Entschuldigen Sie bitte, ist das jetzt hier dieses Fraumünster? Bild A. Schwald
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Reise-Abzocke im Internet: In diese fiesen Fallen tappen Basler immer wieder

Ja, was waren das für günstige Ferien, ganz allein im Internet gebucht! Oder eben doch nicht: Online-Bucher geben für die Ferien oft nicht nur zu viel Geld aus, sie landen dann oft hilflos im Nirgendwo. Basler Reiseanbieter klären auf.

Einmal Easyjet und klick: die Ferien sind gebucht. Ein Kurztrip nach Berlin gefällig? Oder ins sonnige Thessaloniki? Easy, da liegt doch auch gleich das AirBnB drin und der Mietwagen sowieso. Schnell das Wunschmobil gebucht, weil «nur noch beschränkte Anzahl verfügbar» und der Spass kann losgehen. Gespart? Na klar, und bequem war's auch.

Oder eben nicht. Was für den Städtetrip gut funktioniert, stösst bei längeren Reisen schnell an die Grenze. Das System, sich selbst das beste Reisebüro zu sein, bringt leider die Konsequenz mit sich, für sich selbst zu haften. «Ein Reisebüro muss auch die Lösung für Komplikationen anbieten können», sagt André Frossard vom gleichnamigen Reisebüro in Basel. So gehen bei seinem Reisebüro auch die Easyjet-Umstellungen im Flugplan ein, statt direkt an den Kunden. «Es ist manchmal kaum zu glauben, wie viele Verschiebungen und Flugstornierungen die Gesellschaften verschicken», sagt Frossard. «Wir kümmern uns dann um den nötigen Service – der Selbstbucher hingegen muss direkt mit den Gesellschaften verhandeln.» 

1. Nachts, wenn der Wüstenwind durch Delhi bläst

Der Administrativaufwand bei der Ferienbuchung ist allerdings nur ein kleines Übel. Viel schwerer wiegen Komplikationen, wie etwa ein vergessenes Visum – zum Beispiel beim hübsch angepriesenen Pauschaltrip nach Kuba – oder eine Unterkunft, die nicht mal überbucht, sondern schlicht inexistent ist. Alles Fälle, die den Reisebüros zugetragen werden. Auch bei Globetrotter in der Gerbergasse kennt man die schwierigen Fälle, wie Filialchef Thomas Baumgartner sagt. Die Traumreise durch Indien? Wunderbar, wenn man akribisch eine selbst erarbeitete Liste abarbeitet. Katastrophal, wenn man Details vergisst oder falschen Unterkunftsangeboten aufsitzt. Nachts und ohne Obdach auf den Strassen von Neu-Delhi zu stehen, ist definitiv nicht das angenehmste Reise-Erlebnis.

2. Denn auch Luxushotels wollen keine leeren Besenkammern

Die Haftung also ist das Eine. Die Sparwut das Andere: Trotz unzähliger Vergleichsseiten sind die Angebote undurchsichtig. Selbst grosse Hotels verfahren dann so: Wer über eine Billigbucher-Seite wie «secretescapes.com» das Schnäppchen seines Lebens zu buchen glaubt, erhält schliesslich eben doch das bescheidenste Zimmer im noch so edlen Haus. Klar, der Werbespruch stimmt schon: Selbst noble Hotels wollen keine leeren Zimmer. Dass das aber nicht die Junior Suiten mit Whirlpool und Fussmassage sind, sondern die Kemenaten für den gestressten, eher anspruchslosen Geschäftsreisenden, muss man ja niemandem auf die Nase binden.

3. Also schnell! Nur noch wenige Modelle verfügbar in 3, 2, 1…

Sehr beliebt, wirklich sehr beliebt! Also nicht das Modell, sondern die Masche: Man verknappt das Angebot, meldet Ausverkauf an und preist das beste Modell an, ja, da darf man dann wohl auch mit den Tarifen hoch! Schliesslich hat das Begehrte seinen Preis. Reisebüro-Chef Frossard kennt da auch einige Anekdoten. Wie die vom Reisenden, der sich selbst einen Road-Trip durch die USA gebucht hatte und eines der «wenigen noch verfügbaren Modelle dieses wunderbaren Campers» zum Spezialtarif buchte. Der Reisende glaubte, gut gespart zu haben, bis er Frossard nachrechnen liess. Der Preisunterschied zum Reisebüro: Das Angebot vom Profi wäre ihn mehrere hundert Franken günstiger gekommen – und dazu hätte der gleich noch den Ersatz bei Nichtverfügbarkeit des Wunschfahrzeugs vor Ort vorgenommen. Denn oft ist selbst das gebuchte Schnäppchen nicht mal mehr da, wenn man ankommt.

4. Aber ja, schauen Sie, dieser Tarif stand doch da, da und auch hier…

Frühbucher sind schlau, denn Frühbucher sparen viel Geld. Das glauben viele Frühbucher, bis die ersten Zusatztarife nachgereicht werden, die zwar nicht im Angebot standen, aber hey, denken Sie bitte an die allgemeinen Geschäftsbedingungen! Man muss sich heutzutage doch auch als Anbieter so vieles vorbehalten. Bei Fluggesellschaften wie Easyjet ist das weniger problematisch, doch je nach Reiseanbieter im Web sind die Überraschungen gut versteckt, damit sie die grösste Wirkung entfalten: Möglichst kurz vor Abreise, wenn der Kunde schon gepackt hat. Was soll er denn auch sonst tun? Die Reise abblasen? Die Masche ist zwar alt, hat aber mit der Beliebtheit von Internetbuchungen Auftrieb erhalten. Wer in der Küche bei einem guten Glas Roten oder zwei den pauschalen Urlaub gebucht hat, hätte dann vielleicht doch besser auch noch die 30 Seiten dicken Geschäftsbedingungen mit ins Bett genommen.

5. Lob des Individualreisenden – und des Vertrauens

Doch auch die Selbstbucher haben recht: Nicht jede Erfahrung mit Reisebüros ist erspriesslich. So erlebte eine Redaktionskollegin einen USA-Trip der Mühsal: Zu viele Tage in der falschen Stadt, anderes Hotel als vorgesehen, falsche Abfahrtszeiten durchgegeben – und bei Reklamation die Antwort: «Sorry, sorry, sorry! Leider können wir nichts mehr machen...» Immerhin: Als Trösterli wurde ein Frotteetuch mit dem gestickten Logo des Reiseveranstalters angeboten. Da geniesst der Individualreisende den Vorteil, tatsächlich alles in der eigenen Hand zu haben. Aber nicht nur wer auf Risiko bucht, muss mit Risiken rechnen – je nach Büro kann der Urlaub so oder so in die Hose gehen. Insofern mögen Spontanreisende und Internetbuchende der Reisebüro-Branche zwar das Wasser abgegraben haben – gleichzeitig steigt aber der Qualitätsanspruch an die Büros. Und je grösser das Unternehmen, heisst noch nicht, desto perfekter der Service. Der Gang zum Spezialisten empfiehlt sich also – gerade dann, wenn man nicht mal kurz nach London, Paris, Barcelona zum Shoppen oder Feiern fährt. Auch wenn die von der Werbung erfundene «Generation Easyjet» auf die vermeintlich billigsten Tarife mit der vermeintlich grössten Unabhängigkeit geeicht ist.

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