Neuer Name für ein altes Boot. Die Flagge wird gehisst. Bild: Irma&Fred Brockenhaus
Neuer Name für ein altes Boot. Die Flagge wird gehisst. Bild: Irma&Fred Brockenhaus
  • Jonas Egli
  • Aktualisiert am

Kult-Clara-Brocki im letzten Moment doch noch gerettet. Sein Gratiskaffee auch.

Vor einem Jahr hiess es, die ausserordentlich beliebte Clara-Brocki stünde vor dem Aus. Verkauf der Liegenschaft, Rauswurf zwecks Sanierung, das übliche, harte Immobilien-Geschäft. Der Aufschrei bei den barfi.ch Nutzern war entsprechend gross. Doch zum Glück kommt es nun es ganz anders.

Eigentlich wäre schon vor Wochen Schluss gewesen und das Brockenhaus am Claramattweg 16 hätte ausziehen müssen. Nach dem Kauf der Liegenschaft durch WeBa Immobilien vor einem Jahr folgte die plötzliche Kündigung auf Juni 2017. Die Nachricht wurde von barfi.ch lanciert und in der Folge auch in den anderen lokalen Medien verbreitet und bedauert.

Dieser Termin ist verstrichen, doch vom Ende kann nicht die Rede sein: Martin Becker und sein Team sind wie gewohnt in ihrem mehrstöckigen Trödel-Reich anzutreffen als wäre nichts gewesen. Nur eines hat sich verändert: Die Aufschriften «Clara-Brocki» sind überklebt, das Unternehmen heisst jetzt «Irma & Fred Brockenstube». Sonst ist alles beim Alten. Becker ist erleichtert: Vor zwei Wochen blies der Käufer Peter Weyn Banningh die Aktion plötzlich ab und der Mietvertrag wurde, mit einem («kleinen») Aufpreis, in letzter Minute um fünf Jahre verlängert. Becker unterschrieb sofort: «Das mussten wir uns nicht zweimal überlegen!»

Bild: barfi

Die Erlösung nach einem Jahr

Es war ein Zittern bis zum Ende: «Wir sassen da mit im Geiste gepackten Koffern,» meint der Geschäftsleiter. Ein Ende wäre es nicht gewesen, denn der Umzug an die Oetlingerstrasse war bereits geplant. Selbst der Umbau mit den dazugehörigen Bewilligungen und Plänen waren pfannenfertig zur Hand. Weyn Banningh bot bereits bei der Kündigung tatkräftige Hilfe an, eine neue Liegenschaft zu finden, die Platz für sämtliche Omalampen und Porzellan-Geschirrsets geboten hätte, sowie für die knapp 20 Arbeitsplätze, darunter etliche als Teil ihres Engagements für Arbeitsintegration. Verschiedene Szenarien wurden geprüft, bis man sich für das Klybeck entschied und die amtliche Bewilligung einholte, dort eine Brockenstube zu betreiben.

Bild: barfi

Dann wollte doch keiner mehr

Martin Becker lernte Weyn Banningh erst kennen, als dieser sich vor einem Jahr überraschend als neuer Besitzer des Hauses am Claramattweg vorstellte. Doch kurz vor dem Termin holten dann aber beide Seiten die Gewissensbisse ein: Weyn Banningh wollte niemanden an der Oetlingerstrasse rauswerfen und Becker hätte nicht annehmen wollen, wenn dafür langjährige Mieter hätten ausziehen müssen. Eine Patt-Situation für die beiden, die inzwischen Freunde geworden sind. Jetzt, ein Jahr später, rettet der Immobilienhändler die Mieter seines Kaufobjektes gleich selbst. Vom Feind zum Freund, es ist fast zu schön, um wahr zu sein.

Das Team, zumindest ein Teil davon, an ihrem neuen alten Standort. Martin Becker, zweiter von rechts, ist froh. Bild: Irma&Fred Brockenhaus

Der Umzug, der nicht stattfand, war trotzdem teuer

Martin Becker ist erleichtert, er wischt sich mit einer symbolischen Geste den Schweiss von der Stirn. Die Geschichte hinterlässt dennoch Spuren. Zum einen in der Kasse, da ein Architekt und eine Baubewilligung «ganz schön teuer sind,» zum anderen, weil auch der Name bereits für den neuen Standort geändert wurde. Nun heisst die «Clara-Brocki» also «Irma & Fred». Sie ist trotzdem noch ganz die alte Brocki, ein Trödelparadies auf fünf Stockwerken, das von dem ehemals «mit Abstand schmuddeligsten Brockenhaus Kleinbasels» (laut barfi.ch) zu einer der besten Adressen für Stöberer und Schnäppchenjäger in der Stadt wurde. Alleine das Café im Erdgeschoss ist ein Unikum unter den Basler Brockenstuben.

Und wie früher ist dort der Kaffee für die Kundschaft auch weiterhin gratis. Becker: «Ich will den Kaffee nicht verkaufen, das ist so ein Identifikationsmerkmal geworden.» Fürwahr.

Möchten Sie sich dazu äussern? Hier geht es zu den Kommentaren.

Weitere Titelgeschichten finden Sie hier.