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Online-Boom: Basler Traditionsgeschäfte setzen nun auch auf Erzgegner Internet

Nach «Rägedropfe» und «Spira»: Das vergangene Jahr war geprägt von Schliessungen der Basler Traditionsgeschäfte. Die verbliebenen Geschäfte in der Basler Innenstadt verzeichnen dafür zu eine markante Zunahme beim ihrem ursprünglich als Ausweg verteufelten Online-Handel. 

Beim Neujahresempfang des Gewerbeverbandes hatte sich der Pro Innerstadt-Geschäftsführer Mathias F. Böhm vor allem eines gewünscht: «Ich will, dass wir mehr positive Geschichten erzählen können. Dass wir zeigen, was wir können.» Immer wieder sorgen «Lädelisterben» und der Einkaufstourismus im Dreiland für Schlagzeilen. Tatsächlich gibt es in Basel über 1500 Läden, in denen beinahe 10'000 Menschen arbeiten, wie eine Studie des Konjunkturforschungsinstituts Bak Economics zeigt. In der Basler Innenstadt, deren Gesicht sich gerade stark verändert, arbeiten noch 4'759 Leute in 563 Läden.

Im Zentrum bleibt kein Stein auf dem anderen

Die Veränderung und Entwicklung der Basler Innenstadt beschäftigt die Basler. Das ist nicht neu, doch seit dem florierenden Einkaufstourismus kochen die Emotionen besonders hoch. Traditionsgeschäfte an der einst beliebten Einkaufsstrasse schliessen und hinterlassen schmerzhafte Lücken oder Filialen von Weltkonzernen. Wie überall.

Für Diskussionen sorgen nicht nur die hohen Mieten, sondern auch das veränderte Konsumverhalten: Man kauft heute im Internet ein. Ob sie wollen oder nicht, die Läden müssen mitziehen. Aktuelle Zahlen der Schweizerischen Post zeigen nun keineswegs überraschend, dass Online-Shopping boomt. Im letzten Jahr wurden 130 Millionen Pakete verschickt, ein Rekord. Um sämtliche Geschäfte braucht man sich allerdings nicht zu fürchten, sie haben sich früh an den Trend angepasst und hoffen..

Traditionsbetriebe auf der digitalen Erfolgswelle

Mit Erfolg. Am Spalenberg liegt das «London Tea House». Schon 1998 warb der Tee-Laden im Internet mit einer Webseite und ab 2000 konnten die zahlreichen Tees- und deren Zubehör online bestellt werden. «Heute ist es der grösste und modernste Online-Teeshop der Schweiz», sagt Mathias Bisang vom «London Tea House».

Seit 1998 mit Internetauftritt © barfi.ch 

Die telefonischen oder postalischen Bestellungen wurden mittlerweile durch das Internet abgelöst. «Mit starker Zunahme», so Mathias Bisang. Die Erfahrungen mit dem Online-Handel sind durchwegs auch positiv. «Wir können unsere Spezialitäten perfekt präsentieren, sind schnell in der Aufschaltung von Neuheiten und können laufend ein sich immer änderndes Raritätensortiment präsentieren», erklärt er weiter. «Es geht nicht mehr ohne». 

Auch das «Läckerli-Huus» verzeichnete einen Anstieg der Online-Bestellungen © barfi.ch 

Was wäre Basel ohne die Läckerli? Die Basler Spezialität gibt es seit achtzehn Jahren auch im Internet zu kaufen. «Unsere Kunden schätzen den unkomplizierten Einkauf rund um die Uhr und die prompte Lieferung rund um den Globus», sagt Christina Zimmerli vom «Läckerli Huus». Das Geschäft mit dem Basler Traditionsgebäck läuft also auch im Internet, je länger je mehr. «Ja, wir profitieren vom Wachstum im Online-Handel», bestätigt Christina Zimmerli. Genaue Zahlen möchte sie nicht bekanntgeben.

«Bider & Tanner» macht durchwegs positive Erfahrungen mit dem Online-Shop. © barfi.ch 

Dass der Online-Bezug auch bei Büchern zunimmt, bestätigt die Buchhandlung «Bider & Tanner» am Bankverein. Im vergangenen Jahr spürte das Basler Unternehmen eine Zunahme der Bestellungen in ihrem Online-Shop, den es bereits seit 2010 gibt. «Wir machen bisher nur positive Erfahrungen», sagt Jens Stocker, Geschäftsführer von «Bider & Tanner». «Das Angebot in unserem Online-Shop ist dabei eine genaue Kopie unseres Geschäfts». So würden sich die reale und die Online-Welt nicht in die Quere kommen. 

Bei Tally Weijl ersetzt das online-Angebot den physischen Laden nicht. © barfi.ch 

Auch bei der in Basel gegründeten Kleidermarke «Tally Weijl» zeigt die Online-Kurve nach oben. Dies bestätigt Bianca Sameli, Kommunikationsbeauftrage von Tally Weijl. «Unser Online-Business macht bisher zwar noch einen kleinen Prozentsatz aus, doch er ist stark anwachsend». Bei Tally Weijl ersetzt das Angebot im Internet den physischen Laden aber nicht. «Es gilt, das Einkaufserlebnis über alle Ebenen - also on- und offline - zu verbinden, über ein voll integriertes Omnichannel-Angebot», erklärt Bianca Sameli. 

In der vermeintlichen Gefahr steckt auch eine Chance

Die Basler Geschäfte, die sich eine Digitalisierung und die Bewirtschaftung eines Online-Shops leisten können, passen sich an. Es gibt zahlreiche Beispiele in der Innenstadt, die die nötigen Ressourcen nicht haben. «Wir beraten die Geschäfte zum Thema ein Online-Shop und dieser  einer digitalen Plattformen», sagt Mathias F. Böhm. «Dieser Schritt ist jedoch nicht immer von Erfolg gekennzeichnet und manchmal gibt es ganz einfach auch bessere Kanäle um sich sichtbarer zum machen».

Beim Spaziergang durch die Stadt stellt sich die Frage wie das Basel der Zukunft aussehen wird. Ob die Läden durch ihr eigenes Angebot im Internet wegrationalisiert werden oder ob sie mit einem Verzicht erst dadurch überleben werden. Die Geschäfte in Basel versuchen, ihren Platz in der neuen digitalen Welt zu finden. «Momentan herrscht <try and error> vor», sagt Mathias F. Böhm. «Man probiert etwas aus, aber darf nicht enttäuscht sein, wenn es nicht funktioniert».

Die Geschäfte werden es schwer haben. Es ist also nicht eine Frage des Entweder-Oder, sondern alleine, wie sie die unausweichliche digitale Revolution anpacken. Hoffen wir, dass der Freistoss nicht vergeben wird. 

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