Zwei Herren gehen: Guy Morin (Grüne, links) und Christoph Eymann (LDP) verlassen Ende Monat die Regierung. Eva Herzog (SP) bleibt. ©Keystone
Zwei Herren gehen: Guy Morin (Grüne, links) und Christoph Eymann (LDP) verlassen Ende Monat die Regierung. Eva Herzog (SP) bleibt. ©Keystone
  • Andreas Schwald
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Hungern muss keiner: Privilegien der neuen, amtierenden und ehemaligen Regierungsräte

Am 7. Februar nehmen Guy Morin und Christoph Eymann Abschied aus der Basler Regierung. Den einen erwartet ein Ruhegehalt, den anderen eine ansprechende Pension. Beide aber werden auch künftig noch gut an Mandaten verdienen.

Manche mochten ihn, viele kritisierten ihn, und einige hassten ihn so richtig: Guy Morin, erster Vorsteher des Basler Präsidialdepartements, Grüner, Grüssaugust, Politprominenter, Regierungspräsident. Am 7. Februar 2017 endet seine zwölfjährige Regierungszeit am Rheinknie. Der Mann, der als Justizdirektor begonnen hatte und 2009 das damals taufrische Chefdepartement der Regierung übernommen hatte, wird dann in allen Würden entlassen.

Mit auf den Weg erhält der bald 61-Jährige ein ansprechendes Ruhegehalt. Das sind 65 Prozent des bisherigen Lohnes, die quasi fürs Nichtstun ausbezahlt werden. Beziehungsweise um die Herren und Damen alt Regierungsräte mit dem nötigen finanziellen Polster auszustatten, damit sie nicht der Versuchung erliegen, des Einkommens wegen Geschäfte und Aufgaben anzunehmen, die ihnen nicht würdig wären. Oder noch schlimmer: wo vertrauliche Informationen kompromittiert würden. Dieses Ruhegehalt ist ein Privileg der Magistratspersonen. Sie erhalten es gemäss einer gesetzlich geregelten Berechnungstabelle bis maximal zur Pension erhalten.

Gemäss dem Lohnklassensystem des Kantons liegt das Ruhegehalt für Guy Morin bei rund 200’000 Franken. Eine hübsche Summe, vor allem, weil abtretende Regierungsräte gesuchte Mitglieder von Verwaltungsräten und ähnlichen Gremien sind. So wird Guy Morin künftig Einsitz im Verwaltungsrat des Felix-Platter-Spitals nehmen, ein ebenfalls nicht schlecht bezahlter Posten. Zudem, das hat unser Regierungspräsident bereits kommuniziert, will er wieder als Arzt arbeiten. Gemessen am kumulierten Einkommen aus den bereits bekannten Ämtern dürfte die Arztpraxis eher ein regelmässiges Beschäftigungsprogramm im Dienst der medizinischen Grundversorgung sein als ein knallharter Broterwerb.

Ganz viele Mandate zu haben

Nicht zum Handkuss eines Ruhegehalts kommt Morins Amtskollege Christoph Eymann. Und zwar schlicht, weil er bereits im Pensionsalter ist. Eymann erhält dafür eine nicht allzu bescheidene Rente, schliesslich wird er Ende der ersten Februarwoche mit 16 Dienstjahren ein Urgestein der aktuellen Basler Regierung gewesen sein. Das entspricht nach der Lohntabelle 2016 des Kantons Basel-Stadt einem Bruttojahresgehalt als Regierungsrat von zuletzt rund 320’000 Franken. Darüber hinaus wurde Christoph Eymann 2015 für die LDP in den Nationalrat gewählt. Mit sämtlichen Entschädigungen, Spesen und Taggeldern entspricht dieses Mandat auch nochmals knapp 100’000 Franken pro Jahr aus der Kasse des Bundes.

Die Privilegien von Magistratspersonen sind gehaltsseitig ansprechend und führten regelmässig zu Streitigkeiten. Seit dem Skandal um die Nebeneinkünfte der Regierungsräte, der schliesslich zum Rücktritt von Gesundheitsdirektor Carlo Conti (CVP) im Januar 2014 führte, wurde die Gesetzgebung allerdings gerade in diesem Bereich verschärft. Denn Quellen für Nebeneinkünfte gibt es einige: Da sind diverse Mandate und Verwaltungsratspositionen, die von Amtes wegen durch Regierungsrätinnen und Regierungsräte besetzt werden; die Verrechnung der Abgeltungen und Entschädigungen ist komplex. Conti hatte die Schäden kurz darauf beglichen, eine Strafuntersuchung ergab zwischenzeitlich, dass der Tatbestand des Betrugs nicht erfüllt war.

Die blütenrein weiss gewaschene Weste konnte Conti kurz darauf an mehreren Sitzungen tragen. Bereits im Juli 2014 wurde er in den Verwaltungsrat der RehaClinic berufen, im August 2014 wurde er Konsulent der Anwaltskanzlei Wenger Plattner und im gleichen Monat noch Verwaltungsratspräsident der Schmerzklinik Basel AG. Im Juni 2015 schliesslich wurde er zum Präsidenten von Basel Tourismus gekürt. Ein ansprechender Werdegang für den ehemals langjährigen Gesundheitsdirektor des Kantons Basel-Stadt, der vor seiner Wahl die Rechtsabteilung des Pharmariesen Roche geleitet hatte.

Dienstwagen, Flugreisen und Kontrollen

Das grösste Privileg, auf das sich die neuen Regierungsräte Elisabeth Ackermann (Grüne, Präsidialdepartement) und Conradin Cramer (LDP, Erziehungsdepartement) freuen können, ist also das Netzwerk, in das sie ab dem ersten Februar gelangen. Dagegen nehmen sich die übrigen Annehmlichkeiten wie Dienstwagenfahrten und von den jeweiligen Departementen getragene U-Abos oder Generalabonnemente fast schon kleinlich aus. Gemessen auch an den Aufwänden, die zum Regierungsamt gehören: Es verlangt den Trägern eine hohe Präsenz- und Repräsentationszeit ab, in politischen Gremien sowie in den nationalen Konferenzen der Departementsvorsteher und Beiräten von Staats- und Halbstaatsbetrieben.

Über die so genannte «Compliance» wacht dabei die Basler Staatskanzlei. Sie kontrolliert, ob die Regierungsräte beim Bezug von Leistungen über die Stränge schlagen. Ein gernzitiertes Beispiel sind die Flugreisen der Regierungsräte an Konferenzen und Anlässe im Ausland. So war Christoph Brutschin (SP) während der vier Jahre währenden Legislatur 2013 bis 2017 mit fünf Flugreisen der Vielflieger unter den Regierungsräten, gefolgt von Guy Morin mit vier Flugreisen. Im Schnitt hatten der Regierungspräsident und der Volkswirtschaftsdirektor damit gut einen Flug pro Jahr als Dienstreise zu verbuchen. «Im Amt sind auch die Regierungsräte Angestellte des Kantons», sagt Regierungssprecher Marco Greiner. Als solche würden sie auch behandelt und hätten sich entsprechend an die Regelungen der Arbeitgeberseite zu halten.

Da es sich allerdings um ein öffentliches Amt handelt, sind die Grenzen zwischen Arbeitszeit und privater Zeit oft fliessend. Dennoch: «Was genutzt wird, muss im Zusammenhang mit der Arbeit genutzt werden», sagt Greiner. Kontrollgremium des Parlaments ist die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rates. Doch auch die GPK stellt sich auf den Standpunkt: Kontrolle der Regierung in Sachen Nutzung von Privilegien ist Sache der Staatskanzlei.

Gut geputzt und ordentlich gebürstet

Von anderen alt Regierungsräten ist überliefert, dass sie sich gerne mal im Rahmen ihrer Tätigkeit die eine oder andere Annehmlichkeit verschafft hatten. So sah man den 2016 verstorbenen alt DSP-Regierungsrat Karl Schnyder während seiner Amtszeit als Polizeidirektor von 1976 bis 1994 gerne mal im Polizeiauto von Termin zu Termin fahren. Diese Zeiten sind vorbei, heisst es auf der Staatskanzlei. Was allerdings schwer zu kontrollieren bleibt, sind spontane Gefälligkeiten auf persönlicher Ebene. Da muss Herr oder Frau Regierungsrat selbst Nein sagen.

Ein grösserer Privilegienskandal war die Dienstwagenaffäre bei der Basler Polizei, die kurz vor den Wahlen 2016 für Schlagzeilen gesorgt hatte. Dort wurde allerdings nicht Polizeidirektor Baschi Dürr (FDP) bevorzugt, sondern umgekehrt: Polizeikader durften grosszügig Dienstwagen für private Zwecke benutzen. Die Regelung erliess Dürrs Vorvorgänger Jörg Schild (FDP), sie überdauerte die Ägide von Hanspeter Gass (FDP) und Dürr traf es schliesslich, weil er die Regelung erneut bestätigt hatte. Unversehens, wie er sagte.

Einmal abgetreten, bleibt den alt Regierungsräten neben dem Ruhegehalt und vielleicht einem Zinnbecher oder einer Wappenscheibe als Andenken aber nicht mehr viel von den Annehmlichkeiten aus Amtszeiten. Einmal pro Jahr werden sie noch zu einem gemeinsamen Essen eingeladen. Das Gratisabo fürs Kantonsblatt wurde bereits vor einiger Zeit gestrichen, wie Regierungssprecher Greiner sagt. Dafür bleibt den Abgetretenen das Netzwerk und der Stellenwert ihres ehemaligen Magistratenposten. 

So ergeht es Morin und Eymann, wie es Carlo Conti und schon vielen vor ihm ergangen ist: Die Weichen für die Mandate nach dem Rückzug aus der Hochpolitik werden lange vorher schon gestellt. Man muss sie nur optimal aussuchen und zusammensetzen und sie schliesslich zum möglichst praktischen Zeitpunkt kommunizieren. Dann ist man auch nach der Zeit als emsiger Magistrat, Grüssaugust, Aktenwälzer und Exekutivpolitiker stets ordentlich geputzt und gut gebürstet.

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