• Christine Staehelin

Mit Software zum Champions-League-Sieg: Basler Forscher arbeiten an wegweisender Match-Analyse

Noch mehr Siege für den FC Basel: Mit einer Software der Universität Basel könnte Trainer Raphael Wicky die Effizienz seiner Mannschaft weiter steigern. Ein Basler Forscherteam arbeitet mit dem Projekt «StreamTeam» an hochentwickelte Analysen gesamter Mannschaften – von Fussball bis zur Feuerwehr. 

Der FC Basel überraschte die Fans vergangenen Mittwoch mit einem 0:2-Sieg in Moskau. «Es wäre sicher niemand enttäuscht, wenn der FC Basel so spielen würde wie gegen Benfica Lissabon», sagte schon im Vorfeld des Spiels Heiko Schuldt. Er ist aber kein Fussball-Funktionär, sondern Professor am Departement für Mathematik und Informatik der Universität Basel. Ihn interessiert, wie der FC Basel spielt, natürlich als Fan, aber vor allem als Wissenschaftler. Seine Forschungsgruppe Datenbanken und Informationssysteme arbeitet an einer Software, die für den Weltfussball hochinteressant ist.

Unterstützung für Analysten 

Kern der Arbeit ist ein Traum für Fussballfanatiker. Denn viel Zeit nimmt die Analyse der Spiele in Anspruch: Ein Analyst der Teams schaut sich Video für Video von anderen Mannschaften oder des eigenen Teams an, notiert die wichtigen Momente. «Unsere Idee ist es, diese Arbeit zu unterstützen, zu automatisieren», erklärt Heiko Schuldt: «Wir möchten dem Analysten keinesfalls die Arbeit wegnehmen, sondern ihm assistieren.»

Setzt die Mannschaft die Taktik des Trainers um? 

Dabei geht es nicht nur darum, die einzelnen Aktionen der Spieler schnell auffindbar zu machen, um die Effizienz zu steigern. Die Forschungsgruppe will aber noch einen Schritt weitergehen. «Wir bringen die Datenströme für alle Spieler zusammen», so Heiko Schuldt. So werden nicht nur die Daten eines einzelnen Spielers ausgewertet, sondern die der gesamten Mannschaft. «So kann man beispielsweise untersuchen, wie weit die Spieler auseinanderstehen, ab welchem Zeitpunkt die Mannschaft ein Abseits aufbaut und noch viel mehr», so der Wissenschaftler. «Der Trainer kann die Kriterien festlegen und so automatisch danach suchen.» Die Software soll die Analyse effizienter machen und dem Trainer zeigen, ob seine Taktik umgesetzt werden konnte. Und so sieht das im so genannten «Heatmap» aus:

Wissenschaftler mit rotblauem Herz 

Das Team ist bestens für diese Arbeit gerüstet. «Wir haben uns schon länger mit ähnlichen Datenströmen beschäftigt, aber im medizinischen Umfeld», erläutert Heiko Schuldt. Und erklärt auch die Faszination für das Projekt «StreamTeam»: «Kollektive Daten sind in der Auswertung sehr komplex.» Da die Forschungsgruppe ein grosses Interesse an Fussball habe, sei es naheliegend gewesen, dass man Sport und Wissenschaft zusammenbringe. Doch eine direkte Zusammenarbeit mit Rotblau gibt es nicht. Noch nicht. «Einen direkten Kontakt mit dem FC Basel haben wir nicht. Aber gegen eine Zusammenarbeit würden wir uns gar nicht wehren», sagt der Professor. Und schmunzelt.

Fussball, Hockey – und sogar Feuerwehr  

Das Projekt ist national angelegt. Denn nicht nur in Basel, sondern auch am Bundesamt für Sport und an der Berner Fachhochschule arbeiten Wissenschaftler mit. «In Basel programmieren wir die Software», erklärt Heiko Schuldt. «Das Ganze ist ein System, mit dem man generisch kollektives Verhalten in Datenströmen auswerten kann.» Anders gesagt: Alle Teamsportarten können davon profitieren. So kann «StreamTeam» nicht nur im Fussball eingesetzt werden, auch im Eishockey kann die Software helfen. Und a propos Teams: Selbst die Feuerwehr ist ein möglicher Kunde – denn so könnten deren Einsätze noch besser koordinieren werden.

Vorerst ist die Software aber für Analysten gedacht, also für die langwierige Arbeit vor und nach den 90 Minuten auf dem Spielfeld. Fans dürfen sich dennoch freuen: «Vielleicht werden in ferner Zukunft sogar die Zuschauer im Stadion die Umsetzung der Taktik in Echtzeit auf dem Smartphone mitverfolgen können», sagt Heiko Schuldt. Und das würde ja auch dem Joggeli gar nicht schlecht anstehen.