• Binci Heeb
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Schlange stehen für den weltbesten Grättimaa: Am Niggi-Näggi in der Konditorei Gilgen

Wenn morgen am Spalenberg die Menschen zu Hunderten Schlange stehen, gibt es dafür eine lange Tradition: Es ist Chlaustag, die Confiserie liefert ihre weltberühmten Grätimänner. Bereits jetzt glühen im Haus Nummer 6 alle bald 80 Jahre alten Öfen: gehen doch beim Familienbetrieb Gilgen am morgigen Niggi Näggi-Tag insgesamt rund 5'500 (!!!) Grättimänner über die Ladentheke. Besuchen Sie mit barfi.ch die Backstube im Traditionshaus, das seit 79 Jahren Ladenwechsel, Neubauten und Trends überdauert hat.

Viele Traditionen bereichern unsere Stadt und werden von halb- und ganz offiziellen Organisationen brav aufgelistet: Dr Vogel Gryff, d' Fasnacht oder d'Herbschtmäss. Doch der Chlaustag fehlt, am Spalenberg gehört er zu den wichtigsten Ereignissen Basels, mindestens für einen Tag: Wer es nicht selber schon erlebt hat, kann es kaum glauben. Am 6. Dezember stehen schon in aller Frühe unzählige Baslerinnen und Basler an, um ihre meist vorbestellten Grättimänner in der Konditorei Gilgen abzuholen. Allein an diesem einen Tag gehen jeweils rund 2'000 grosse sowie 3'500 mittlere Grättimänner über die kleine Ladentheke, weshalb eine telefonische Reservation empfohlen wird.

Die Geschichte des Familienbetriebs beschreibt auch die der Liegenschaften am Fusse des Spalenbergs. Ernst Gilgen-Stauffer und seine Frau Ruth gründeten 1937 die berühmte Konditorei im Herzen der Stadt. Ihr erstes Domizil befand sich an der Gerbergasse, musste aber dem Neubau weichen, in dem der Schuhladen Deiss unterkam. Danach wurden die Konditorei-Produkte während 20 Jahren in der Hutgasse verkauft, wo heute der Coop City steht. Die Backstube allerdings befand sich damals im vierten Stock am Spalenberg 2, oberhalb der Galerie Stampa.

Seit dem Erwerb der Liegenschaft am Spalenberg 6 im Jahre 1960 befindet sich das Traditionshaus neben modernen Geräten am heutigen Standort. Die Backstube wurde erst drei Jahre später angegliedert und mit ihr neben moderner Gerätschaft die 80 jährigen Originalöfen, etwas besseres für Grättimänner soll es bis heute weltweit nicht geben. Im ersten Stock befindet sich die Confiserie zur Herstellung der Pralinés, während der zweite Stock als Packraum und Atelier dient. Die Lagerräume befinden sich im dritten, während im vierten und fünften Stockwerk Büroräume und Garderobe untergebracht sind.

Grättimänner bleiben fest in Familienhand

Während die legendären Grätimänner immer gleich geblieben sind, hat sich beim Familienunternehmen einiges verändert. 1972 übergab Vater Ernst das Familienunternehmen an seine Söhne Ernst jun. und Stefan. Deren Schwester Ruth leitete tatkräftig Laden und Verkauf. Auch Bruder Samuel, der hauptberuflich bei einer Bank arbeitete, war in jungen Jahren eine starke Hilfe. Eine weitere Schwester Elisabeth war 1960 in die USA ausgewandert. Leider sind Vater und Mutter sowie vier der fünf Geschwister früh verstorben. Seit 2006 führt nun Stefan Gilgen mit Unterstützung seiner Tochter Andrea Kuhn-Gilgen, Geschäftsführerin Susanne Bumann und Chef-Konditor Thierry Iltis die Gilgen-Crew. Und um den Gerüchten den Wind aus den Segeln zu nehmen: Daran soll sich auch nichts ändern.

Seit mehr als 25 Jahren arbeitet Thierry Iltis bereits als Konditor bei der Familie Gilgen. Er liebt seine verantwortungsvolle Arbeit, auch wenn der führmorgendliche Arbeitsbeginn schon um vier Uhr ist. Voller Stolz zeigt er uns die 80-jährigen Backöfen: «Diese zwölf Öfen funktionieren tadellos, sogar besser als die vier neuen Exemplare, welche die nicht mehr zu reparierenden alten Geräte ersetzen mussten». Thierry und Ernst jun. waren, oder vielmehr sind mit grossem Erfolg für den Unterhalt dieser Oldtimer verantwortlich. Die Backstuben-Hitze steigt mit der Belastung: Vor den Öfen ist es mindestens 30.7 Grad warm, aber wenn in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember bei Höchstleistung Grättimänner ausgebacken werden, soll sogar die 40-Grad-Grenze erreicht werden.

80 Jahre alt und unermüdlich im Einsatz: die Backöfen bei Gilgen.

Das Geheimnis: Butter, Milch und Eier

In zwei Schichten und mit der Unterstützung von bereits pensionierten oder ehemaligen Konditoren werden 5'500 Grättimänner produziert. An diesem Tag gibt es nur die mittleren und grossen Grittibänze. «Die Anfrage ist vor allem für diese beiden Grössen sehr gross», so Susanne Bumann, die vor 35 Jahren bei Gilgen die Lehre zur Konditorin absolvierte. Die Zutaten für die süssen Kerle sind nur vom Feinsten. Die Konditorei verwendet kein Milchpulver und keine Margarine und das schmeckt man auch. Unvergleichlich auch die Menge an Hagelzucker, der über die Männer gestreut wird. Während des Besuchs klingelt das Telefon unaufhörlich: Bestellungen für weitere Grättimänner werden notiert. «So läuft es bereits seit Tagen», sagt Susanne Bumann lachend bevor sie das nächste Telefonat beantwortet.

Das Grättimann-Rezept von Thierry Iltis 

Teig (kann auch gut einen Tag im Kühlschrank bleiben)

2 dl Milch

24 g frische Hefe

72 g Zucker

6 g Salz

125 g Butter

500 g Mehl

2 Eier

½ Zitrone (abgeriebene Schale)

Zum Bestreichen

1 Ei

Prise Salz 

  • Die Hefe in die lauwarme Milch geben und unter Rühren darin schmelzen lassen.
  • Zucker, Salz und das Ei dazu.
  • Mehl zugeben und alles gut verrühren bis ein Teig entsteht. Diesen durchkneten, bis der Teig schön elastisch ist.
  • Die weiche Butter und die abgeriebene Schale der Zitrone unterarbeiten. Den Teig mindestens 10 Minuten lang gut kneten oder schlagen, wie der Fachmann sagt.
  • Danach den leicht flach gedrückten Teig für 2 Stunden in den Kühlschrank geben.
  • Abgekühlten Teig in ca. 10 ballgleiche Teile portionieren.
  • Die Teile zu Rüebli rollen und 30 Minuten ruhen lassen.
  • Die Rüebli weiter in die Länge rollen und den Kopf mit der Handkante eindrücken.
  • Auf einer bemehlten Unterlage die Teile mit dem Wallholz flachdrücken.
  • Arme links und rechts einschneiden und die Beine auseinander schneiden.
  • Arme auseinander ziehen, auch die Beine.
  • 2 Rosinen in die Augen drücken.
  • Die Grättimänner auf zwei mit Backpapier belegte Ofenbleche legen.
  • 20 Minuten im auf 40 Grad vorgewärmten Ofen zusammen mit einer darunter gestellten Schüssel voll kochendem Wasser (für den Dampf) gehen lassen.
  • Das Ei mit einer Prise Salz in einer kleinen Schüssel aufschlagen.
  • Die Grättimänner mit dem weichen Pinsel bestreichen und mit viel Hagelzucker bestreuen.
  • Im Ofen bei 200 Grad Umluft ca. 12 bis 15 Minuten backen. Nicht zu dunkel werden lassen.
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