Da steht er vor der Kulisse seiner Stadt: Kantonsentwickler Thomas Kessler beim Interview. ©A.Schwald
Da steht er vor der Kulisse seiner Stadt: Kantonsentwickler Thomas Kessler beim Interview. ©A.Schwald
  • Andreas Schwald
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Kantonsentwickler Kessler geht – und hinterlässt seine grosse Vision von Basel

Am 8. Februar ist die Ära von Thomas Kessler als Basler Kantons- und Stadtentwickler zu Ende. Heute fand sein letzter «Info-Anlass» unter dem Titel «Chancen für Basel» statt. Kessler rührte mit der grossen Kelle an – und legte vor einer Hundertschaft nochmals seine Vision für Basel dar.

Die Journalisten waren baff. Unter dem Titel «Informationsanlass der Kantons- und Stadtentwicklung Basel-Stadt» hatten sie sich das übliche vorgestellt. Kleine Runde, die üblichen Berichterstatter, dazu ein paar Neuigkeiten aus den Amtsstuben, alles in allem vielleicht ein Dutzend Leute. Man stelle ein paar aktuelle Projekte vor, hiess es in der knappen Einladung, anschliessend Apéro.

Was sich dann am Dienstagmorgen aber alles im Museum Kleines Klingental versammelt hatte, sprengte die Erwartungen. Der grosse Saal: knallvoll. Um die hundert Menschen, darunter prominente Parteienvertreter wie SVP-Grossrat Patrick Hafner von der Finanzkommission, SP-Grossrat Mustafa Atici zusammen mit alt SP-Präsident Martin Lüchinger, dazu eine Vielzahl von Angestellten aus Kessler Amtsstelle, auch ein paar Vertreter der GGG. Ein buntes Sammelsurium an Menschen mit Einflussbereich, und man fragte sich: Ist das jetzt schon die offizielle Verabschiedung des prägenden Stadtentwicklers? Wieso dieser Menschenauflauf?

Nein, stellte Kessler beim einleitenden Referat klar: «Hier geht es ausschliesslich um die erwähnten Chancen für Basel, nicht um mich.» Der Anlass sei für ein breites Netzwerk ausgelegt, hier könne man sich treffen, reden, austauschen, «das erspart so an die 20 Sitzungen pro Jahr». Schliesslich hätten die Leute hier alle miteinander zu tun.

Basel, die Stadt der Zuwanderer und Pendler

Und was sind jetzt diese Chancen? Kessler hatte dafür aufgeboten: Barbara Adler, Nachhaltigkeit. Regula Küng, Wohnraumentwicklung. Andreas Räss, Diversität und Integration. Die Themen eher abstrakt in kurzen Referaten geschildert. Der Nachrichtenwert gering, die Informationen weitgehend bekannt; es gehe ihnen um Hintergründe, «Fakten schaffen», wie die Referenten stets betonten. Wirklich konkret wurde keiner, man rezitierte zwar das Legislaturprogramm der Regierung, aber das endet ohnehin dieses Jahr: Es ist das alte Programm der alten Regierung von 2013 bis 2017. Das neue folgt erst.

Was für ein Andrang: Speisung nach dem Info-Anlass von Kantonsentwickler Thomas Kessler. ©A.Schwald

Auf Nachrichten war der Informationsanlass also nicht ausgelegt. Sondern eher darauf, die etwas stiefmütterlichen Stellen im Amt, das Kessler aufgebaut hatte, zu umreissen. Konkrete Massnahmen wurden nicht diskutiert und die einzig exponierte Referentin war Wohnraumentwicklerin Regula Küng. Aber auch sie hielt sich bedeckt und stellte weitgehend die aktuelle Strategie des Kantons vor. Dabei wiederholte sie, was auch Baudirektor Hans-Peter Wessels in letzter Zeit immer wieder gern wiederholt: Starkes Wachstum an Arbeitsplätzen, weniger Wachstum im Wohnungsbereich. Der Kanton wolle die Menschen vom Pendeln wegbringen, wer hier arbeitet, soll auch hier wohnen können. Das würde die starken Pendlerströme in die Stadt reduzieren. 

Neu ist daran aber auch nichts, ebenso wenig wie an der Bevölkerungsstatistik und der Tatsache, dass Basel ein Einwanderungskanton ist: Die Gesamtbevölkerung nimmt zwar zu, aber vor allem, weil sich ausländische Staatsangehörige hier niederlassen. Die Schweizer verlassen Basel immer noch. Dass darüber hinaus die Kampagne «Chancen» für Flüchtlinge als erste solche Kampagne auch im Internet geführt wurde und dort verhältnismässig erfolgreich gewesen sei, wie Andreas Räss sagte, dürfte nur die ohnehin schon Marketinginteressierten anregen.

Die Vision vom Grossen und Ganzen

Warum also die ganze Sache mit über hundert Gästen, Namensschildern, Medien und reichhaltigem Apéro in ehrwürdigen Hallen? Thomas Kessler gab die Antwort mit seinem Referat: Er rief das Grosse und Ganze an, die Vision einer Kantonsentwicklung. Basel stehe in einem internationalen Umfeld, sagte Kessler, das Grosse beeinflusse stets das Kleinere. Besonders in einer vernetzten, globalisierten «Industrie 4.0». Nicht nur das Dreiland umgebe den Kanton; mit unseren Pharmariesen sehen wir uns globalen Einflüssen ausgesetzt. «Ein Tweet von US-Präsident Donald Trump reicht und die Aktienkurse unserer Pharmafirmen sinken», so Kessler. Die Auswirkungen globaler Bewegungen geschehen sofort.

Überhaupt: Basel sei durch Köpfe gross geworden. Durch den Geist. Er rief Erasmus von Rotterdam an, den stadtgrössten Stifter Christoph Merian, Peter Ochs, Johann Rudolf von Wettstein, Friedrich Nietzsche. «Kopf, Diplomatie und Handel, darin war Basel immer gross», sagte Kessler. Sobald sich die Basler aber in die «Niederungen des Impulsiven» begaben, kriegten sie Haue. Bei der Schlacht von Marignano, zum Beispiel. Oder auf der Hülftenschanz. Aber der Wettbewerb werde rauer. «Basel ist eine Perle, auch historisch, die Stadt war schon immer international.» Wir sollten nicht vergessen, woher wir kommen, mahnte er: «Angesichts stets steigender Ansprüche kann die Gesellschaft ansonsten auseinanderfallen.»

Mit diesen Worten schloss der erste grosse offizielle Entwickler des Kantons sein Referat und entliess die Gäste zu den Netzwerk-Häppchen. Aber nicht, ohne noch kurz dezent für ein Ja zum Kasernen-Umbau geworben zu haben. Nach rund 27 Jahren in Basler Staatsdiensten verlässt Thomas Kessler am 8. Februar sein Amt. Seine Nachfolge ist noch nicht bestimmt.

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