• Andy Strässle
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Kindsmissbrauch: Bei Trennung kommen Basler Kinder unter die Räder

1'575 Fälle von Kindesmisshandlung wurden im vergangenen Jahr in den Schweizerischen Kinderkliniken gemeldet. In Basel wurden am Universitätskinderspital 51 Fälle gemeldet. Die Zahl sei stabil, wie das Netzwerk Kinderschutz Basel-Stadt erklärt.

Diese Geschichten hätten wohl auch dem Lügenbaron Münchhausen die Haare zu Berge stehen lassen: Mütter, die ihre Kinder schlagen, ihnen Knochen brechen, ihnen Mund oder Nase zuhalten, um später dem Arzt zu berichten, das Kind leide unter Atembeschwerden. Das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom ist aber nur eine Gefährdung auf die das Netzwerk Kinderschutz Basel-Stadt achtet. Der Kinderarzt Daniel Beutler vom Universitätskinderspital beider Basel (UKBB) sagt: «Die Zahlen in Basel sind im Vergleich zum letzten Jahr leicht gesunken. Über die letzten Jahre hatten wir am UKBB immer zwischen 50 und 70 Kinderschutzfälle, ein eigentlicher Trend zeichnet sich nicht ab.» 

In der ganzen Schweiz forderte die Kindesmisshandlung zwei Todesopfer. Markus Wopmann Leiter der Fachgruppe Kinderschutz schreibt: «Im Jahr 2016 wurden an den Kinderkliniken zwei Kinder registriert, die in Folge einer körperlichen Misshandlung gestorben sind. Eines dieser Kinder war jünger als ein Jahr alt, das zweite Kind zwischen eins und zwei Jahren.» Dies entspreche der Erfahrung, dass das Risiko für eine schwere oder tödliche Misshandlung bei ganz jungen Kindern am grössten sei.

Im Durchschnitt bespreche die Kinderschutzgruppe des UKBB sechzig Fälle pro Jahr. In der Hälfte der Fälle erfolge eine Gefährdungsmeldung an die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB). Bei Kindesmissbrauch gilt es schnell zu handeln. So hat das UKBB die Möglichkeit ein gefährdetes Kind im Spital zu behalten. Schweizweit sei zu beobachten, dass die psychische Gewalt am stärksten zunehme. Darum erklärt Markus Wopmann: «Psychische Gewalt vor allem durch das Miterleben von Gewalt unter Eltern, ist ein Phänomen, das immer häufiger beobachtet wird. Leider werden in vielen Familien zwei oder mehr Polizeieinsätze innert eines Jahres verzeichnet, was die Bedeutung dieser Thematik noch unterstreicht.»

In Basel weiss Kinderarzt Daniel Beutler: « Am UKBB lässt sich kein Trend einer Häufung der psychischen Misshandlung erkennen. Wir sehen aber, dass Kinder bei elterlichen Trennungskonflikten zunehmend instrumentalisiert werden.» In Basel sind die Ärzte im UKBB auf das Thema sensibilisiert: «Kinderschutz gehört zur Weiterbildung der Kinderärzte, es gehört zur Aufgabe der Kinderärzte, Kindesmisshandlungen zu erkennen und die notwendigen Schritte einzuleiten. Hier hat eine Kinderklinik einen Aus- und Weiterbildungsauftrag.» 

Die Risikofaktoren, die zur Kindesmisshandlung durch die Eltern führen, die meisten Täter stammen aus der Familie (80,8 Prozent), sind laut Beutler soziale Schwierigkeiten, Suchtprobleme, soziale Isolation oder auch eigene Misshandlungserfahrungen. Trotz belastender Erfahrungen, zeigt Daniel Beutler auch Verständnis. Meist seien die Eltern einfach überfordert. Darum sei es wichtig, dass das Netzwerk Kinderschutz aus verschiedenen Fachstelle bestehe. Er sagt: «Es ist wichtig, dass sich diese Stellen vernetzen und Probleme im Bereich Kinderschutz mithilfe von gemeinsamen Kampagnen und durch fachlichen Austausch zusammen angehen.» Die steigenden Zahlen seien am Ende auch ein Zeichen, dass man vermehrt auf den Kinderschutz sensibilisiert sei.

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