Egal, welcher Hersteller: Läggerli, Läckerli, Leckerly aus Basel sind immer echte Basler. ©barfi
Egal, welcher Hersteller: Läggerli, Läckerli, Leckerly aus Basel sind immer echte Basler. ©barfi
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Lebkuchen nur im Herbst? Quatsch: Unser Leckerly hat immer Saison

Das Läckerli ist unser Nationalgebäck. Es ist immer da und war irgendwie auch schon immer da – aber war es das wirklich? Nein: Auch es ist ein Zuzüger. Unter all den Herstellern dieser überall präsenten und deswegen ein bisschen unscheinbaren Perle der Schweizer Lokalspezialitäten lebt auch noch die älteste Manufaktur der Stadt – die Leckerly herstellt. Eine Hymne.

In Basel über das Läggerli schreiben, das fühlt sich immer etwas seltsam an. Es ist, als ob man literweise Wasser in den Rhein trägt. So sehr ist das gute Stück Gebäck hier in aller Munde. Überhaupt, was gibt es alles für lustige Sprachbilder, in die unsere Vorzeigespezialität nicht schon eingepackt wurde? Denn kurz und gut: Das Läggerli ist unser eigentliches Kulturgut. Neben der Fasnacht, natürlich, aber die kann man ja nicht essen.

Die Basler haben also das Läggerli erfunden. Oder das Leckerly, wie man das Gebäck früher manchmal zu nennen pflegte. Oder das Läckerli, wie es sich als national anerkannte Schreibweise eingebürgert hat. Wobei das mit dem Erfinden eben auch nicht so ganz stimmt, das Läckerli ist, wie es auch so viele alteingesessene und neue Basler Familien sind, ein Zugezogenes. Im 17. Jahrhundert kam es aus Deutschland, aus der damaligen Zuckerbäckerhochburg Nürnberg.

Aber wen interessiert das heute schon, wenn er oder sie den Lieblingsbasler als «mein Läckerli» bezeichnet. Das zärtliche Stück Süssgebäck gehört zur Stadt wie der gleichnamige Marsch zur Fasnacht und das Knie zum Rhein. Und dazu gehört eben nicht nur das überall präsente und nach allen Regeln der Kunst vermarktete «Läckerli Huus», das Miriam Baumann-Blocher gehört, der Tochter von alt Bundesrat Christoph Blocher. Sondern dazu gehören auch die kleinen Hersteller. Confiserien etwa, Bäckereien und «Jakob's Basler Leckerly».

Leckerly übertrumpft doch tatsächlich Läckerli

Ja, richtig gelesen. Leckerly, nicht Läckerli. Die Firma ist die älteste noch existierende Läckerli-Manufaktur in Basel. Sie hat eine fast schon unendlich anmutende Geschichte, zumindest gemessen an der Lebensdauer heutiger Traditionsgeschäfte der Innenstadt. Seit 264 Jahren hat es die Firma in der einen oder anderen Art schon gegeben. 1753, mitten im Rokoko, als die Reichen noch brokatlastige Röcke mit Reifen trugen, eröffnete an der Basler Schneidergasse das Steiger'sche Kaffeehaus. 30 Jahre später bewilligte die Obrigkeit einem gewissen J.J. Steiger Bruckner formal den Betrieb des Cafés und der zugehörigen Leckerly-Produktion. Seither lief das Geschäft, man wurde sogar in boomenden Reiseführern der damaligen Zeit empfohlen, der Süsswarenhandel blühte.

Und das tut es heute noch. Mittlerweile setzt die Manufaktur auch auf das Internet. Das Kaffeehaus ist weg, das Geschäft umgezogen, man ist jetzt neben der Johanniterbrücke zu Hause und die Besitzer heissen seit 2017 Familie Kuster. Immer noch schneiden die Produkte aus der Manufaktur bei Verköstigungen auf Top-Rängen ab, der Versand läuft bestens, wie zu alten Zeiten, und der Zauber der eigenen Geschichte und das in Basel wichtige historisierende Traditionselement lassen die Firma neben dem Monopol des «Läckerli Huus»-Konzerns problemlos bestehen. Man versendet jetzt halt einfach via Internet und nicht mehr über Zeitungsinserate in Frakturschrift.

Aber: Ein Läggerli bleibt ein Läggerli

Also gehören sie alle dazu, die Leckerly-Manufakteure, die Läckerli-Produzenten, die Bäcker, die Konditoren, die privaten Zuckerbäcker. Sie halten das kleine süsse Gebäck am Leben, das eigentlich nie und doch immer Saison hat. Wäre ja auch schade drum, wenn man es nur an der Herbstmesse essen könnte, wie etwa das Magenbrot, das so zwingend mit blinkenden Bahnen, knorrigen Standbetreibern und redseligen Krämern verknüpft ist, dass man es wegen seiner saisonalen Heiligkeit das Jahr hindurch nicht anzufassen wagt. Auch wenn es noch so lecker sein mag. 

Nennt dich nun also jemand «Basler Läckerli», dann nimm das nicht als Beleidigung oder gar Reduktion auf deine spezifische Herkunft, sondern als Kompliment, und nimm es ehrfürchtig entgegen, denn das Läckerli – oder Leckerly oder korrekterweise eben: Läggerli – ist älter als du. Und auch wenn es eigentlich ein Zuzüger ist, wie all die Vischers, die Socins, die Sarasins, wie eigentlich fast alle vom Basler Daig und überhaupt von Basel, so entsteht es genau aus jenem Teig, der eben nur in Basel entstehen konnte. Also: Nennt dich jemand «Basler Läckerli», und versucht es dieser oder diese jemand sogar mit der eigentlich den Baslern vorbehaltenen Aussprache «Läggerli», dann nimm es mit Stolz. Schliesslich ist es nicht nur süss und würzig und umwerfend charmant, sondern es hat auch immer Saison. Und siehe da: Von welcher Spezialität kann man das sonst noch behaupten? Ebbe sehsch.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? Diskutieren Sie mit uns hier.