Bild: Norbert Aepli/wikimedia (photomontage)
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  • Andy Strässle

Roche und Novartis: Marihuana-Dealer

Marihuana ist der nächste Goldrausch für die Basler Pharmariesen Roche und Novartis. Nach der Bewilligung eines cannabisbasierten Medikaments ist die Jagd auf Marihuana eröffnet.

Eigentlich stellt man sich einen Hasch-Dealer anders vor. Der romantische Dealer ist ein Hippie mit Dreadlocks und transportiert den Stoff in einem Jutesack. Er sagt gechillt: «Hey, Man!» und verkauft Hasch, weil dieser den Weltfrieden bringt. Unterdessen hat der langhaarige Hippie Konkurrenz bekommen. Sie tragen weisse Kittel und arbeiten in einem Labor. Denn die Pharmagiganten Roche und Novartis haben die Jagd auf die Marihuana-Dealerei eröffnet. Wie ernst es den Multis ist, zeigt dass Novartis vor vier Jahren GW Pharmaceuticals für 34 Millionen Dollar gepostet/erworben (ich habe zuerst die englische Variante gelesen ;) , um den cannabis-basierten Mundspray «Sativex» vermarkten zu können. Der Spray lindert Schmerz und spastische Beschwerden von Patienten mit Multipler Sklerose.

Immer mehr Medikamente

Mit der Zulassung durch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA sind die Dämme gebrochen: Unterdessen arbeiten die Pharma-Riesen bereits an zehn Produkten, die auf THC aufgebaut sind. Synthetisches THC enthält etwa die Kapsel Marinol, die Krebspatienten die Übelkeit nehmen soll und die bei Aids-Kranken den Appetit stimuliert. Marihuana erscheint im medizinischen Kontext als äusserst vielseitig. Das Medikament «Dexabinol» wirkt nicht psychoaktiv, blockiert aber Rezeptoren im Gehirn, so dass nach einer Hirnoperation, ein Trauma gelindert wird und es dem Organ leichter fällt, sich zu erholen, sodass das Gedächtnis schneller wieder zurückkommt. Und natürlich kümmern sich die Pharmariesen auch um die Schönheit. Vier Produkte, die in der Pipeline sind, hemmen den Appetit, was beim Abnehmen helfen soll. Aber natürlich wollen weder Roche noch Novartis als Dealer gelten. Darum betonen sie gebetsmühlenartig, dass das «synthetische» Marihuana nicht psychoaktiv sei. Mindestens bei den Appetitzüglern könnte man dies hinterfragen.

Marihuana-Goldrausch

Zu medizinischen Zwecken haben verschiedene Bundesstaaten Marihuana bereits sogar legalisiert. Unterdessen darf die Universität von Minnesota sogar zu «Forschungszwecken» und mit Bewilligung der Gesundbehörde Hasch anbauen. Trotzdem tut sich die amerikanische Gesundheitsbehörde mit «botanischem», also natürlich gewachsenem Marihuana, noch schwer. Zwar räumt die Behörde die Wirksamkeit der Therapien ein, blockiert aber beim Naturprodukt die Zulassungen. Die synthetischen hergestellten «Cannabinoiden» dagegen erhalten leichter eine Zulassung. Ungeklärt seien auch Dosierungen und die Reinheit von angebautem Hanf. 

Die Parlamente der Schweizer Städte Basel, Zürich, Bern und Genf beginnen in diesem Jahr auch Pilotprojekte, welche die kontrollierte Abgabe und den Konsum legalisieren. In Basel-Stadt ist es passend zum Pharma-Standort, denn auch ein medizinisches Projekt. Es soll abgeklärt werden, ob eine «Selbstmedikation bei Erwachsenen» wirkungsvoll sein kann. Mag sein, man hat ihn zu lange nur als Droge verkannt, den Hasch. Aber mit der breiten Pharmalobby im Rücken könnte es doch noch etwas werden mit der Legalisierung. Im süsslichen Cannabisnebel erhofft sich der Kiffer einen Rausch. Für die Basler Pharma-Multis dagegen ist Marihuana ein Goldrausch.