht zufrieden Bilanz.» So harmlos klang die Ankündigung zur Pressekonferenz. Dass der schöne Schein trügt, wurde in den vergangenen sechs Monaten wöchentlich klarer. Heute erhielt auch die letzte vorhandene Zuversicht einen schmerzhaften Schlag.

Von Möpsen und Treue

Neben dem Rednerpult stand eine unscheinbare Glasvirtrine, darin eine kleine, vielleicht etwas gewöhnungsbedürftige Porzellanfigur: Ein Mops. Aber nicht irgendeiner, es ist die Meissner Porzellanfigur, die Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen, genannt August der Starke, seiner Geliebten, der berühmten Gräfin Cosel, einmal zum Geburtstag geschenkt hatte. Das Geschenk des absolutistischen Selbstdarstellers August stammt aus der Blütezeit der Porzallan-Manufaktur, die der Kurfürst 1710 selbst gegründet hatte, und ist heute Millionen wert. Der Mops ist Teil der Pauls-Eisenbeiss-Sammlung, welche über 40 Jahre in Besitz des Historischen Museums Basel war.

Das Hündlein der Königin. Meissen, 1738 (Modell), 1739 (Bemalung). Modell: Johann Joachim Kändler. Depositum Pauls-Eisenbeiss-Stiftung, Basel. Bild: Historisches Museum Basel

Fast zeitgleich mit Augusts Geschenk wurde der «Mops-Orden» gegründet, eine karikaturistische Freimaurerloge, die den Hund als Symbol für Treue verstand. Der Kurfürst war heimlicher Anhänger. Diese Treue hat man in Basel dem Porzellan-Hundchen allerdings nicht erwiesen: 2015 verlor das Historische Museum Basel die bedeutende Sammlung. Man brauchte den Platz im Haus zum Kirschgarten, die damalige Direktorin entschied sich, die ganze international bedeutende Sammlung kurzerhand wegzugeben. Fehlmann bemühte sich, diesen Fehler wieder rückgängig zu machen. Und hatte Erfolg. Mit dem Hund ist auch die Sammlung zurück. Mark Eichner, der sowohl in der Leitung der Stiftung wie auch der Sammlung ist, macht klar, was für ein Treuebeweise dies darstellt: «Wir sind uns der stürmischen Situation in Basel bewusst, dennoch glauben wir an den Standort.» Wie stürmisch, sollte sich noch zeigen, denn die fröhliche Botschaft soll nicht über die nachfolgende Diskussion hinwegtäuschen. Die Frage, wer nun wem die Treue hält, ist immer wieder Thema der Veranstaltung.

An der Pressekonferenz hatte auch die Stiftung Lohnhof einen Auftritt: Man habe dem Musikmuseum versprochen, ein allfälliges Defizit im Jahr 2018 bis 150’000 Franken zu decken. Und auch im folgenden Jahr. Das ist erstaunlich, denn so erfährt man, dass das Musikmuseum kurz vor der Schliessung steht. Offensichtlich fehlt auch dort Geld in der Kasse. Fehlmann meint dazu: «Eine zeitweise Schliessung drängte sich auf. Das waren schlicht die Fakten.» Dr. Urs D. Gloor, Präsident der Kommission zum HMB: «Dass das Defizit durch die Stiftung Lohnhof ausgeglichen werden kann, ist ein riesiger Glücksfall!» Allerdings: «Der Betrieb des Museums soll vom Kanton getragen werden und nicht von Privaten!»

Der erste Stresstest für Sonja Kuhn

Nach Vorstellung des Ausstellungsprogrammes und eines neuen Auftrittes des Historischen Museums kommen die Fragen natürlich schnell wieder auf die Lohnhof-Debatte zurück. Fehlen jetzt nur beim Musikmuseum ganze 150’000 Franken? Oder ist das ein altes Defizit? Sonja Kuhn, zusammen mit Kathrin Grögel frisch gebackene Kulturchefin, meint, das sei alles auf die Sparrunde 2010 zurückzuführen. Heisst das, in anderen Worten, man schaut seit sieben Jahren zu? Kuhn wimmelt ab: «Wir haben Rahmenbedingungen, die werden uns von der Poliitk gegeben.» Das ist alles sehr verwirrend, schliesslich ist das Präsidialdepartement der direkte Vorgesetzte der Museumsdirektoren, sie *ist* die Politik. Kuhn selbst war bereits seit 2016 Stellvertreterin ihres Vorgängers Philippe Bischoff, solche Dinge können sie kaum unvorbereitet treffen. Ihre Amtspartnerin Grögel steht seit 2013 dem Kunstkredit vor, kennt also das Kulturdepartement der Stadt auch schon länger.

Dass der Austausch zwischen der Kommission zum Historischen Museum, der Museumsleitung und der Regierung auch schon schlechter war, zeigt sich an der Pressekonferenz: Die Kommission freut sich über die Ideen von Fehlmann genauso, wie auch über jene von Frau Jungblut damals. Man ist also froh, dass die Sammlung zurück ist, deren Weggabe man früher in Ordnung fand. Was ist da eigentlich los? Urs Gloor gibt zu: «Wir können nicht entscheiden, wir können nur beraten. Jungblut hat lieber mit Bischof diskutiert statt mit uns, das ist bei Herrn Fehlmann ganz anders.» Weiter heisst es zum vertraulichen Bericht «Perspektiven 2030», welches gerade herumgereicht wird: «Wir haben Dinge im Bericht erfahren, die wir selbst nicht wussten.» Der Bericht, das wurde heute bekannt, wurde von der Kommission selbst als internes Diskussionspapier in Auftrag gegeben und hätte eine vertiefte Diskussion nach dem Erscheinen der Museumsstrategie erhalten sollen. Nun ist das ein wenig durcheinander gekommen.

Überhaupt stellte sich die Frage: Warum macht man eine Museumsstrategie, wenn alle involvierten Institutionen noch in Betriebsanalysen stecken? Warum macht man eine Strategie, wenn ausgerechnet die zwei Institutionen mit den grössten Problemen keine Zeit hatten, sich in die Diskussion einzubringen? Als Kuhn gefragt wird, ob Helfenstein und Fehlmann in die Gespräche zur Museumsstrategie einbezogen wurden, lautete ihre Antwort: «Ja, die zwei neuen Direktoren wurden am Schluss ganz kurz eingebunden.» Fehlmann macht ein betont erstauntes Gesicht.

Am Ende wurde kaum eine der Fragen befriedigend behandelt. Wenn es doch nur eine Karikatur wäre! Leider ist es echt. Die häufigsten Antworten: Es ist noch zu früh, man solle warten. Gemeint sind damit wahlweise die Strategie und die Analyse. Klar ist, dass nichts klar ist. Und dass das Vertrauen in die Regierung schwindet. Wie will das Präsidialdepartement das verlorene Vertrauen zurückgewinnen? «Mit Handeln. Es sieht so aus, als würden wir nur zuschauen, aber das stimmt nicht,» versichert Kuhn. Während sie das sagt, geht ein piepender Alarm los. Die Diskussion ist geprägt von verhärteten Fronten, je mehr Fragen gestellt werden, desto mehr wird abgewiegelt. Es gibt kein Problem, betont Kuhn wieder und wieder händeringend, es gibt nur Herausforderungen.

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