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  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Schlag gegen Menschenhandel: Grosseinsatz in Kleinbasler Bordell

Wegen Verdachts auf Menschenhandel durchsuchte die Basler Kriminalpolizei heute Morgen ein Etablissement an der Webergasse im Kleinbasler Rotlichtbezirk. Gleich fünfzehn osteuropäische Frauen werden im Moment im Spiegelhof angehört.

Es war noch nicht ganz hell, als die Kriminalpolizei kam. Um etwa 6.30 Uhr sperrten die Behörden die Webergasse ab. Fünfzehn verschlafene Ungarinnen wurden zur Einvernahme abgeführt und im ganzen Haus wurden Wohnungen und Zimmer von den Kriminalisten durchsucht. «Das Ziel war, herauszufinden, ob Menschenhandel vorliegt oder nicht», sagt Peter Gill von der Basler Staatsanwaltschaft. Vor Ort sei ein «grösseres Dispositiv» gewesen. Die meisten Frauen, die von der FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration betreut werden, stammen aus Osteuropa, wie Rebecca Angelini von der Fachstelle sagt.

Opfer meist aus Osteuropa

Sie erklärt, dass die Frauen oft massiven Drohungen und Gewalt ausgeliefert seien. Darum würden sich die Ermittlungen oft nicht einfach gestalten. Es könne auch sein, dass die Familie oder die im Heimatland zurückgebliebenen Kinder von den Tätern bedroht würden. So können die Frauen nicht aus ihrer Zwangslage in der Prostitution ausbrechen. Peter Gill erklärt zu den Hintergründen nur so viel: «Wir müssen aktiv werden, wenn der Verdacht auf Menschenhandel besteht». Im Moment sei die Kriminalpolizei daran, die Frauen zu befragen. Es gehe aber nicht darum, die Sexarbeiterinnen ins Visier zu nehmen, sondern darum, an die allfälligen Hintermänner zu gelangen.

In Basel arbeiten pro Jahr über 2'000 Prostituierte. Der Löwenanteil von ihnen stammt mit 931 aus Ungarn, am zweitmeisten sind es deutsche Frauen mit 300 und aus Spanien reisen 275 Frauen in die Stadt ein, um Liebe zu verkaufen, wie die Daten aus dem «Meldeverfahren» zeigen. Da die Frauen meist mehrmals einreisen, gibt es pro Jahr über 6'000 Anmeldungen. Wegen der Angst der Frauen sind solche Ermittlungen in aller Regel nicht leicht. So weist Rebecca Angelini darauf hin, dass sich die Erfahrung bewährt hätte, so früh wie möglich eine spezialisierte Opferhilfe einzuschalten, so dass die Frauen geschützt seien. Peter Gill sagt, dass in Basel jetzt zunächst abklärt werde, was hinter dem Fall stecke. Selbstverständlich berücksichtige man die Gefährdung der Frauen und werde so die einschlägigen Stellen sofort einschalten, falls sich ein Verdacht bestätige.

Frauen besser schützen

Rebecca Angelini sagt, die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration hätte «sehr positive Erfahrungen» gemacht, wenn man den Frauen so früh wie möglich Schutz und spezialisierte Beratung anbiete. In 60 bis 80 Prozent der Fälle wären sie dann auch bereit, gegen die Hintermänner auszusagen. Zum Schutz gehört etwa eine mindestens 30-tägige «Erholungs- und Bedenkzeit», sowie eine geschützte Unterkunft und eine psychosoziale Beratung. Denn bei vielen Opfern von Frauenhandel kann man nicht davon ausgehen, dass diese eigentlich selbstverständlichen Rahmenbedingungen gegeben seien. 

So sind die Frauen oft isoliert, haben niemanden zum Reden. Gleichzeitig sind sie in einer Abhängigkeit von jenen, die sie ausbeuten, und haben keine Bleibe. Dieses Leben auf Messers Schneide unter Androhung von Gewalt und einem Alltag von sexueller Ausbeutung macht es den Frauen schwer, auszubrechen oder sich gegen jene zu wehren, die sie an die verschiedenen Etablissements in Europa regelrecht verkaufen.

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