• Nathan Leuenberger / barfi
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Nichts ist mehr heilig: der Advent degeneriert Basel zum Mini Las Vegas

Wo ist sie bloss geblieben, die besinnlichste Zeit des Jahres, der Advent? Diese einst ruhigen Wochen, welche uns auf Weihnachten einstimmen sollten, verkommen von Dezember zu Dezember noch schlimmer zum reinen Kommerz-Rummel. «Pre Sale»-Aktionen, hässliche Plastik-Weihnachtsmänner, grell leuchtende Rentiere und billigster Kitsch, wo man hinschaut. So wird versucht uns einzuimpfen: Der Heilige Abend sei nicht Anlass die Geburt Christi zu feiern, sondern ein geeigneter Termin um mit möglichst teuren Geschenken bei Familie, wie Freunden Eindruck zu schinden.

«Giant Christmas» prangert es gross, grell und farbig an der Manor Rheingasse und beschreibt so die heutige Basler Adventszeit wie es treffender nicht geht. Alles grösser, besser, lauter. Das Christkind musste dem «Ausverkauf»-Plakat weichen und die besinnliche, ruhige Zeit wird gefüllt mit wummernder Musik aus den Lautsprechern im Einkaufszentrum. Von wegen «Stille Nacht»: Hektik und Rummel überall.

Viele Basler haben sich inzwischen daran gewöhnt. An Stelle von Vorfreude herrscht Stress pur. Statt einem Adventskalender mit christlichen Winterbildern, hängt nun eine Lego-Sammlung hinter 24 Türchen an der Wand des Kinderzimmers. Das Jesuskind macht in der Weihnachtsdekoration Platz für Darth Vader. Da wird auch nichts mehr gebastelt, kommerzielle Brands und Figuren haben das Fest längst im Griff. Und überall grinst dieser dicke Mann mit Bommelmütze, der so gar nichts mit unseren eigenen Bräuchen und Traditionen zu tun hat.

Selbst auf dem schönen Weihnachtsmarkt am Barfüsserplatz, löst sich alles Besinnliche innert Sekunden in Luft auf. Da, wo doch eigentlich Vorfreude auf die Festtage entstehen sollte, wird gedrängelt, geschupft und …getrunken. Vornehmlich becherweise Glühwein. Dieser dient längst nicht mehr als Schutz gegen die Kälte beim geselligen Zusammensein unter Freunden, sondern ist saisongerechter Ersatz fürs Feierabendbier. Glühwein zu schlucken ist Pflicht geworden. Weshalb? Das macht man nun halt einfach so.

Wer sich in dieser Zeit am Wochenende tagsüber in die Stadt getraut, den erwarten wenig fröhliche Gesichter, sondern vom Stress gezeichnete Mienen. Die Freie Strasse versucht ihr Bestes. Feierliche Weihnachtsbeleuchtung soll der Hektik entgegenwirken. Und tatsächlich, es gibt sie plötzlich doch noch, die glänzenden Augen ganzer Kinderchöre und das Klopfen der heiligen drei Könige. Doch wer auf Einkaufstour durch Basels Innenstadt hetzt, schenkt diesen funkelnden Sternen nur selten die gebührende Aufmerksamkeit. 

Und einmal ehrlich: Wie oft stürmen wir selbst in diesen überhitzten, blinkenden Rummel um «nur noch schnell etwas zu holen.» Die immer teureren Geschenke für Verwandte und Bekannte hat man uns nicht nur von Aussen aufgedrängt, wir selbst legen die Messlatte hoch und höcher. «Nein wir schenken einander nichts», heisst es jedes Jahr. Aber gross dann die Enttäuschung, wenn das laut verkündete Versprechen tatsächlich eingehalten wird.

In zwei Wochen ist Heilig Abend, empfinden Sie bereits Vorweichnachtsgefühle? Aber die Festtage kommen und sie tragen ihren Namen noch immer zu Recht. Beisammensein, Zusammenrücken, Entschleunigen - für den Schreiber dieser Zeilen das Schönste des Jahres. Wenn es am 24. Dezember eindunkelt, wird der Abend plötzlich wirklich heilig. Und die Plastik-Kläuse wirken noch lächerlicher als bereits jetzt. Wen kümmerts, es ist Weihnachten.