Die Mittlere Brücke um 1900 (Foto: Wikimedia Commons)
Die Mittlere Brücke um 1900 (Foto: Wikimedia Commons)
  • Christian Platz
  • Aktualisiert am

Schwimmen im Rhein: Die hochgradig seltsamen Anfänge

Ist das Schwimmen im Freien gesund? Wer fährt da in einem Waschzuber den Bach hinunter? Warum brach das Brückengeländer? – Das Rheinschwimmen trieb in alten Basel seltsame Blüten. 

Im Spätmittelalter hatte sich unter die Gelehrten die Meinung durchgesetzt, dass das Baden – nicht etwa das Schwimmen – sehr gesund sei, vor allem dann, wenn es in geschlossenen Räumen und im warmen Wasser stattfand. Schwimmen und baden unter freiem Himmel galten hingegen als problematisch, als sittenwidrig und der Gesundheit wenig zuträglich. Deshalb war das Schwimmen im Rhein – mal mehr, mal weniger streng – grundsätzlich verboten. Seltsamerweise galt öffentliches Baden als unzüchtig. Während in den geheizten Badestuben oft so richtig erotischer Hochbetrieb herrschte – und toleriert wurde. 

Unsittliche Nonnen

Trotzdem badeten die Nonnen des Klosters Klingental an heissen Tagen gerne im Basler Hausfluss, auch Bach genannt, und verletzten damit die sittlichen Gefühle der Bürgerinnen und Bürger. (Nicht nur) deshalb galten diese Damen als besonders unanständig. Doch die Stadt wollte sich lieber nicht mit dem Orden anlegen – und griff in dieser Sache nicht durch. 

Prügel fürs Baden

Den Studenten und Schülern wurde das Baden allerdings strengstens verboten, wenn ein Lehrer oder Professor sie dabei beobachtete, setzte es danach Prügel. Und die jungen Mädchen durften an ein derartiges feuchtes Vergnügen schon gar nicht denken. 

Sie konnten nicht schwimmen

Es gab allerdings immer wieder Leute, die nachts und gegen Abend einen Rheinschwumm unternahmen – und dabei prompt ertranken. Diese Unfälle wurden allen Badelustigen immer wieder als Mahnmale vorgehalten, «seht nur, wie gefährlich das Baden im Rhein ist». Tatsächlich konnten grosse Teile der Bevölkerung ja auch nicht schwimmen. 

Waschen als Schande

Die Wiese, die Birs und die vielen Teiche, die es damals in Basel noch gab, wurden weniger streng kontrolliert, auch das Baden in Brunnentrögen wurde im Hochsommer lustigerweise toleriert. Obwohl die Ärzte damals der Meinung waren, dass man sich keinesfalls öfter als einmal wöchentlich zu waschen brauche – das häufige Waschen der Hände wurde sogar als ungesund, ja als Schande betrachtet. 

1555; ein Vorfall mit Todesopfern

Nichtsdestotrotz, wenn ihnen die Sommerhitze zu viel wurde, stiegen manchmal plötzlich ganze Gruppen in den Rhein, meistens im Kleinbasel. So etwa im Hochsommer 1555, an einem Freitag im August. Da stiegen plötzlich an die sechzig Leute, minimal bekleidet, in die Fluten, etwas oberhalb der Mittleren Brücke. Dies zog eine grosse Menge von Schaulustigen an, welche die Badenden von der Brücke aus beobachteten. Dabei drückten sie derart gegen das Brückengeländer, dass dieses brach. Dabei fielen etwa vierzig Personen ins Wasser, zwölf von ihnen ertranken. 

Hundertschaften im Wasser

Im 18. Jahrhundert nahm die Faszination am Rheinschwumm in breiten Bevölkerungskreisen zu, obwohl es eigentlich immer noch verboten war. Doch schwimmlustige Männer taten sich immer wieder in grossen Gruppen zusammen und taten es trotzdem. So etwa im August 1719, da schwammen plötzlich über hundert Männer und Burschen rheinabwärts, was wieder für grosses Aufsehen und Nasenrümpfen sorgte.  

Flussfahrt im Waschzuber

Einige Jahre später wurde dann ein anderes Freizeitvergnügen populär, das sich etwa hundert Jahre lang grosser Beliebtheit erfreuen würde. Die Leute pilgerten am Wochenende in grossen Gruppen auf der Kleinbasler Seite rheinaufwärts, bis auf Höhe Hörnli. Sie schleppten ihre Waschzuber mit, die sie dann wie kleine Boote aufs Wasser setzen, fuhren und schwammen damit bis nach Kleinhüningen hinunter. 

Die ersten Rhybadhyysli

In den 1830-iger Jahren war es soweit, die ersten Rhybadhysli wurden gebaut, allerdings nur für männliche Wesen. Die Frauen und Mädchen mussten fast 20 Jahre lang warten, bis auch sie in die Fluten des Basler Hausflusses steigen konnten. Das Schwimmen im offenen Rhein wurde erst im Jahr 1930 offiziell erlaubt. 

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