Einschneidend umbauen statt eingehen: Manor zieht die Schraube an. Bild: C. Staehelin
Einschneidend umbauen statt eingehen: Manor zieht die Schraube an. Bild: C. Staehelin
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Manor in der Krise: Basler Warenhauskette verunsichert Mitarbeiter und steigert Effizienzdruck

Nach einer Umsatzeinbusse vergangenes Jahr baut die Warenhauskette Manor ihre Strukturen um. Das laufende Strukturprogramm steht in der Kritik, Ausbildungsprogramme werden umgestellt. Das betrifft auch Basel, die Mitarbeiter fühlen sich vor den Kopf gestossen und sind verunsichert.

Danika F.* arbeitet seit wenigen Jahren bei Manor in Basel. Die junge Frau wollte beim Detailhändler Karriere machen. Neben ihrer Arbeit im Warenhaus absolviert sie eine interne Ausbildung, die sie für weitere Verantwortungsjobs qualifizieren sollen. Seit dem Knall in der Führungsriege des Basler Konzerns ist allerdings alles unsicher. Ihre laufenden Kurse könne sie noch fertig machen, wurde ihr beschieden. Was danach folge, sei allerdings offen. Danika ist verärgert, ihre Zukunftsplanung hat sich in Luft aufgelöst – wie die Verträge einiger Kolleginnen und Kollegen im Konzern.

Im Januar verliess Konzernchef Bertrand Jungo die grösste Schweizer Warenhauskette mit Sitz in Basel. Elf Jahre war er an der Spitze. «Das Unternehmen benötigte eine Blutauffrischung», sagte er kurz und knapp nach seinem Abgang. Ersetzt wurde Jungo durch den Franzosen Stéphane Maquaire. Und der zog die Schraube sofort an: Nach einer Umsatzeinbusse von 2 bis 2,5 Prozent im vergangenen Jahr leitete Maquaire umgehend eine einschneidende Strukturreform ein. Kurz vor der Basler Fasnacht berichtete der «Sonntagsblick» von einer «versteckten Massenkündigung» bei Manor. Es wurde von «mehreren Dutzend» Mitarbeitern berichtet, denen gekündigt worden sein soll.

Nichts sei hier versteckt und eine Massenkündigung sei das erst recht nicht, sagt Unternehmenssprecherin Elle Steinbrecher gegenüber barfi.ch. Zehn kleinere Warenhäuser wurden an grössere angeschlossen, deren Direktoren somit neu gleichzeitig einem grösseren und einem kleineren Haus vorstehen. «Das kleinere Warenhaus wird nun mehrheitlich von einem jungen Talent geleitet, das als ‹Store Manager› auf diese Weise von den Erfahrungen eines versierten Leiters profitiert.» Die Basler Filialen seien davon allerdings nicht betroffen.

Ordentlich Sparpotenzial: Kader ersetzen

Die Manor an der Greifengasse. Bild: C. Staehelin

Das Sparpotenzial der Massnahme ist überdeutlich: Durch die Zusammenschlüsse wurden mindestens zehn erfahrene Kaderleute mit entsprechendem Lohn überflüssig. Und jüngere Talente bedeutet eben auch günstigere Talente, nur mit mehr Verantwortung und Effizienzdruck. Manor erachtet das nach eigener Aussage als Chance, junge Fachkräfte in die Führungsriege nachzuziehen: «Die Veränderungen in der Welt des Detailhandels und unser Anspruch, uns zu einer Organisation mit konsequenter Kunden- und Verkaufsorientierung weiterzuentwickeln, machen es erforderlich, Rollenprofile zu schärfen und unsere Strukturen noch besser an die bestehenden Bedürfnisse der Konsumenten auszurichten», so Steinbrecher.

In diesem Zug werden nun die Ausbildungen angepasst. Danika sagt, sie könne die Massnahmen aus Unternehmenssicht nachvollziehen, ärgert sich aber dennoch. Sie weiss eben nicht, wie es weitergeht, auch innerhalb des Betriebs. Die Aussicht auf eine Position als «Store Manager» sei zwar attraktiv, aber ob sie diese Funktion als junges Talent wolle, müsse sie sich erst überlegen. Damit steht sie nicht allein: Ob in Basel oder Zürich, aus beiden Städten sind barfi.ch mittlerweile direkte Meldungen bekannt. Die Verunsicherung ist gross, schliesslich baut sich der Konzern eingehend um, Effizienz sei auch hier das Schlagwort.

Manor schränkt allerdings ein, die Ausbildung werde sicher nicht sistiert. Im Gegenteil: «Die bestehenden Weiterbildungsprogramme werden selbstverständlich abgeschlossen. Da wir künftig noch verstärkter in Führungsentwicklung investieren, werden aktuell neue Programme entwickelt», so Steinbrecher.

Nächster Kulturwandel bei der ehemaligen «Rhybrugg»

Die alte «Rheinbrücke» an der Basler Greifengasse. Bild: Manor

Zusammenlegen, Fördern junger Talente und «Store Management» als Satellit eines grösseren Ladens: Der Wind der Effizienz bläst bei Manor scharf. Die ehemalige «Rhybrugg» mit Sitz in der Greifengasse macht sinkende Milliardenumsätze: 2015 waren es 2,64 Milliarden Franken. Mit den inoffiziell geschätzten 2 bis 2,5 Prozent weniger ergibt das für 2016 einen Umsatz von etwa 2,57 Milliarden Franken. Nicht nur der ehemalige Direktor Bertrand Jungo verliess im Januar nach insgesamt 26 Dienstjahren die Firma, auch Marketingchef Alex Sabbag ist weg. Bereits vor zwei Jahren entliess Manor aus Spargründen am Hauptsitz in Basel 150 Mitarbeitende.

Nach der langen und prägenden Zeit Jungos als Firmenchef herrscht jetzt Zeit des Aufbruchs. Der Schweizer Detailhandel befindet sich ohnehin in einer Krise: Zwei Jahre in Folge haben die Detailhändler und Grossverteiler nun Umsatzrückgange im Bereich von 2 Prozent bekanntgegeben. Im Spitzenjahr 2010 lagen die Umsätze noch bei 98 Milliarden Franken, vergangenes Jahr waren es 94 Milliarden Franken. Das sei aber nicht nur den Kunden anzulasten, sagte Thomas Hochreutener vom Marktforschungsinstitut GFK gegenüber SRF im Dezember: Auch die Innovation im Schweizer Handel seien stehengeblieben, der Markt übersättigt.

Der neue Schweizer Detailhandel wird sich also vermehrt mit Online-Angeboten und Dienstleistungen jenseits des gängigen Ladengeschäfts auseinandersetzen müssen. Für die Manor, die als klassisches Warenhaus mit Kundenorientierung und qualitätsbewusster Geschichte auftrat, hat das dieselben Folgen wie für Coop und Migros: Der Kunde muss trotz mässiger Innovation im Handel bei der Stange gehalten werden. Strukturmassnahmen wie die Reorganisation des Betriebs sind eines der wichtigsten Begleitmittel solcher Entwicklungsschritte. Berühmte Opfer ausbleibender Innovationen sind die ehemaligen Traditionshäuser EPA oder ABM: Beide waren über Jahrzehnte aus dem Stadtbild nicht wegzudenken, verschwanden aber komplett von der Bildfläche. Das Basler Familienunternehmen Manor, das nicht verpflichtet ist, Umsatzzahlen zu publizieren, will dieses Schicksal jedenfalls nicht teilen.

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* Name geändert.

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