• Michel Schultheiss

Mordor-Turm, Zwetschgen-Grill und Little Chicago: Welche Basler Parallelnamen die Leserschaft von barfi.ch so kennt

Inoffizielle Namen für Plätze, Quartiere und Gebäude in Basel gibt’s wie Sand am Meer. Nach dem Artikel zu diesem Thema wurden bei Facebook zahlreiche weitere Bezeichnungen genannt. Manche Orte in Basel haben aber noch keine verbreiteten Spitznamen – obschon sie einen verdient hätten.

Der Beitrag bei barfi.ch über die Insider-Ortsbezeichnungen von letzter Woche ist auf grosses Interesse gestossen. Fleissig haben so manche Leserinnen und Leser auf unserer Facebook-Seite ihr Lokalwissen ausgepackt. Keine Angst, wenn Sie nun bei manchen Namen die Stirn runzeln: Längst nicht alle sind stadtbekannt. Manche sind wohl Insiderbezeichnungen unter Jugendlichen, Alteingesessenen, Fasnächtlern oder Beizengängern, andere sind wiederum nur in bestimmten Quartieren verbreitet.

Spitzenreiter waren dabei die Übernamen für die Stadtteile. Oft sind sie – nicht immer sehr schmeichelhaft – auf deren soziale Zusammensetzung gemünzt. So ist das Bruderholz nicht nur als «B-Wood», sondern auch als «Bonze-Hügel» berüchtigt. Kleinhüningen wird hingegen zum «Little Chicago» oder «Little Istanbul», das Gundeli zum «Gündülü» und das St. Johann zum «Schärbeviertel». Selbst die Tramlinien in die einzelnen Viertel haben Übernamen erhalten wie etwa der «Orient-Express» nach Kleinhüningen, während jemand für die gelben BLT-Trams «Glänggschnuuder» vorschlägt.

Mehrere Namen für das «Beamte-Gellert»

Gleich mehrere Kosenamen hat das Neubad: Sowohl die Parallelnamen «Beamte-Gellert» wie auch «Aluminiumdalbe» oder «Drumpetegoldgellert» wurden genannt. Schon Rudolf Suter nennt in seinem Baseldeutsch-Wörterbuch das Wort «Bläächdalbe» für jene Gegend. Streng genommen ist aber selbst die «richtige» Bezeichnung bereits eine inoffizelle: Nach dem Statistischen Amt ist das Neubad kein eigenständiges Quartier, sondern Teil des Bachletten. Der Name, der auf den Gasthof mit einstigen Bädern zurückgeht, ist aber bis heute für die Bewohner viel wichtiger. Dasselbe gilt für das «Hegenheimerquartier», das eigentlich zum Iselin gehört.

Im neuen Namenbuch Basel-Stadt beschreiben die Autoren und Herausgeber Jürgen Mischke und Inga Siegfried auch Parallelnamen, die sich auf ältere Vorgänger beziehen. Beispiele dafür sind auch den Lesern von barfi.ch bekannt: So wurde etwa der «Sägeberg» genannt. Das war ein Strassenabschnitt der 1871 amtlich benannten Zürcherstrasse in der Breite. Dort stand nämlich bis 1954 eine Sägemühle aus dem 19. Jahrhundert.

Kreml, Firestone und Grashütte

Historische Kontexte gibt’s auch bei anderen Namen. So liegt etwa Moskau bereits im Hirzbrunnenquartier: Wie sich der Grossratskandidat Thomas Erlemann erinnert, wurde das Areal an der Bäumlihofstrasse 39 einst «Kreml» genannt. Der Grund: Bei dieser Wohngenossenschaft sollen einige Mitglieder der Kommunistischen Partei der Schweiz federführend gewesen sein.

Als «Firestone» war hingegen die Elisabethenschanze bekannt. Früher gab’s dort mal eine Garage mit einer entsprechenden Pneuwerbung dieser Marke. Das Badhüsli St. Johann ist einem Leser – wohl in Anspielung an den Bündner Kurort – als «Ragaz» in Erinnerung geblieben, der hintere Teil des Andreasplatz ist die «Riederalp», zudem soll es in Basel auch ein «Rigiplätzli» geben. Der Rümelinsplatz wird zum Rümpi, der Spalenberg zum «Spaalebuckel», der Lange Loh zum «Langen Lohn». Einen Insidernamen hat auch die Sitzbank beim Claraplatz: Unter den Randständigen, die sich dort stets treffen, ist sie als «Sarg» bekannt. Den wohl frechsten Übernamen hat wohl der FKK-Rheinstrand in der Nähe der Solitude erhalten: Manche nennen ihn «Zwätschgegrill».

Auch mehrere Gebäude und Beizen haben Parallelnamen: Das einstige vegetarische Restaurant Café Gleich in der Steinenvorstadt wurde zur «Grashütte». Der BIZ-Turm wurde «Fadespuele» oder – in Anlehnung an «Herr der Ringe» – Mordor-Turm getauft. Was wiederum bekannter ist: Die Nachbarsgemeinde Birsfelden war einst der «Blätzbums». Auch Riehen hat Parallelnamen zu bieten: Das malerische «Häxewäldeli» beim Wenkenhof. Den offiziellen Namen Wackernagel-Park verwendet hingegen kaum jemand. 

Wie wird wohl der Roche-Turm genannt?

Eigentlich verdienen so manche neue markante Bauwerke, Stadtteile und Plätze ebenfalls Übernamen. Die Bezeichnung «Bebbi-Silo» für den Messeturm – vielleicht ein Recycling des älteren Spitznamen «Seele-Silo» für die Antoniuskirche – konnte sich wohl nicht durchsetzen. Es ist höchste Zeit, dass folgende Kandidaten ihre Kosenamen bekommen:

Fasnachtsblaggedde 2015: «Mr basse in kai Schublaade»Künstler: Tarek Moussalli ©Fasnachts Comité

  • Der letztes Jahr fertiggestellte Roche-Turm, der mit seinen 178 Metern Höhe über der Stadt thront. Punkto Spitznamen hat die «Blaggedde» der Fasnacht 2015 schon mal Ideen geliefert: Dort wird der Bau mit einer Schubladenkommode verglichen.
  • Der Novartis-Campus: In einem Artikel der Zeitschrift «Beobachter» wurde das Privatquartier schon mal nach dem Vorbild des chinesischen Kaiserpalastes als «Verbotene Stadt» bezeichnet. Auch öffentlich zugängliche neue Stadtteile wie das Erlenmatt-Quartier könnten noch einen Namen verdienen.
  • Die Bahnhofspasserelle: Das alltägliche Gedränge könnte sich für so manche Wortkreation anbieten. Ebenso der vollgestopfte Flughafenbus.
  • Erstaunlicherweise wurden zum Rotlichtbezirk rund um die Ochsen- und Webergasse keine Parallelnamen genannt. Vermutlich will sich niemand outen, diese Gegend gut zu kennen... Ein erster Ansatz: Der Durchgang von der Unteren Rebgasse zum Rappoltshof gleich gegenüber vom Milieu wurde von Unbekannten als «Mysligasse» beschildert.

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