Parkplatzsuche in der blauen Zone? Stapeln ist die beste Lösung. ©barfi/Google Streetview
Parkplatzsuche in der blauen Zone? Stapeln ist die beste Lösung. ©barfi/Google Streetview
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Mehr Parkkarten, immer weniger Parkplätze – das lukrative Chaos auf Basler Strassen

Der Verkauf der Parkkarten in Basel boomt. Insbesondere die günstigen Tagesparkkarten erlebten 2016 reissenden Absatz. Dabei vernichtet Basel bei jeder Umgestaltung mehr Parkplätze auf der Allmend. Schliesslich sei die Zukunft unterirdisch, sagt der Kanton. Und meint es wortwörtlich.

Die Basler Parkkarten sind etwas unheimlich Praktisches: Anwohner, Gewerbe, Pendler und andere Berechtigte können damit ganz einfach Allmend-Parkplätze benutzen, vor allem die in der blauen Zone. Nur: Es gibt immer mehr Parkkarten und immer weniger Parkplätze. Per Dezember 2016 sind in Basel insgesamt 34’000 Parkkarten im Umlauf. Im Gegensatz gibt es gerade mal gut 19’000 Parkplätze der blauen Zone und rund 2’500 Parkplätze der weissen Zone. Für den Kanton ist das kein Problem. Im entsprechenden Reglement heisst es auch: Eine Parkkarte berechtigt noch lange nicht zu einem Parkplatz. So kann es durchaus aus sein, dass jemand zum Beispiel im Gundeli kilometerweise Runden drehen muss, ohne Aussicht auf Erfolg.

Von allen Parkkarten ist die Anwohnerparkkarte die beliebteste. Per Dezember 2016 sind rund 26’400 ausgestellt, wie das Justiz- und Sicherheitsdepartement auf Anfrage gegenüber barfi.ch bekanntgibt. Auf Platz zwei folgen die Gewerbeparkkarten (6’300), mit grossem Abstand dann die Spitex- und Ärzteparkkarten (430 bzw. 250). Schliesslich gibt es noch 120 Carsharing-Parkkarten für Mobility und deren Tochterfirma Catch-a-Car sowie 300 der teuren Pendlerparkkarten.

Die Pendlerparkkarten berechtigen auswärtige und in Basel beschäftigte Personen zum grenzenlosen Parkieren in der blauen Zone. Mit einer Jahresgebühr von 740 Franken ist sie aber deutlich teurer als die Karte für Anwohner, die mit 140 Franken pro Jahr und Zone geradezu spottbillig ist – deutlich billiger jedenfalls als ein Parkplatz in einer Einstellhalle, der im Schnitt ab monatlich etwa 120 Franken zu haben ist. Das wären dann schon rund 1440 Franken im Jahr.

Tagesparkkarte ist ein durchschlagender Erfolg

Einen regelrechten Run gibt es auf die Besucherparkkarte. Sie ist problemlos im Internet oder an Billettautomaten der BVB zu beziehen und berechtigt zu einem Tages- oder Halbtagesparking in der entsprechenden Zone. Wurden im Januar 2015 noch 14’000 Stück davon verkauft, waren es im Oktober 2016 bereits 27’000, wie Andreas Knuchel vom JSD sagt. Die meisten davon wurden an Billettautomaten der BVB bezogen.

Massiv mehr Parkkarten und immer weniger Parkplätze auf der Allmend: Hat Basel ein Problem? Nein, sagt der Kanton, denn die Strategie des Bau- und Verkehrsdepartements (BVD) laufe darauf hinaus, die Autoparkplätze von der Allmend wegzubringen. «Das Bau- und Verkehrsdepartement beobachtet die Entwicklung bereits seit einiger Zeit und hat darum die aktuelle Parkplatzsituation vertieft abgeklärt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Zahl der öffentlich zugänglichen Parkplätze in den letzten 15 Jahren leicht zugenommen hat», schreibt BVD-Sprecher Marc Keller in einer E-Mail an barfi.ch. Dabei sei eine Verlagerung der Parkplätzen weg von der Oberfläche und hin zu unterirdischen Abstellflächen zu verzeichnen.

Die Zukunft: Mehr Parkhäuser, viel weniger Zonenparkplätze

Tatsächlich soll unter anderem das geplante Kunstmuseum-Parking 350 Parkplätze in die Innenstadt bringen. Weiter verweist Keller auf die 657 neuen Einstellhallenplätze bei der Erlenmatt und auf zusätzliche private Parkhäuser in den Quartieren. Beim Campus Schällemätteli entstehen weitere 200 Parkplätze und rund 100 bis 300 Parkplätze sollen unter den Tschudi-Park gegenüber des neuen Biozentrums kommen.

Es bleibt aber dabei: Oberirdische Parkplätze auf der Allmend verschwinden. So wurden auch bei der Neugestaltung Wasgenring/Luzernerring (Luwa) bestehende Allmend-Parkplätze entfernt. Die per 2015 im neuen Parkplatz-Kataster erarbeitete Übersicht ergibt für die rund 28’000 Allmend-Parkplätze – blaue und weisse Zone, gebührenpflichtige, Güterumschlag und weitere – eine Fläche von rund 280’000 Quadratmetern. Dazu Marc Keller: «Gleichzeitig mit der angestrebten Entspannung der Parkierungssituation geht es auch darum, mehr wertvollen Raum an der Oberfläche für andere Nutzungen wie Aussenbestuhlungen, Begegnungszonen und für mehr Bäume und Stadtgrün freizuspielen.» Das Parkplatzbasel der Zukunft soll also unter der Erde stattfinden, damit wir oben Platz haben.

Parkkarten sind ein Millionengeschäft

Basel-Stadt setzt allein mit den Anwohnerparkkarten rund 3,5 Millionen Franken pro Jahr um. Zusammen mit den Gewerbeparkkarten (1,3 Millionen, ohne Regioparkkarten BL/BS) und den Besucher- und Pendlerparkkarten (2,1 Millionen Franken) ergibt das ein stolzes Sümmchen von insgesamt rund 6,9 Millionen Franken für 2016.

Das füllt die Kantonskasse aber kaum. Von Gesetzes wegen fliessen jeweils 80 Prozent der Einnahmen in den Basler «Pendlerfonds» – im Jahr 2016 dürften das rund 5,5 Millionen Franken sein. Zweck des Fonds: Projekte zu fördern, die dazu beitragen, den Parkdruck auf der Allmend zu reduzieren und bisherige Autofahrten auf den öffentlichen Verkehr oder die kombinierte Mobilität zu verlagern. Dazu gehören Park-and-Ride-Anlagen, Quartierparkings und neue ÖV-Angebote, wie der Kanton auf der entsprechenden Website schreibt. Der Fonds speist sich ausschliesslich aus der Parkraumbewirtschaftung.

Der Kanton rechnete für den noch jungen Fonds «langfristig» mit jährlichen Einnahmen von zwei bis drei Millionen Franken. Die Zahlen 2016 übertreffen diese Annahme bereits deutlich. Den grössten Anteil erhielt bislang die Verlängerung der Tramlinie 3 nach St. Louis, die kostete den Fonds zwei Millionen Franken. Weitere von Basel-Stadt unterstützte Projekte sind Park+Ride-Anlagen in Deutschland, Frankreich und der Region Basel.

Das mildert das Leid der Parkplatzsuchenden nur ein bisschen. Auch wenn BVD-Sprecher Keller festhält, dass Basel im gesamtschweizerischen Parkplatzvergleich sehr gut abschneide. Die Mischung aus weniger Allmendparkplätzen, forciertem Parkhausbau und regionalen öV-Lösungen macht die Situation für den Einzelnen in etwa so angenehm, wie in einer überfüllten, viel zu stark befahrenen Strasse seitwärts einzuparkieren. Und so lange es die Tagesparkkarte schon für 10 Franken gibt, bleibt für viele auch der Anreiz gering, sich ab 25 Franken einen 24-Stunden-Aufenthalt im öffentlichen Parkhaus zu leisten – selbst wenn man für eine freien Parkplatz eine gefühlte Ewigkeit durchs Quartier seiner Wahl zirkeln muss.

Ja, bis in die 1970er-Jahre war der Barfi noch ein Parkplatz. ©Verschwundenes Basel

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