• Nathan Leuenberger / barfi
  • Aktualisiert am

Nach Tränengasattacke: The Show goes on im «Vice Club» – trotz Ermittlung und flüchtigen Tätern

Kopfgeld, Ermittlungen und «party hard»: Der Basler «Vice Club» an der Steinentorstrasse macht nach der Tränengasattacke von Neujahr munter weiter wie vorher. Die Täterschaft ist immer noch auf der Flucht, Clubexperte Alex Flach lobt aber das Verhalten der Betreiber.

Die Musik dröhnt, die Bässe pumpen und der Alkohol fliesst in Strömen. Schulter an Schulter gedrängt feiern rund 500 tanzwütigen Clubbesucher des «Vice Clubs» an der Basler Heuwaage die ersten Stunden des noch jungen 2017. Die Trockeneismaschine sorgt für frischen Rauch, um die Atmosphäre zu perfektionieren.

Aber was ist das? Trockeneis brennt doch nicht in den Augen. Nein: Es ist auch kein Trockeneis, das hier den Raum füllt es ist Tränengas. Husten, Röcheln, Atemnot, die Security evakuiert den Club, auch die Polizei hilft mit, welche glücklicherweise mit einer Streife gleich in der Nähe war. Das alles geschah am 1. Januar um 5 Uhr morgens innert weniger Minuten. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt – die Täterschaft ist auf freiem Fuss.

Knallhart «business as usual» an der Heuwaage

Für den Hip-Hop Club «Vice» ist der Vorfall kein Grund, das Jahr ein wenig langsamer anzugehen. The Show goes on, wie das alte Sprichwort heisst: Auf den sozialen Medien entschuldigen sich die Betreiber um Livio Sandro Giambonini kurz für «die Unannehmlichkeiten». Sie bedauern, dass der Abend «nicht so geendet hat, wie erhofft». Ein kleiner Zeugenaufruf ist angehängt: 3000 Schweizer Franken winken für Hinweise, die zur Überführung der Täter führen können.

Am 2. Januar ging es auch schon weiter im Programm, die nächste Party stand an und die Stammgäste wollen etwas geboten bekommen. Viel hat die kostspielige Ausschreibung bis jetzt scheinbar noch nichts gebracht: Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Fall noch nichts zu berichten, wie sie auf Anfrage von barfi.ch mitteilt. Derweil «20Minuten» spekuliert, dass es sich um eine Abrechnung im Rahmen einer «Fehde» gehandelt haben könnte, stützt sich dabei aber lediglich auf Gerüchte aus der Basler Clubszene. Auf festem Boden steht die Spekulation aber nicht.

Solche Attacken gibt es in der Schweiz aber immer wieder, wie der Zürcher Clubexperte Alex Flach sagt. Dahinter muss nicht immer ein Bandenkrieg stecken, «es gibt auch Leute, die haben einfach einen seltsamen Humor – und dann ist meist noch viel Alkohol im Spiel», sagt Flach. Seines Erachtens hat der «Vice Club» richtig gehandelt, indem er das Lokal räumen liess, den Vorfall nicht gross kommentiert hatte und den regulären Betrieb seither wieder aufnahm.

Unschuldige Partystadt Basel

Ein Restrisiko für solche Übergriffe – die schliesslich unter Körperverletzung als Offizialdelikt laufen – bestehe aber immer noch, sagt Flach. Denn: «Das einzige, das man tun könnte, wären Ganzkörperkontrollen der Gäste und das darf man nicht.» Und schliesslich sind Kontrollen wie an einem Flughafen auch nicht das, was man sich an einem Partywochenende antun will.

Der Fall schlägt in Basel auch deshalb besonders hohe Wellen, weil es hier kaum zu Übergriffen dieser Grössenordnung im Nachtleben kommt. Der letzte Fall war an Silvester 2015 im Saalbau Rhypark, als zwei verkleidete Täter Buttersäure versprühten. Weitere Taten, die direkt auf Clubs und eine grosse Masse an Gästen verübt wurden, sind in Basel extrem selten. Die Partygänger sind diesbezüglich am Rheinknie also grundsätzlich sicher.

Für den «Vice Club» bleibt der Vorfall ein krasser Einschnitt in der noch jungen Geschichte. Dessen Vorgänger namens «Schallplatz» musste bereits nach vier Monaten wieder schliessen. Unter dem Namen «Vice» läuft es zumindest nun wirtschaftlich etwas besser: Der Partyhort ist seit Mai 2016 in Betrieb. Insofern sind die Betreiber umso mehr bemüht, den Schaden durch die Tränengasattacke in Grenzen zu halten – und möglichst schnell in Vergessenheit geraten zu lassen.