• Jonas Egli
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Klara 13: Der Traum der Aufwertung erhält einen Leuchtturm

Heute erhält die Clarastrasse unter dem Namen «Klara 13» ihr neues kulinarisches Herz. Mit dem langersehnten Projekt erwachen auch totgeglaubte Auftwertungsprozesse wieder.

Erinnert sich noch jemand an den Kleiderdiscounter B+A? Nein? Eben. Über Jahre wurde die Clarastrasse, in ihren Glanzeiten auch «Boulevard Clara» genannt, von austauschbaren Ramschläden und lieblosen Outlets heimgesucht. Deshalb beschloss die Stadt 2016, genauer gesagt Immobilien Basel, man möge doch etwas dagegen unternehmen. Das ist nun geschehen, zumindest an einem Ort.

Breit gefächertes Angebot bei Klara 13

Heute eröffnet an der Clarastrasse 13, wo vorher der Discounter B+A war ein Gastroangebot, das sich sehen lassen kann: In der geräumigen Halle gruppieren sich neun Küchen um eine grosse Bar in der Mitte. Ein breit gefächertes, internationales und vor allem preisgünstiges Angebot soll es sein. Acht der Kochnischen sind fix vergeben, die neunte soll einem wechselnden Angebot dienen. Für stilvolle Sitzgelegenheiten ist ebenfalls gesorgt.

Die Betreiber Valentin Ismail, Lukas Riesen, Neda Schön und Pascal Biedermann planen, Kundschaft zu Mittag und Abends mit Essen zu versorgen, die bewilligten Öffnungszeiten gehen aber über das hinaus. Im hinteren Teil, so Biedermann, sollen dereinst auch Konzerte stattfinden können. Für einen Drink nach der Arbeit reicht’s aber auch so. Das Ganze hat einen deutlichen Hipster-Touch und schwebt optisch zwischen hübsch hergerichtet, unfertig und ein wenig angedeppert. Kurz: Ein ansprechendes Ambiente. Und genau so war es auch gewollt.

Pascal Biedermann und Neda Schön

Ikonographie der Markthalle

Es ist die Ästhetik der «Denkstatt sàrl», die sie pflegt und die Basel lieben gelernt hat. Boden und Wände rauh, die Möblierung im Brocki-Stil zusammengewürfelt und doch auf eine gewisse edle Ausstrahlung hin ausgewählt.

Dass die Denkstatt im Spiel ist, ist kein Zufall. Das Büro mit Sitz in Basel ist auf solche Umnutzungen von Basel bis Berlin spezialisiert und hat in Stadt und Region bereits einigen Orten ihren Stempel aufgedrückt, wie zum Beispiel dem Gundeldinger Feld oder der Markthalle. Sie wurde von der Stadt zu Rate gezogen, nachdem auf eine erste Ausschreibung für die Liegenschaft an der Clarastrasse keine einzige Bewerbung kam.

Biedermann freut sich zwar über den Zuschlag, kann es aber auch nicht ganz verstehen: «Die Privaten geben der Stadt oft auf’s Dach für die fehlende Entwicklung der Strasse, doch ist genau dieses Haus das einzige, welches der Stadt überhaupt gehört.» Mehr als dieses ausschreiben kann sie nicht. Den Vermietern der umliegenden Liegenschaften sei es doch egal, was drin sei, hauptsache keine Leerstände. Dass niemand es geschafft hatte, dem Strassenzug eine bessere Idee als Discounter und Outlets bescheren, sei doch erstaunlich.

Ein Leuchtturmprojekt mit Verzögerungen

Klar, meint Biedermann, hier geht es auch darum, ein erstes Zeichen zu setzten, ein Leuchtturmprojekt zu realisieren. Er kennt die Situation nur zu gut: «Ich habe das schon bei etlichen anderen Projekten gesehen: Ist der Funke mal da, springt er auch leicht über.» Für Klara 13 wäre es natürlich wünschenswert, dass die Gegend von kaufkräftigen Kunden frequentiert wird, die nicht nur schnell weiter wollen. Und die Vermieterin, die Pensionskasse Basel-Stadt, profitiert ebenfalls davon, wenn die Liegenschaft in den Sog der Aufwertung gerät. Zudem reize es ihn, «solche Un-Orte zu aktivieren.»

Klara 13 träumte zuerst von einer Eröffnung Anfang April, was sich aber bald als Illusion herausstellte. Die Infrastruktur des Gebäudes war desolat. Mit-Betriebsleiterin Neda Schön meint: «Da war gar nichts, als wir die Decke runternahmen. Keine Lüftung, keine Heizung, nichts!» Die Stadt hat dies dann nachgeholt, man sieht es an den gewaltigen, silberglänzenden Lüftungsrohren neben der Bar.

Das ist kein Einzelfall: Mathias Böhm, Geschäftsführer von Pro Innerstadt, hat bereits zu Beginn des Aufwertungsprojekts Clarastrasse darauf hingewiesen, dass das vergangene Ladensterben unter anderem auch den veralteten Gebäuden zuzuschreiben sei.

Zukunftsmusik, neu aufgespielt

Der damalige Stadtentwickler Kessler sprach 2012 noch davon, die Clarastrasse «befinde sich in einer Zwischenphase.» Nun, fünf Jahre später, kommt endlich Schwung in die Sache. An verschiedenen Orten spriesst das Leben: Gegenüber von Klara 13 baut Beschle hinter Pressspanwänden gerade eine neue Filiale. Weiter Richtung Rhein an der Greifengasse baut Coop und deren Nachbarn Vögele und ein «Fashion Outlet» wollen weg und feiern Totalausverkauf. Die baulichen Verschönerungen des verbreiterten Steinplattentrottoirs von der Mittleren Brücke her werden Klara 13 vorerst nicht erreichen, bis und mit Claraplatz ist das Lifting allerdings geplant. Längst sollte an der Ecke Riehenring/Clarastrasse der Claraturm den metallisch-gläsernen Look des Messeplatzes auf die andere Seite transferieren, andere Discounter und Matrazenoutlets haben sich bereits aus der Strasse zurückgezogen. Dass die Clarastrasse gerade am Anfang einer Entwicklung steht, ist sicher. Und Klara 13 ist deren erste Saat.

Clara-Symbiose: Handy-Klempner trifft Fahrrad-Dandy

Die Unternehmer tragen dabei das Pionier-Risiko: «Einen tiefen siebenstelligen Betrag» musste Biedermann für den Umbau aus Krediten, privaten Investitionen und Darlehen zusammenstückeln. Für zehn Jahre läuft der Mietvertrag erstmal, danach könne man über eventuelle Verlängerungen nachdenken.

Böhm betont, dass der Claraplatz ein wichtiger nächster Schritt wäre, die Achse von der Greifengasse her zusammenzuhalten. Solche Projekte wie das Klara 13, die von sich aus eine Strahlkraft entwickeln, seien weiter entscheidend, dass sich eine Dynamik entwickeln könne. Diese sei zweifellos in den Anfängen zu spüren. Dass die Clarastrasse etwas von ihrem früheren Glanz zurückerhält, ist mit der Eröffnung von Klara 13 heute sicher und falls das Projekt lange genug durchhält, könnte es sogar eine Erfolgsgeschichte für die ganze Strasse werden.