• Binci Heeb
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Relikt alter Zeiten, oder wichtiger denn je? Jeder und jedem (Schweizer) sein Schutzplatz

1934 verabschiedete der Bund einen Bundesbeschluss zum Aufbau eines Luftschutzes. Ziel war es damals jedem Schweizer, jeder Schweizerin (man beachte: nicht etwa jedem Einwohner) einen Platz in einer Luftschutzanlage garantieren zu können.

In den 1950er Jahren sollte zunächst der passive Luftschutz, der zusammen mit der Armee demobilisiert worden war, wiederbelebt werden. Ein Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1950 betreffend dem baulichen Luftschutz, machte den Einbau von Schutzräumen in Neubauten grösserer Ortschaften und Städte obligatorisch. Der Versuch, einen Erlass für den Schutzraum in bestehenden Häusern zu schaffen, scheiterte hingegen 1952 am Volkswillen. Bis 1960 entstanden mit 30 Millionen Franken Bundesbeiträgen Schutzräume für 1'158'000 Personen. 

Wenn der Kontrolleur klingelt

Ein zunächst scheinbar harmloser Brief flatterte mit Sicherheit im Briefkasten jedes Besitzers eines Eigenheims. Die Botschaft: der private Zivilschutzraum soll im Rahmen einer periodischen, alle 10 Jahre stattfindenden, Kontrolle von Amtes wegen inspiziert werden. Nun flattern plötzlich die Nerven, denn dieser Raum ist seit Jahren fast überall Unort schlechthin. Ob die alte Badewanne, Fasnachtskostüme, unbrauchbare Videokassetten – hier verstaubt alles, was an (zwischen)gelagertem Gerümpel in einem Haus nun einmal so anfällt. Mit Ausnahmen: Teilweise sind die gesetzlich vorgeschriebenen Rückzugsräume für den Fall von Kriegszeiten, Atomunfällen, oder Naturkatastrophen zu Weinkellern vom Feinsten ausgebaut worden. Ansonsten fristet der Raum in Einfamilienhäusern ein tristes Dasein. Sogar die gefühlt tonnenschwere Türe wurde vor Jahren mit einer darübergestülpten Holzkiste verschönert, denn der Schutzraum befindet sich keineswegs immer im Keller, je nach Lage auch oft auch beim Eingangsbereich. Keine repräsentative Angelegenheit für Gäste.

Doch nun kommt da eben dieser Brief. Was ist zu tun? Wie genau gehen die Kontrolleure vor? Der Zustand und die Funktionstüchtigkeit der technischen Apparaturen sollen inspiziert werden, heisst es. Sind die Hebel der Panzertüre blockiert, der grosse gelbe Schraubschlüssel fixiert und die Türe ausreichend geschmiert? Können die Schutzraumabschlüsse - damit sind Tür und Deckel gemeint - ungehindert geöffnet und geschlossen werden? Und funktioniert die Belüftungsanlage? Die gute Nachricht: Da der Kontrollbesuch rechtzeitig angekündigt wird, müssen bei den meisten Inspektionen fast nur Verwitterungsschäden behoben oder der Ausstiegsschacht besser geschützt werden. Sie sollten übrigens – so wird darauf hingewiesen - Einbrechern keinen leichten Zugang zum Haus ermöglichen.  

Schutzplatzgarantie jetzt nicht mehr nur für Schweizer, sondern alle Bewohner des Landes 

Das atomare Wettrüsten während des Kalten Krieges machte den Bau von Schutzräumen zu einem zentralen Thema. Seit 1963 müssen in den Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern in Neubauten, An- und Umbauten moderne Schutzräume erstellt werden. Der Bauboom der 1960er- und 1970er Jahre schuf zwingend eine neue Schutzinfrastruktur. Der Grundsatz eines Schutzplatzes in der Nähe des Wohnortes für jeden Einwohner ist nun Auflage und gilt, was zuvor nicht der Fall war, auch für Bewohner ohne Schweizer Pass. 1978 wurde die Schutzraumpflicht auf alle Gemeinden ausgedehnt, der Bau von Schutzräumen damit auch für kleinere Orte obligatorisch und bis 1980 staatlich subventioniert. 

Ein vollständig eigerichteter Schutzraum aus dem Jahr 1989. ©keystone

Und dennoch: Basel hat noch heute nur Schutzräume für gerademal 80 Prozent der Bevölkerung

Während in Basel-Stadt für 20 Prozent der Wohnbevölkerung ein Schutzraum fehlt, sieht es in der Landschaft bedeutend besser aus. Dort steht für jeden Kantonsbewohner ein Platz bereit. Obwohl in der Schweiz mittlerweile 8,6 Millionen Schutzplätze existieren, besteht in rund 900 Gemeinden, vor allem Städten wie Basel, eine klare Unterversorgung. Wenig beruhigend ist, dass der 40 Kilometer von Basel entfernte französische Pannenreaktor Fessenheim, welcher während den vergangenen 21 Monaten wegen Sicherheitsbedenken abgeschaltet war, allen Versprechungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zum Trotz, noch diese Woche wieder ans Netz gehen soll. 

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